Der Eisplanet – an der Autobahn A8, Ausfahrt Heimstetten
Die Handlung des Pilotfilms ist schnell erzählt. Nur mit viel Glück und Dank des genialen Wissenschaftlers Rumla gelingt einer kleinen Gruppe junger Offiziere und Zivilisten die Flucht durch Zeit und Raum vor einem Angriff bösartiger Außerirdischer auf die Erde. Millionen Lichtjahre von zu Hause entfernt finden sie Zuflucht auf einer geheimnisvollen Welt, dem ICE PLANET.
Hier geht’s zum Eisplaneten… |
Am Eingang gelangen wir über eine Treppe zu einem Büro, in dem uns eine nette Dame den richtigen Weg weist – quer durch zwei weitere Räume, die mit Produktionsnotizen und Skizzen angefüllt sind, geht es schließlich über eine Metalltreppe hinab zur eigentlichen Halle. Auf den ersten Blick sieht es hier so aus, als ob wir in einer Malerwerkstatt gelandet wären: wir steigen über Farbkübel und Plastikplanen hinweg, bevor wir plötzlich direkt neben einer großen, geöffneten Raumschiffschleuse stehen. Vom Produktionsassistenten, der uns begleitet, erfahren wir, dass dies eine der momentan nicht genutzten Kulissen sei, die hier für ihren nächsten Einsatz bereitsteht. Denn Platz ist genug vorhanden.
Auf über 5000 qm Hallenfläche wurde in Heimstetten mit Hilfe von Montageschaum, Styropor, Plexiglas und 6 Tonnen Kunstschnee eine neue Welt erschaffen. Und wenn eine Szene abgedreht ist, wird manche Kulisse auch recycelt, wie uns am Beispiel der großen Eishöhle gezeigt wird. Nach dem Entfernen des angeschmolzenen Plexiglases, dass als Eisoberfläche dient, entsteht hier die Heimat der bösen Außerirdischen.
»Wir benutzen hier drei Arten von Kunstschnee: Zellulose, Stärke und Polyethylen« erzählt der Aufnahmeleiter, als wir danach bei der Besichtigung des Sets durch eine große Schneelandschaft stapfen. »Stärkeschnee sieht normalerweise am besten aus, doch wegen der großen Hitze durch die Scheinwerfer beginnt er auch leicht zu verkleben.«
Kurzes Päuschen in einem Mannschaftsquartier: Marc Hillefeld und Florian Breitsameter
Weiter hinten in der Halle finden sich die verschlungenen Gänge des Raumschiffs Magellan. Die Wände, die eigentlich nur aus geschäumten Fertigteilen bestehen, wirken erstaunlich echt, und fast könnte man sich darin verlaufen. Einige Crewmitglieder scheinen die Kulisse des Raumschiffs manchmal auch für eine Ruhepause zu nutzen, denn unscheinbar steht in einer Ecke am Boden eines Kadettenquartiers eine leere Flasche Bier herum. »Wir arbeiten hier meist 10 bis 12 Stunden am Tag«, erfahren wir, »und da kann es schon sein, dass sich hier auch mal jemand für ein kurzes Schläfchen zurückzieht«.
Die Zentrale – gesehen vom Hauptbildschirm. Links geht’s zum Labor von Karteez A. Rumla, rechts ist der Besprechungsraum.
Die Zentrale des Raumschiffs beeindruckt uns. Die Brücke sieht ähnlich prächtig aus wie ihre Gegenstücke aus »Star Trek« und »Babylon 5«. »Die Panele und Bedienungselemente werden beim Dreh natürlich noch von innen beleuchtet«, erklärt unser Führer. Auch so ist erkennbar, dass hier am Design nicht gespart wurde. Leer und wartend steht der Kapitänssessel bereit, und lädt ein, selbst einmal das Kommando zu übernehmen. Der große Sichtschirm zeigt jedoch nicht die unendlichen Weiten des Weltalls, sondern nur eine große, grüne Plane, die erst später im Computer durch die passenden Weltraumszenen ersetzt wird.
Auch der Turbolift, der zu den anderen Decks führen soll, ist natürlich nur ein Attrappe. Dafür ist aber immerhin ein Blick in das Labor des Bord-wissenschaftlers Rumla (gespielt von Sab Shimono) möglich. Neben futuristischen Metallapparaturen (»Das sind eigentlich Kunstwerke, die wir nur ausgeliehen haben.«) stehen hier Bücher und Reagenzgläser herum und als wir genau hinsehen, entdecken wir mittendrin sogar ein altes Bügeleisen – eine Erinnerung an die legendäre Raumpatrouille ORION, die erste deutsche Science Fiction-Fernsehserie. Produzent Hendrik Hey hat aber noch mehr ironische Anspielungen versteckt – auch eine »Welt der Wunder«-CD-ROM und ein Buch zur Serie stehen im Regal.
