Die Meinungen am Freitag war entsprechend: ein Teil der Fans war sauer, daß man die Nachricht über die Absage bis zum Freitag verheimlicht hatte, anderen waren es egal, welche Ehrengäste kommen würden und ich freute mich, daß mit Joe Haldeman einer meiner Lieblingsautoren kommen sollte…
Trotz allem aber war die Stimmung sehr gut und man saß gemütlich zusammen, aß »Inselschnitzel« oder »Schäufele«, und unterhielt sich mit den zahlreichen Fans – insgesamt waren am Freitagabend wohl bereits rund 50 anwesend! Nebenbei wurde auch der SFCD-Literaturpreis an Gisbert Haefs verliehen und irgendwann um kurz vor 1:00 Uhr nahm die Bedienung dann die letzten Bestellungen auf und die Fans zerstreuten sich notgedrungen in alle Himmelsrichtungen in ihre Hotels, oder in Kneipen, die länger offen hatten…
Samstagmorgen – wie auf fast jedem Con noch sehr ruhig. Man konnte an den Verkaufstische entlang schlendern (vorbei an Reinhard Rauschers Bananenkisten) und sich mit Fanzines eindecken. Schon Freitagabend hatte Peter Fleissner zusammen mit Michael Marrak sein neues BONSA! 6 (zugleich ZIMMERIT 5) verkauft, jetzt stand er hinter einem Verkaufstisch und machte fleißig weiter.
Natürlich waren auch zahlreiche Clubs mit Tischen vertreten (u.a. PRBCBS, ACD, SFCD und die Regionalgruppe Niederrhein) und man konnte sich für künftige Cons anmelden oder sich zumindest darüber informieren. Der erste Programmpunkt, den ich besuchte, war dann um 12 Uhr ein Vortrag von Jürgen Marzi über Alan Dean Foster. Jürgen stellte die wichtigsten SF-Serien von Foster vor und machte so Appetit auf die Bücher – leider aber mußte man dann immer wieder hören, daß die betreffenden Bücher noch nicht auf Deutsch erhältlich sind.
Es war Essenszeit und so ging ich zusammen mit einer Gruppe von FOLLOWern, namentlich Dietmar Bloech, Norbert Weiser (ein echter Weiser!), Markus Vosteen und Co. erstmal zum Schnellimbiss und danach noch zum Eisessen – und dann mußte ich auch schon wieder schnell sein, um noch rechtzeitig zum Programmpunkt »Bücher, die den SFCD-Literaturpreis fast gewonnen hätten« zu gelangen, den Jürgen Thomann, Andreas Kuschke und ich denn auch erfolgreich hinter uns brachten.
Kurz darauf ging’s dann gleich in den nächsten Saal zu »40 Jahre SFCD«. Auf der Bühne hatte sich eine erkleckliche Anzahl von Recken versammelt (Waldemar Kumning, Dieter Steinseifer, Walter Jost, Heinz-Jürgen Ehrig, Hans-Ulrich Böttcher, Heinz-Jakob Baldowé, Andreas Kuschke) um unter der Leitung von Matthias Hoffmann noch einmal die ersten Jahre des SFCD lebendig werden zu lassen. Da kamen wunderbare Anekdoten ans Tageslicht (wie z.B. von dem Fan, der sein Fanzine »Terra« in einer Auflage von 10.000 Stück drucken ließ und die nächsten Jahre an den Schulden zahlte), es war aber auch zu erkennen, daß die meisten alten Streitereien längst vergeben (wenn auch nicht inner vergessen) waren. Auffallend waren hier nur einige Zwischenrufe von Eckhard D. Marwitz… Zwei Stunden wurde hier geplaudert und erzählt und eigentlich sollten im Anschluß noch Dias gezeigt werden, aber irgendwie flüchteten danach erstmal alle aus dem Raum um wieder frische Luft zu schnappen.
