Ein Interview mit Regisseur Bernhard Weber
38 Jahre nach dem Start von KRIEG DER STERNE (1979) hat mit STAR WARS: DAS ERWACHEN DER MACHT (2015) die Faszination für die – neben Star Trek – berühmteste Science-Fiction-Saga aller Zeiten einen neuen Höhepunkt erreicht. Über die Jahre hinweg hat Star Wars nicht nur eine treue, sondern auch eine überaus kreative Fanbase geschaffen, die in sämtlichen künstlerischen Bereichen tätig ist. Dazu gehört auch Bernhard Weber, dessen Star Wars Fanfilm REGRETS OF THE PAST sich derzeit in der finalen Phase der Postproduktion befindet. Eine Woche vor dem Kinostart von STAR WARS: EPISODE 7 hat ihn Max Krausmann zum Gespräch getroffen.
Bernhard Weber wurde 1980 in Wien geboren und entdeckte schon früh sein Interesse am Filmemachen. Er studierte Digital Film Production am SAE-College in Wien und nach Abschluss seines Studiums mit Auszeichnung, arbeitete er für den ORF. 2003 gründete er Pellicula – eine Plattform für unabhängige Filmschaffende – und feierte sein Regiedebut mit THE LOTHLAND SAGA. Derzeit arbeitet er als Production Manager für Kinowerbung in Österreich.
IDEE UND ENTSTEHUNG
SF-FAN: Wie seid ihr auf die Idee gekommen einen Star Wars Fanfilm zu machen?
Bernhard Weber: Ich bin schon seit meiner Kindheit ein Star Wars Fan und bin mit den alten Teilen aufgewachsen, genauso mit Filmen wie BACK TO THE FUTURE oder JURASSIC PARK und das war auch ein Grund warum ich in die Filmbranche gehen wollte. Ursprünglich wollte ich immer 3D machen, aber irgendwie fehlte mir dafür die Geduld und deshalb ist es letztendlich Compositing geworden.
Wir betreiben seit 10 Jahren den Verein Pellicula, der eine Plattform für unabhängige Filmemacher ist, ich habe mir Regie- und Produktionsarbeit autodidaktisch beigebracht und konnte mir ein umfangreiches Netzwerk in der Filmbranche schaffen. Irgendwann hat es sich dann ergeben, dass ich bei einer Filmfeier um 3.00 Uhr früh in einer WG-Küche von meiner Idee einen Star Wars Fanfilm zu machen erzählte und zu meiner Überraschung waren alle ziemlich begeistert. Ursprünglich wollte ich nur einen 2-minütigen Kurzfilm mit einer Laserschwertszene drehen, aber dann waren alle so enthusiastisch, dass wir uns dazu entschlossen eine Geschichte zu erzählen.
Wie schnell wurde aus der Idee einer Partynacht dann Realität? Habt ihr umgehend mit den Arbeiten begonnen oder lag das Projekt dann mal längere Zeit in der Schublade?
Nein, wir waren danach eigentlich immer dran an dem Projekt. Wir haben vor vier Jahren begonnen, wobei wir uns im ersten Jahr viel mit dem Konzept, der Geschichte, dem Stil und der Erweiterung des Teams beschäftigt haben, da wir ohne Filmförderung und ohne echtes Budget arbeiten mussten. Im zweiten Jahr begannen schon die Dreharbeiten und momentan sind wir in der Endphase der Postproduktion.
Wie sieht es mit den Filmrechten aus, da Filmstudios hier grundsätzlich sehr zurückhaltend sind?
Hatte der Verkauf von Lucasfilm an Disney Auswirkungen auf das Projekt, da die Transaktion während eurer Dreharbeiten stattfand?