Hendrik Hey, der nicht nur Geschäftsführer der Produktionsfirma H5B5 ist, sondern auch der geistige Vater des Projekts »ICE PLANET« ist, betonte im Vorfeld immer wieder, dass es ihm wichtig sei, hier eine deutsche SF-Serie zu machen. Dies heisst aber nicht, dass man auf dem Eisplaneten deutsch spricht. Denn unter der Regie des Amerikaners Winrich Kolbe (u.a. „Star Trek: TNG“) wird in Heimstetten mit einer internationalen Crew gedreht – und das natürlich auf Englisch. Neben bekannten Schauspielern wie Wes Studi („Mystery Men“, „Der mit dem Wolf tanzt“), Rainer Schöne („Babylon 5“, „Die Todesgrippe von Köln“), Sab Shimono („Waterworld“) und Valeri Nikolayev („The Saint“) spielen auch Newcomer wie James O’Shea, Amber Willenborg, Anna Brüggemann und Rae Baker.
Statisten zeigen die Modekreationen des Eisplaneten.
Bei unserem Besuch wird eine Massenszene auf der grossen Kunstschneefläche vor den Hangartoren der Magellan gedreht. Die langen Pausen zwischen den eigentlichen Shots nutzt dabei jeder Schauspieler anders. Raumkadetten in ockerfarbenen Uniformen mit Schlaghosen stehen herum und machen eine Zigarettenpause, und der eine oder andere wird nachgeschminkt. Mitten im Gewühl sitzt auch Anna Brüggemann, die als Eleni ein Mädchen mit ganz besonderen Fähigkeiten spielt. Sie nutzt die Zeit, um ihre Hausaufgaben zu machen. Viele männliche Komparsen erlauben sich immer wieder einen Blick auf die attraktiven Hauptdarstellerinnen Amber Willenborg und die statueske Rae Baker.
Vorne läuft James O’Shea durchs Bild, der den jungen Raumkadetten Jacques Caano spielt. Weiter hinten kann man auch noch Rae Baker erkennen.
Dann erklingt endlich die Hupe und das magische »Action!« von Winrich Kolbe klingt durch den Raum. Langsam stapfen jetzt futuristisch gekleidete Gestalten in einer gigantischen Eislandschaft durch den knöchelhohen Schnee und fallen sich in einer Begrüßungsszene gegenseitig in die Arme. Auf jedes Detail muss hier geachtet werden, und da die Szene natürlich mehrmals gedreht wird, müssen dazwischen mit einer Gartenharke erst wieder die Fußspuren entfernt werden. Überall dröhnen riesige Ventilatoren, die Kunstschnee in die Szenerie pusten, und der auf allen Achsen drehbare Kamerakram scheint wie ein Geier auf die Darsteller hinabzustürzen, nur um nach ein par Pirouetten wieder zu Studiodecke zu gleiten. Zur besseren Übersicht sehen wir uns die Aufnahme auf dem Videomonitor an, der dem Kameramann zur Einschätzung der Szene dient. Fünfmal ist er nicht zufrieden, fünfmal heißt es erneut »Action!«. Dann ist endlich Pause, und die Darsteller haben eine Stunde Zeit, sich in der Zeltkantine vor dem Studio den Bauch vollzuschlagen. Und wir bekommen die Gelegenheit, mit einigen von ihnen zu sprechen.
In der Drehpause: Sab Shimono |
»Der Enthusiasmus aller Beteiligten ist ansteckend«, sagt uns Sab Shimono. Wie alle anderen Darsteller hofft er natürlich auch, dass »ICE PLANET« in Serie gehen wird. Noch ist nicht sicher, ob es nach den Dreharbeiten für den Pilotfilm, der wahrscheinlich beim deutschen Privatsender ProSieben zu sehen sein wird, tatsächlich weitergeht. Zeigen wird sich dies erst in den nächsten Monaten, wenn die Suche nach internationalen Vertriebspartnern erfolgreich war.
Shimono, der neben seiner Theatertätigkeit auch schon Synchronsprecher bei den Simpsons war, lebt eigentlich in den USA. Ein Problem wäre es für ihn allerdings nicht noch weitere Monate für den Dreh der Serie in Deutschland zu verbringen. »Ich habe noch lange nicht alle Museen gesehen«, erzählt er uns und schwärmt auch von seinen langen Spaziergängen in der herbstlichen bayerischen Landschaft.
Rainer Schöne |
Wir treffen auf Rainer Schöne, der als Senator Uvan eine Autoritätsperson spielt. Er war schon bei diversen SF-Produktionen, oft als Alien: „Dafür werde ich immer wieder gerne besetzt, da ich sehr gross bin und auch die entsprechende dunkle Stimme habe„. In der US-Serie „Babylon 5“ war er z.B. als geistiger Führer der Minbari zu sehen, und auch an der Sat.1 Produktion „AEON“ war er beteiligt. „Ich versuche normalerweise gleich viel in den USA und in Deutschland zu drehen„, aber die Chance für längere Zeit in München zu arbeiten, würde er auch begrüßen, da er dann auch wieder mit einer Band Countrymusik spielen könnte. Denn die Karriere als Sänger ist sein zweites Standbein: 7 CD’s hat er bereits veröffentlicht.