Jetzt war auch endlich mal die Zeit gekommen um mal wieder ein wenig zu plaudern. Ecki saß an seinem Laptop und machte gerade die erste Ausgabe seines Con-Livezines »ConFact« fertig und verteilte bald darauf die ersten Drucke und langsam sammelte sich eine größere Horde von Fans um einen nahen Chinesen zu überfallen. Dort verging die Zeit wie im Flug, denn kaum, daß Hermann und ich unser Zweiermenü und noch einige andere Teller geplündert hatten und gerade an den Lychees aßen, mußte ich feststellen, da8 es bereits kurz vor 20 Uhr war – und so kamen wir beide erst ein paar Minuten nach acht zur SFCD-Preisverleihung. die dann zwischen der Auktion alter Fanzines und der Verleihung der Preise für den SFCBW-Storywettbewerb stattfand. Den Rest des Abends saß ich dann noch in einer Runde mit dem Preisträger Andreas Fieberg und seiner Begleitung Cornelia Voß zusammen und es kam zu interessanten Gesprächen, u.a. auch über die düstere Situation für einen deutschen SF-Autor. Später nach Mitternacht scharte sich der harte Kern dann immer enger um die Bar und es war mal wieder Zeit für Gespräche mit dem Motto: »Aber das ist alles noch nichts für FAW!« Aber, gut, das bin ich ja mittlerweile auch schon gewohnt.
Sonntagmorgen – seit 1992 die traditionelle Zeit für die SFCD-Mitgliederversammlung und damit auch Garant für eine schnelle Abwicklung, da alle noch nicht so richtig wach sind. Aber dazu an anderer Stelle mehr.
Joe Haldeman, der erst Samstagabend eingetroffen war, saß gerade mit seiner Frau Gay bereit um den Autogramm-wütigen Massen zu harren, als ich mit Sascha Hallaschka umherstreifte und so ergab sich ein interessantes und fast einstündiges Gespräch mit den beiden. Joe Haldeman hatte auch das Skript für seinen nächsten Roman »Forever Peace« dabei, an dem er gerade noch arbeitet (er schreibt seine Romane mit einem MontBlanc-Füller und seine Frau tippt sie dann in den Computer). »Forever Peace« soll noch bis zum Herbst fertig werden und wird wohl im Frühjahr 1996 in Amerika erscheinen – inhaltlich ist es keine Fortsetzung zu »Forever War«, allerdings durchaus eine thematische, bzw. »sozio-kulturelle« (der Roman wird in großen Teilen auf der Erde spielen). Andere Projekt gehen in die Richtung, die auch schon seine zuletzt im „Asimov’s SF-Magazine“ erschienene Kurzgeschichte »None so blind« aufzeigt – wie funktioniert die Wahrnehmung und Verarbeitung im Gehirn (ein Thema, mit dem er sich auch bereits in seiner Zeit an der Universität als Physiker befaßte). Joe bedauerte es auch nicht die Fähigkeit zu besitzen, einfache SF-Romane am Fließband schreiben zu können – wie z.B. Piers Anthony.
Um 14 Uhr mußte ich mich endgültig losreißen, um noch rechtzeitig zum Panel »Es war einmal ein Fanzine« zu gelangen. Unter der Leitung von Matthias Hoffmann wurden hier wieder von Heinz-Jürgen Ehrig die selben Geschichten zu ANABIS wie am Vortag erzählt. Interessanter waren da schon die Erzählungen von Waldemar Kumming und Dieter Sachse, der dann etwas verwundert war, daß es doch tatsächlich mit Fandom-A-Week noch ein Umdruckfanzine gibt! Enttäuscht war ich allerdings darüber, daß die bevorstehende Entwicklungen, z.B. in Richtung »elektronische Fanzines« nur ganz am Rande angeschnitten werden konnte – zeigten sich doch viele darüber geradezu entsetzt! Ein Punkt, auf den man vielleicht spätestens auf dem nächsten SFCD-Con mal näher eingehen sollte.