Wir haben dafür (wie auch alle anderen Fanfilme) keine offiziellen Rechte, aber es ist eine rein Non-Profit-Unternehmung und wenn der Film fertig ist, wird er gratis als Download angeboten, d. h. wir verdienen mit dem Film keinen Cent. Lucasfilm war den Fanfilmen immer sehr wohlwollend gegenüber eingestellt und unterstützte ab 2002 immer die Star Wars Fan-Film-Awards, die dann aber 2012 von einem Tag auf den anderen eingestellt wurden. Ich erwarte aber keine Probleme, da Star Wars, ähnlich wie Star Trek, eine überaus große und treue Fangemeinde hat und es unklug wäre diese zu vergrämen. Sollte ich jemals einen Brief von einem Disney-Anwalt bekommen, drucke ich ihn aus und hänge ihn mir auf die Toilette, weil dann haben wir offenbar etwas richtig gemacht (lacht).
Ihr habt Auszüge des Films im November auf der ersten Vienna Comic Con präsentiert. Wie war das Feedback der Fans?
Extrem gut, nicht nur bei der Vienna Comic Con, sondern zuvor schon auf der Vienna COMIX und auch auf der Noris Force Con in Nürnberg. Ich stelle mich bei der Präsentation immer auf die Seite und beobachte die Reaktionen der Besucher und sie sind wirklich immer positiv. Wir zeigten einen 25-minütigen Ausschnitt und die meisten sind nicht nur von der Qualität des Films überrascht, sondern wollen auch wissen wie es weitergeht, was immer ein gutes Zeichen ist und zeigt, dass der Film beim Publikum ankommt.
STORY
Könnt ihr schon Details zum Inhalt geben?
Wir erzählen die Geschichte von zwei Jedis, einem Meister und seiner Schülerin, die auf ihrer Flucht vor Kopfgeldjägern auf einem Planeten abstürzen und sich vor dem Imperium verstecken. Dort treffen sie auf eine Gruppe gestrandeter dunkler Jedis und stellen fest, dass es Verbindungen aus der Vergangenheit gibt. Erzählerisch im Mittelpunkt steht die Padawan-Schülerin Kaila Dain, welche die vergangenen Zeiten des Friedens schmerzlich vermisst, aber auch ihre Charakterentwicklung und das Ablegen der Vergangenheit.
Wo ist der Film zeitlich im Star Wars Universum angesiedelt? Nimmt er Rücksicht auf das Expanded Universe?
Die Handlung spielt zwischen Episode drei und vier, nach der Order 66 und der anschließenden Zeit der Jediverfolgung. Das Expanded Universe wird miteinbezogen, wobei unsere Geschichte die Kenntnis dessen aber nicht voraussetzt.
PRODUKTION UND POSTPRODUKTION
Der Film wirkt sehr aufwändig; war das von Anfang in diesem großen Maßstab geplant oder hat sich das während Konzeption und Vorbereitung in diese Richtung entwickelt?
Es ist ein bisschen schleichend passiert, denn zu Beginn war es als kleines Spaßprojekt geplant, aber wir konnten dann so viele Professionisten für das Projekt gewinnen, dass dann schnell die Entscheidung getroffen wurde, etwas Ordentliches daraus zu machen. Das war in gewisser Weise auch ein persönlicher Ansporn, da unsere Projekte förderungstechnisch immer abgewiesen wurden, da diese thematisch meist im Bereich Fantasy/Science-Fiction angesiedelt sind und ich zeigen wollte, dass Science-Fiction auch in Österreich funktionieren kann.
Diese Professionalität ist schon beim Sichten der 25-minütigen Preview augenscheinlich, die sich auch von anderen Fanfilmen unterscheidet, von der Kamera über die Spezialeffekte bis hin zur Musik.
Das haben wir unserem Team zu verdanken, darunter auch unser Kameramann Martin Putz, der wirklich eine Ikone auf seinem Gebiet ist und über das notwendige Equipment verfügt. Es bedurfte einiger Überzeugungsarbeit (lacht) von meiner Seite bis er sich bereit erklärte bei REGRETS OF THE PAST mitzuarbeiten. Allein das Ausleihen der Geräte hätte sonst ein Vermögen gekostet. Die Musik stammt von Mark Peter Royce, die in der Preview noch vom Computer kommt, später aber mit echten Musikern orchestriert wird. Aber auch das Maskendepartment unter der Führung von Natascha Zenig hat eine unglaublich gute Arbeit geleistet.
