Ein Bericht über den 9. ACD-Jahrescon in Hildesheim vom 30. Juni bis 2. Juli 1995
Wer einen Hammer hat, sieht überall Nägel, oder wer sich allzu sehr auf den PC stützt, wird die Welt nur noch als Datensammlung, nüchtern-mathematisch sehen, inklusiv der sich in dieser Welt aufhaltenden Menschen. (Neil Postman, Anfang Juni in Braunschweig)
Klingt wie ein Vorwort von Sascha Hallaschka, nicht wahr?
Ab und an öffnet das „Fandom der Liebe“ seine Pforten und entlässt all die blassen, blinzelnden Fandomler ins grelle Tageslicht. In diesem Jahr ironischerweise in das „Naturfreundehaus“ nahe Hildesheim. Ob es nun die Freude an der Natur oder nur reine Gewohnheit war: Etwa 50 bis 60 Fans und Fansinnen fanden sich am Conort ein. Man kann davon ausgehen, daß gut und gerne nochmal weitere zehn in der Gegend herumirrten und den Con gar nicht fanden. Die Wegbeschreibungen waren nämlich wieder einmal genial unleserlich: Kopien, denen man mit Mühe entnehmen konnte, daß das Treffen nahe Hildesheim stattfinden würde, angereichert mit Orientierungshilfen, wie schwarzen Pfeilen auf schwarzem Hintergrund. Flocky überredete mich irgendwann im Laufe der Ereignisse, doch einen Conbericht zu schreiben. Er selbst hatte offensichtlich nur seinen Klon geschickt – und der war noch dazu schadhaft (Defekt in der Grinse-Steuerung: Er lächelte die ganze Zeit wie ein bekiffter Waschbär).
Solch ein Con-Bericht hat seine Tücken: Die Leute, welche dabei waren, erwarten, dass ihre Anwesenheit freundlich vermerkt wird (und dabei habe ich ein Gedächtnis wie ein Hefeteig: Am Anfang geht’s noch, aber dann fällt alles in sich zusammen). Jene, die nicht dabei sein konnten, möchten da gegen kleine Bosheiten und gemeine Anekdoten lesen.
Der ACD nimmt stellenweise amerikanisches Format an: Rüdiger Schäfer, Sascha Hallaschka und Achim Sturm lassen einen unwillkürlich an Bruttoregistertonnen denken. Rüdiger ließ im Quiz dann auch interessehalber die Oberfläche einer Kugel errechnen. Aber wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Slim Fast werfen. Denn: Wie stets im Leben, zählen ja in Wirklichkeit nur die menschlichen Werte; weswegen der gute Sascha ja auch schon (wohl wegen der Sechsbettzimmer relativ ergebnislos) das besagte Fandom der Liebe ausrief.
Ein nicht ganz so ausgeprägtes Harmoniebedürfnis besitzt bekannterweise Peter Herfurth, der ja im Fanzine des ACD (dem »Intra«) die Leserbriefe seiner Mitstreiter konzentrierter zerpflückt, als diese offenbar geschrieben wurden. So genau wollten es viele derjenigen, die mal eben eine Meinung absonderten, dann wohl gar nicht wissen. Erschwerend kommt hinzu, daß Peter nicht nur weiss, wovon der so redet, sondern auch ab und an der Wahrheit näher kommt, als viele andere. In Hildesheim gefiel er sich als Erzähler von Blondinenwitzen und ließ sich gerade eben zurückhalten, der (blonden) Bedienung im türkischen Restaurant (»Das war jetzt nicht so toll«) auch noch über seine Erfahrung auf Kurdendemos zu berichten.
Derweil grinsten Achim Sturm, Anne Beckmann (auch blond, aber die Freundlichkeit in Person), Rüdiger Fahje und ich ins Essen. Im Restaurant waren die wohl sowieso nicht allzu gut auf uns zu sprechen, denn wir kamen erst ziemlich spät (Achim: »Nach dem Grillen gehen wir Essen!«) und der Koch hatte wohl schon geschlafen – jedenfalls schaute er so aus.