Jetzt begann sich langsam dann die Reihen der Conbesucher zu lichten, ein Blatt mit Unterschriften als Gruß-Fax an Walter Ernstlng ging um und auch ich machte mir langsam Gedanken um meine Heimfahrt. Zusammen mit einem größeren Pulk brach ich zum Freiburger HBF auf und hatte dann das Glück zuerst bis Karlsruhe mich mit Klaus N. Frick endlich mal in Ruhe über PR. unterhalten zu können (wir fuhren auch durch Rastatt: »Und da rechts, der gläserne Bau, da ist mein Büro!«) und dann im Interregio nach München direkt neben Edzard Harfst zu landen, den ich erst kurz zuvor in Freiburg zum ersten Mal persönlich getroffen hatte.
Fazit: Einige Leute zeigten sich recht unzufrieden über den Con (»Nur bei den Programmpunkten mit Frederik Pohl habe ich mich nicht gelangweilt!«), andere erzählten von einem finanziellen Debakel und wieder andere meinten, daß man sich doch in Zukunft auch um einen EuroCon In Freiburg bewerben könnte. Ich habe mich nicht gelangweilt (Wann denn auch…?), sondern mich gut unterhalten gefühlt, und dabei sogar ein bißchen Programm mitbekommen. Das Publikum war zwar etwas überaltert (das junge Fanvolk, wie man es auf einem ACD-Con trifft, suchte man hier vergeblich), aber das war wohl auch sicher dadurch bedingt, daß keine fast kostenlose Übernachtungsmöglichkeit gegeben war.
Dieser Conbericht erschien urprünglich in FANDOM-A-WEEK 129 vom 9. Mai 1995.
Nachtrag vom 21. Mai 1995:
Noch ein paar letzte Worte zum FreiCon: Angemeldet waren schlußendlich 222 Gäste (anwesend waren wohl etwas mehr als 200) und 19 Tradingcardspieler (hier enhalte ich mich eines Kommentars). Durch den »zusätzlichen« Ehrengast Joe Haldeman ging die Rechnung nicht mehr ganz auf – man geriet wohl mit deutlich mehr als 1000 Mark in die Miesen, die jetzt auf die Mitglieder des Conkomitees umgelegt werden. Ich denke mal, daß Spenden hier gerne gesehen sind und es sind sicher auch noch ein paar FreiCon T-Shirts da – am besten wendet man sich diesbezüglich an Thomas Schmidt (Carl-Kistner Str. 3, 79115 Freiburg im Breisgau), der für die Kasse zuständig ist/war.
Ein netten Bericht konnte man schon wenige Tage nach dem Con in ANSIBLE 94 lesen, ich zitiere am besten einfach: »CHRIS PRIEST was an emergency guest at Freicon in Freiburg, at mere hours‘ notice, after illness prevented both Fred Pohl and Walter Ernsting (75) of Perry Rhodan fame… A great time was had by all. We saved their bacon („we“ means that Joe and Gay Haldeman rushed over at the last minute too), and the Germans were extra-appreciative. Joe and Gay had just come home to Florida from the Nebula banquet, tipped the dirty clothes into the washing machine… and found the fax message. They sat and watched the washing go round, then tipped the clean clothes back into the suitcases and went straight back to the airport! Freicon was an excellent small national con; maybe 100 attendees. Beautiful city by the Black Forest as advertised, clean, busy and cheerful…‘ Just one moment of Priestly bogglement: One of the other US writers they had invited turned out to have been Harlan, and if he’d said yes I wouldn’t have known about him until too late.‘« JT/ANSIBLE
Ich erinnere mich noch gut an den Stadtbummel in Freiburg mit Chris Priest.(Mußte zwichen ihm und seiner Dolmetscherin dolmetschen.) Chris wollte Geschenke für seine Kinder zu mitbringen. Wir fanden auf dem Marktplatz einem Stand für Holzspielzeug. Chris kaufte dort zwei kleine Sanduhren für seine Zwillinge. Ich hab die Gleiche für mich gekauft. Nach all den Jahren steht das Teil immer noch in unserem Regal.