Wie viele Personen umfasst das Team?
In etwa 150 Personen von den Schauspielern bis zur Postproduktion, davon befanden sich ca. 40 Personen immer am Set. Neben dem Zusammenstellen der Crew und des Equipments war das eine der großen Herausforderungen, dass man all diese Menschen organisieren und terminlich koordinieren musste. Das erforderte schon viel Zeit und Nerven.
Die gesamte Crew setzt sich aus Freiwilligen zusammensetzt, die im echten Leben einem regulären „Brotjob“ nachgehen?
So ist es, wobei sich natürlich sehr viele ihr Brot in der Filmbranche verdienen, aber gedreht wurde in der Freizeit, an Wochenenden und im Urlaub. Ich konnte wie gesagt keine Bezahlung anbieten, lediglich eine coole Zeit, ein tolles Team und etwas für das persönliche Showreel, was in der Branche natürlich auch sehr wichtig ist. Star Wars ist in dieser Hinsicht auch ein dankbares Thema, denn wie oft ergibt sich schon die Gelegenheit mit Stromtroopern im Waldviertel zu drehen (lacht).
Wo waren die Drehorte?
Wir waren viel im Waldviertel, wir hatten eine Drehwoche in Vorarlberg, einige Szenen in Wien und Umgebung, aber auch in Retz in Niederösterreich. Wir wollten auch bewusst nur in Österreich drehen, um zu zeigen was es hier für coole Locations gibt.
Wieviel Drehtage hattet ihr insgesamt und wieviel Zeit wird der Film bei Fertigstellung in Anspruch genommen haben?
Es waren um die 22 Drehtage und bei Fertigstellung wird REGRETS OF THE PAST über vier Jahre in Anspruch genommen haben. Der Film ist jetzt seit einem Jahr abgedreht und wir befinden uns derzeit in der Postproduktion. Hier haben wir auch internationale Unterstützung mit engagierten Leuten aus Deutschland, Serbien oder auch aus Irland, neben unserem Team in Österreich wie z. B. K-Effects.
Wie habt ihr die Dreharbeiten finanziert? Könnt ihr Angaben zum Budget geben und hattet ihr Sponsoren?
Wir haben bei diversen Förderstellen angefragt, aber es war schnell klar, dass es hier keine Unterstützung geben würde. Es wurde alles privat ohne Sponsoren aus der Wirtschaft finanziert, wobei ich den Großteil der Kosten selbst übernommen habe, allerdings hätte es ohne Unterstützung der Crew nicht funktioniert, die dem Projekt auch finanziell geholfen haben. Grob geschätzt kommt der Film mit allem Drum und Dran auf ca. 20.000 Euro. Das klingt jetzt natürlich sehr viel, hier muss man aber dazu sagen, dass diese Summe auf vier Jahre aufzuteilen ist und dankenswerterweise auch mein Vater hinter mir gestanden ist.
Mit welcher Ausrüstung und in welcher Auflösung wurde der Film gedreht?
Wir drehten mit einer Red Epic in 4K-Auflösung und sehr guten Optiken; das ist auch ein Grund warum der Film so einen guten Look hat.
Wäre der Film auch in analogen Zeiten in dieser oder einer ähnlichen Form realisierbar gewesen?
Nein, zu analogen Zeiten definitiv nicht. Vor 10 Jahren wahrscheinlich schon, mit erheblich mehr Aufwand und nicht mit diesem Look.
RELEASE UND DOWNLOAD
Wann wird REGRETS OF THE PAST fertig gestellt sein?