Wes Studi – hier in seinem Raumanzug als Commander Trager |
Ein echter Cherokee-Indianer ist Wes Studi, der als Chefausbilder Trager für die Ausbildung und Betreuung der Weltraumkadetten zuständig ist. Er wirkt auf den ersten Blick wie ein knochenharter Bursche, dem man lieber nicht krumm kommen möchte, aber hier am Eßtisch wirkt er sehr ruhig und bedächtig, und sein Händedruck ist erstaunlich weich. Obwohl sich Wes in Deutschland auch sehr wohl fühlt, vermisst er doch ein wenig den Schutz, denn die amerikanische Schauspielergewerkschaft bietet. Verwunderlich ist das allerdings nicht, denn als wir das Set um 19 Uhr verlassen, ist für die Crew gerade erst Halbzeit und allen steht noch eine lange Nacht bevor. Wes hat schon in vielen effektlastigen Produktionen mitgespielt, aber im Gegensatz zu den meisten Kollegen ist er davon nicht so begeistert: „Da steht man stundenlang vor einer grünen Wand oder einem Modell, und spielt gegen gar nichts an. Dann werden die Effekte reingebaut, und wenn man es sich hinterher ansieht, fragt man sich: DAFÜR habe ich mir so eine Mühe gegeben? Oft ist das Ergebnis enttäuschend.“ Nach seiner Beteiligung an „Streetfighter 2“ kann man einen solchen Fatalismus durchaus verstehen.
Eine kleine Glocke ertönt: Ende der „Mittagspause“, die wie gesagt am Abend stattfindet. Die Schauspieler müssen zurück in die Halle. Wir beschließen, es für heute gut sein zu lassen. Freundlich verabschieden wir uns von der Crew, die sich wirklich alle Mühe gemacht hat, uns den Aufenthalt angenehm zu gestalten. Als wir zum Wagen gehen, bemerkt einer der Kollegen: „Hey, es schneit!“ Tatsächlich. Wir sehen ein paar Flocken im trüben Laternenlicht auf die brachliegenden Felder von München-Heimstetten fallen. Ice Planet.
© Florian Breitsameter (Text), Marc Hillefeld (Fotos)
Zum Inhalt des Pilotfilms
Einige hundert Jahre in der Zukunft erholt sich die Menschheit wieder einmal von den Folgen eines furchtbaren Krieges, als in den tropischen Wäldern von Sumatra ein Asteroiden abstürzt, der einen äußerst mysteriösen Eiskristall mit sich bringt. Ein bereits älterer, einst aber hoch berühmter Wissenschaftler, entdeckt in der Molekularstruktur des Kristalls eine kodierte Botschaft, die vor einer unheilvollen Bedrohung. Und tatsächlich führt bald darauf eine feindselige, außerirdische Macht einen folgenschweren Anschlag gegen die Erde.
Doch der Wissenschaftler kann mit einer Gruppe junger Offiziere und Zivilisten durch einen Zeit-Raum-Riss, dessen genaue Koordinaten in dem rätselhaften Kristall verborgen waren, entkommen. Dir Reise führt weit über alle Grenzen hinweg, in die menschliches Leben jemals vorgestoßen ist. Millionen von Lichtjahren entfernt werden sie auf einen geheimnisvollen Planeten verschlagen, der sich in den unerforschten Tiefen einer unbekannten Galaxis befindet – den ICE PLANET. Dabei geraten unsere Helden jedoch in die faszinierende und zugleich auch grausame Welt der „SKORPS“ und der „EYENETI“ – hoch entwickelten, außerirdischen Wesen – deren andauernde Kämpfe sich durch Zeit und Raum fortsetzen.
Die Flüchtlinge von der Erde stehen nun vor der großen Herausforderung, die unzähligen Geheimnisse dieser neuen, fremdartigen Welt zu ergründen, um ein Überleben sichern zu können. Und überleben müssen sie – denn schon bald erkennen sie, daß die Zukunft der Erde in ihren Händen liegt. Doch welches Schicksal erwartet sie?
Die Antwort darauf ruht versteckt in einem ominösen »Eisbaum«, einer Quelle kosmischer Weisheit, tief im Herzen des Planeten…
Besetzung: Wes Studi (Commander Trager) James O’Shea (Jaques Caano) Valera Nikolaev (Blade) Rainer Schöne (Senator Jeremy Uvan) Sab Shimono (Karteez Rumla) Rae Baker (Shinada) Anna Brüggemann (Eleni) Amber Willenborg (Jeleca Uvan) | Crew: Regie: Winrich Kolbe Produzent: Hendrik Hey Kamera: Michael Hofstein Produktionsdesign: Sikander Goldau Kostümdesign: Till Fuhrmann Art Direction: Hucky Hornberger, Florian Lutz Production Management: Guido Hesse Visual Effects: John Schlag |