Es war also Freitag und wir Fünf hatten uns vom Con ein wenig abgesetzt. Dort stand auf dem Programm »Draußen stehen und von Mücken zerfressen werden«. Inzwischen war auch längst der ACD-Förderer und Perry-Rhodan-Autor Peter Griese eingetroffen. Zunächst sah es so aus, als habe man eine Bannmeile der Erfurcht um ihn errichtet, doch schon wenig später hatte eine Gruppe Rhodanisten den Autoren in die Ecke (der Sitzbank) gedrängt. Was da eifrig und ausdauernd erzählt wurde, habe ich aber nicht mitbekommen.
»Onkel Moppel«, Rüdiger Schäfer, brillierte um 22 Uhr mit seinem Vortrag über Horst Horstmann: Onkel Hotte III – Die Rache. Die lustigen Parts kamen dabei vom Tonband, diese waren immerhin geschickt gewählt. Handelte es sich doch um einige der besten „Märchen“ des Frühstyxradio-Moderators Oliver Kalkofe (eben jener, der durch eine »Speckbulette«-Satire bekannt wurde). Doch während Kalkofe inzwischen eine eigene Sendung bei Premiere hat, tingelt Rüdiger noch durch die Clubs. Und versucht demnächst sein Glück im Ausland. Da wünschen wir schon mal viel Erfolg!
Der »fröhliche Umtrunk mit Sekt und Musik« fand wohl während der Zeit unseres Essens beim Türken (und damit 12 Stunden früher als angekündigt) statt. Als wir gegen Mitternacht zurück waren, war auch auf dem Con die große Heiterkeit ausgebrochen.
Das folgende Mitternachts-Armdrücken gewann dann Martin L. Raschen gegen unseren Mulitathleten Rüdiger, offenbar gemäß der Ankündigung: »Ich will einen Raschen-Sieg!«
Das gemeinsame Frühstück wurde gemeinerweise von 10 auf 9 Uhr vorverlegt – wohl um den Fans Gelegenheit zu geben, vor dem Fußballturnier in die Stadt zu fahren oder sich nochmals hinzulegen. Das Brötchenessen war dabei prima organisiert: Kaffee, Tee, Marmeladen, Nutellaersatz und Honig waren stes ausreichend vorhanden. Wer am Morgen gerne etwas nicht so Süßes essen wollte, hatte jedoch Pech: Wurst und Käse waren für die 20 DM Congebühr nicht zu haben. Dann war Kultur angesagt: Ein sehenswertes Einkaufszentrum und eine kulturgeschichtlich bedeutsame Baustelle waren die Höhepunkte unserer frühmorgendlichen Tour durch die Domstadt.
Auf dem Con geriet ich dann unversehens in einen Vortrag von Ziska Schmitt und Werner Fleischer über den vermurksten „Atlantis-Zyklus“ der Atlan-Heftserie. Obwohl ich nur einmal kurz hineinschnuppern wollte, blieb ich doch bis zum Schluss, denn die beiden konnten immerhin interessant erzählen. Der freie Vortrag trug dazu viel bei.
Noch angenehmer verbrachte ich den frühen Nachmittag als Zuschauer beim ACD-Fußballähnliches-Spiel-Turnier. Im Endspiel (»Die Schäfer gegen die Nicht-Schäfer«) gewannen die Nicht-Schäfer (was gleich zu einem Punktabzug beim Quiz führte). Der von Rüdiger gestiftete Pokal ging an die Mann- und Frauschaft um – weiß der Geier, so etwas kann ich mir nie merken!.
Karzinogene Schweineleichen-Röllchen (auch bekannt als »Würstchen«) waren anschließend wieder der Renner beim »Jubiläumsgrillen«. Inzwischen war auch Achim Sturm wach und hatte sich von seiner kreativen Beraterin für Modefragen (BiFi) gar zu einem Einkausbummel überreden lassen. So schleppte er einige Unikate von C&A an, die diese wohl schon immer gerne loswerden wollten.