Eine böse Frage, die auch immer gerne bei den Panels gestellt wird; sowas darf man bei einem Fanfilm nicht fragen (lacht). Es war geplant den Film vor Episode 7 fertigzustellen, denn als wir in der Planungsphase waren, war von einem Star Wars Sequel noch gar keine Rede. Das hätte aber auch bedeutet Abstriche von der Qualität zu machen, was für uns jedoch keine Option gewesen wäre und deshalb peilen wir das Frühjahr 2016 an.
Kann man REGRETS OF THE PAST auch im Kino sehen?
Wir planen eine große Premiere in Wien und zusätzliche Vorstellungen in Kooperation mit anderen Kinos. Wir überlegen auch in Deutschland einige Kino-Events zu machen und der Film soll – bevor er als Download freigegeben wird – noch auf diversen Cons in Österreich, Deutschland und Großbritannien gezeigt werden. Einen regulären Kinostart wird es aber nicht geben.
Ab wann steht der Film als Gratisdownload zur Verfügung?
Geplant ist Sommer oder Herbst 2016.
Wird es eine untertitelte Fassung für den internationalen Markt geben?
Ja, es war uns zwar wichtig, dass wir einen österreichischen Star Wars Film in deutscher Sprache drehen, aber werden definitiv englische Untertitel anbieten und wir planen sogar eine englischsprachige Synchronisation.
OUTRO
Wie ist dein Eindruck vom Trailer des neuen Star Wars Films?
Urgut! Das wird der beste Film werden; das muss ich jetzt als riesiger Star Wars-Fan sagen (lacht).
Ich bin tatsächlich ein großer Fan von J. J. Abrams und der wird das Ding schon hinkriegen. Ich mochte bereits LOST genauso wie seine MISSION IMPOSSIBLE Filme und ich finde, dass er bei seinen Projekten immer viel Leidenschaft mitbringt.
Welche ist deine Lieblings Star Wars Episode?
Episode 5 (DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK), weil ich den düsteren Look und die Stimmung gut finde, aber auch die Kernaussage des Film sehr schön finde.
…und welcher der sechs Teile gefällt dir dann am wenigsten?
Sagen wir mal so, ich bin kein Fan von den neuen Teilen und bin eigentlich der Meinung, dass man sich Episode 1 hätte schenken können. Mir gefiel Ewan McGregor, weil ich ihn als Schauspieler extrem schätze, aber George Lucas hat es wie bei jedem geschafft – auch bei Natalie Portman – das Schlechteste aus einem Schauspieler herauszuholen. Darüber hinaus mag ich natürlich auch Darth Maul als coolen Bad-Ass.
Letzterer hatte ja zum Unmut vieler Fans einen überraschend kurzen Auftritt.
Das frühzeitige Ableben war auch das Schlimmste, was Lucas mit diesem Charakter machen konnte. Die Figur hätte sich perfekt als neuer charismatischer Bösewicht für die kommenden zwei Teile angeboten.
Was ist dein Lieblings Sciene-Fiction-Film (außer Star Wars)?
Ich bin ein riesengroßer Fan der Back To The Future-Trilogie. Harry Potter ist zwar keine Science-Fiction, aber ich bin auch ein riesengroßer Fan davon, genauso wie ich die Indiana Jones- oder auch die Jurassic Park-Filme mag.
Welche Projekte stehen als Nächstes an?
Das nächste Projekt wird vermutlich wieder mit der Mannschaft von REGRETS OF THE PAST realisiert werden, soll jedoch auch finanziell etwas abwerfen, damit wir der Crew diesmal etwas bezahlen können. Thematisch wird das Ganze im Bereich Fantasy/Mystery – mit Österreichbezug – angesiedelt sein und soll als Serie verwirklicht werden. Wir schreiben derzeit am Drehbuch und beginnen Anfang 2016 mit dem Casting.
Alles Gute für eure weiteren Projekte und vielen Dank für den Einblick in die Welt des Fanfilms.
Homepage: rotp.pellicula.org
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