Marianne Sydow (1944-2013)

Wie erst jetzt bekannt wurde, verstarb die SF-Autorin und ehemalige PERRY RHODAN-Teamautorin Marianne Sydow bereits am 2. Juni 2013 nach kurzer, schwerer Krankheit im Hospitz zu Kloster Lehnin im Kreise ihrer Familie.

Marianne Bischoff wurde am 24. Juli 1944 in Berlin geboren. Bereits als Kind war sie fasziniert von Büchern, wie sie später als Erinnerung auf ihrer Website schrieb: »Mit sechs las ich Karl May und fand ihn sehr spannend, und als ich elf war, geriet ich an meine ersten ‚Zukunftsromane‘. Ich war tief beeindruckt. Fortan wurde meine Phantasie von Außerirdischen, Zeitmaschinen, Raumschiffen, fremdartigen Planeten und ähnlichen Dingen förmlich überschwemmt, und ich war nur noch operativ von dem Buch zu trennen, das ich gerade las.«

Aufgrund der Finanznot ihrer Eltern musste Marianne Bischoff kurz vor dem Abitur das Gymnasium verlassen und ins Berufsleben einsteigen. Sie arbeitete u.a. als tierärztliche Assistentin, Tierpflegerin, Verkäuferin, Postangestellte im Fernmeldeamt, Telefonistin, Kontoristin und Angestellte in einem Vermessungsbüro, bevor sie heiratete und den Namen ihres Mannes Sydow annahm. 1972 wurde ihr Sohn Ralph in Ulm geboren, die Ehe hielt allerdings nicht lange. Nach der Scheidung begann Marianne Sydow schließlich den Lebensunterhalt als Autorin zu verdienen.

Bereits 1962 hatte Marianne Sydow ein erstes Romanmanuskript verfasst, das sie an einen Verlag schickte. »Und dann kam das verdammte Manuskript zurück, mit einer detaillierten Beurteilung, die selbst einen Regenwurm deprimiert hätte«, schrieb sie später über ihren Roman »Kristall«, den sie schließlich 1967 doch noch als »Das Wesen aus der Retorte« (1967 als Heft 507 in der Reihe Utopia Kleinband bei Pabel) verkauft bekam. Kurze Zeit später folgte »Die größenwahnsinnige Elektronik« als Heft 530 in der gleichen Reihe.

Nach ihrer Scheidung folgten ab 1972 weitere Romane unter dem Pseudonym Garry McDunn für die Reihe Zauberkreis-SF, ab 1975 schrieb sie zusätzlich als Marianne Sydow für Terra Astra des Moewig-Verlages. Später erinnerte sie sich wie folgt zu diesem Wechsel: »Ich schwankte zwischen Entsetzen und wieherndem Gelächter, als die Typen doch tatsächlich diesen ganzen Berg von übelstem Schund kauften! Für einige dieser Romane schäme ich mich heute noch. Aber damals guckte ich mir meinen Sohn an, und der hatte Hunger und Löcher in den Hosen, und da hab ich mir gesagt „Was soll’s“ – ich habe unterschrieben und kassiert.«
Zeitgleich begann ihre Mitarbeit an der erfolgreichen Heftromanserie ATLAN als Teamautorin (ab Heft 178, März 1975), später schrieb sie zeitweise sogar die Exposés für diese Serie. Nach ihrem Erstling 795 – »Netz des Todes« -, begann sie schließlich ab dem Heftroman 875 regelmäßig auch für PERRY RHODAN zu schreiben. Laut Marianne Sydow war der Grund für ihre Einstellung als Teamautorin, dass die UNO 1975 als »Jahr der Frau« ausgerufen hatte und Chefredakteur Kurt H. Bernhardt der ständigen Kritik an den Frauenfiguren in der Serie begegnen wollte.

1992 endete die Zusammenarbeit mit der Verlagsunion Pabel-Moewig dann abrupt – Marianne Sydow zog sich wegen der andauernden Unstimmigkeiten mit dem Lektor Günther M. Schelwokat aus der Serie PERRY RHODAN zurück (ATLAN war zuvor bereits eingestellt worden).

Marianne Sydow, die bereits 1980 den passionierten Berliner SF-Sammler und Science-Fiction-Fan Heinz-Jürgen Ehrig geheiratet hatte, und nun eigentlich Marianne Ehrig hieß, zog sich als Autorin zurück. Das Ehepaar zog ins kleine märkische Dorf Buckau. Hier hatte sich das Ehepaar ein Haus gekauft, eine ehemalige Gaststätte mit einem großen Saal, um einen Lebenstraum zu verwirklichen: alle Sammlungsstücke in einer »Villa Galactica« zugänglich zu machen. Als Heinz-Jürgen Ehrig 2003 überraschend starb, setzte Marianne Ehrig die Arbeit ihres Mannes allein fort und kümmerte sich fortan mit aller Kraft um die Erfassung und Erhaltung der Villa Galactica.

Quellen: u.a. Heyne SF-Lexikon, villa-galactica.de

5 Kommentare

  1. G.M.Schelwokat war der Bösewicht gegen Marianne Sydow. Hätte ich nie vermutet. Aber schon mancher Autor hatte Zoff gegen seinen Lektor. Früher war noch Thomas Mann das große stilistische Vorbild, so schreibt heute niemand mehr. Schade das Marianne von uns gegangen ist, aber so löst eine Generation die andere ab.

  2. Ich hatte noch bis kurz vor ihrem Tode Kontakt zu Marianne. Ich war wohl der Einzige außer ihrem Sohn, der ihre Durchwahl im Krankenhaus hatte. Leider lernten wir uns nie persönlich kennen, aber wir hatten sofort einen Draht zueinander, nachdem ich mit ihr vor Jahren Kontakt aufgenommen hatte. Ich komme aus dem Bereich Kinderhörspiele/Bücher, das Schreiben hat uns verbunden und auch, dass keiner von uns noch im „Geschäft“ war. Von ihr erfuhr ich viele PR-Interna, die ich nie für möglich gehaletn hätte – und die ich natürlich weiter für mich behalte. Ich werde die Telefonate mit Marianne sehr vermissen, und ihre nette, menschliche Art, mit der sie mir auch in einer Krise sehr geholfen hat. Ich bin dankbar, dass ich sie kennen lernen durfte – wenn es auch nie zu einem Besuch bei ihr gekommen ist; geplant war das lange. Ich hoffe, dass ihr Sohn mit seinem Erbe umzugehen weiß. Ich trauere mit ihm.

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