Höhepunkt des Samstagsabends war das große (natürlich:) Jubiläums-Quiz von Rüdiger Schäfer, welches gut und gerne drei Stunden dauerte und damit endete, dass Rüdiger beschloss auszuwandern. Er wird im kommenden Jahr dann also nicht mehr zur Verfügung stehen. Peter Griese erklärte sich sodann spontan bereit, im kommenden Jahr (in Kassel) das Quiz auszurichten. Bei Rüdigers Variante gab es vorwiegend Probleme bei den »Jubiläumsfragen«, die ein kleines Intelligenzspiel beinhalteten: Es musste nicht nur die richtige Lösung erraten werden, sondern auch das System, nachdem diese einzutragen gewesen ist. Da geschah es schon mal, dass drei Gruppen (von Vieren) zwar die richtige Lösung im Kopf, aber nicht auf dem Lösungszettel hatten.
Die (wer hätte es geahnt:) Jubiläums-Show war im Programmheft mit »Wetten, Spiele und gute Laune« angekündigt. Im wirklichen Leben gab es nur ein paar Urkunden und die Versteigerung, bei der rund 1000+00 zusammenkamen. Anschließend stand für mich das »Jubiläums-Ins-Bett-gehen« auf dem Plan, während sich ein guter Teil der Nachtaktiven noch Star Trek: Voyager anschaute.
Am Sonntag hatten sich dann, nach dem Jubiläums-Frühstück und rechtzeitig vor »Nette Menschen räumen auf«, fast alle verdünnisiert. Zwischendurch lief dann noch Manfred Müller jr. ein paar mal durchs Bild, grunzte ab und an verächtlich und zog wieder von dannen. Da werden wir sicher demnächst im Observer lesen, wie uns der Con gefallen hat.
Für mich war es, aller Lästerei zum Trotz, ein sehr schöner, gemütlicher Con. Den Veranstaltern und Vortragenden sei innig dafür gedankt. Und wer will, dass ich die Fotos nicht im Netz verbreite, möge sich bei mir melden…
1. Platz: Andrea Schäfer, Carsten Giese, Holger Sesterhenn, Robert Musa, Harald Sill
2. Platz: Rüdiger Schäfer, Frank Möller, Olaf G. Hilscher, Andreas Nordiek, Isabel Hoyer
Noch eine kleine Ergänzung vom SF-Fan.de-Redakteur:
…und dann war da natürlich noch die erste Frage beim Quiz, die da lautete: »Die Penetrations-Preis-Strategie ist ein wichtiges Marketinginstrument im Zuge des kundenorientierten Phasenmanagements. Nennt drei Vorteile gegenüber den normalerweise gebräuchlichen Abschöpfungsdynamiken.«
Unsere Gruppe war geradezu entsetzt über Rüdigers Größenwahn, schimpfte verzweifelt auf die komplette Betriebswirtschaft und gab die Frage enttäuscht weiter. Die nächste Gruppe passte ebenso. Dann kam die Reihe an Frank Möllers Gruppe und Frank antwortete souverän: »1. Schnelles Absatzwachstum bei niedrigen Stückdeckungsbeiträgen; 2. Ausnutzung statitischer economies of sale; 3. Durch niedrige Einführungspreise geringeres Floprisiko«…
Es war klar – die Menge tobte (»Schiebung!«). Und Rüdiger zog nur ganz cool die ECHTEN Fragen für das Quiz aus der Tasche…
Dann war da natürlich auch noch die Versteigerung, bei der den Leuten das Geld ziemlich locker in der Tasche saß: Peter Griese zahlte sage und schreibe 40 Maahk für das »Conunterstützungsbuch« (ein Buch, das schon so oft auf Versteigerungen landete, dass es schließlich auf vielen Cons signiert wurde), Gero Grübler ersteigerte ein Überraschungspaket von Achim Sturm und fand darin – natürlich! – mal wieder die berühmt, berüchtigte APOLLO-Unterhose, und Sascha Hallaschka ließ sich das Birgit Fischer-Überraschungspaket nicht entgehen und zog dann vor den Augen der überraschten Fans u.a. einen schwarzen BH aus der Tüte (75 C)…