Dort.Con 2002

»Eine weite, sonnenverbrannte, schwarz überkrustete, radioaktive Wüste – so ungefähr hatte man sich wohl das Dortmunder Fandom nach dem finanziellen Crash des EuroCons Trinity im Jahre 1999 vorzustellen. 70.000 Mark Schulden hat diese Veranstaltung hinterlassen.« Und trotz dieser doch recht düsteren Vergangenheit, die der Chairman Arno Behrend in seinem Vorwort im Programmheft so treffend beschreibt, fand in diesem Jahr wieder ein SF-Con in Dortmund statt, der knapp 200 Besucher anlockte und damit als Erfolg verbucht werden kann. Der Grund dafür dürfte sein, daß das neue Team vor allem mit zwei Argumenten die Fans überzeugen konnte: Qualität und Mut.

In einer Zeit, in der es sich viele deutsche Converanstalter leicht machen und statt mit einem echten Programm ihren Con einfach nur mit zwei, drei Diskussionsrunden zu MADDRAX, PERRY RHODAN und einer weiteren beliebig austauschbaren Heftserie bestreiten, ist es anerkennenswert, daß es noch Fans gibt, die mehr wagen und das Risiko eingehen auch ausländische Autoren einzuladen und sich anspruchsvollerer SF zuzuwenden.

Norman Spinrad, (c) Freunek
Norman Spinrad

Nach Dortmund hatten das Veranstalterteam den in Frankreich lebenden amerikanischen Autor Norman Spinrad und den deutschen Bestellerautor Andreas Eschbach eingeladen. Der dritte Ehrengast war Uwe Rosenberg – kein Buchautor, aber ein Spielentwickler u.a. im Bereich SF. Es waren aber natürlich auch weitere SF-Autoren anwesend – die zum größten Teil auch ins Programm eingebunden waren: Wolfgang Jeschke, Uwe Anton, Ronald M. Hahn, Horst Pukallus, Michael Marrak, Boris Koch und Sabine Wedemeyer-Schwiersch.

Horst Pukallus und Ronald M. Hahn, (c) Freunek
Horst Pukallus und Ronald M. Hahn
Der Veranstaltungsort, das Fritz-Henßler-Haus in der Dortmunder Innenstadt, bot viel Raum – was Segen und Fluch zugleich war. Wie schon im Harenberg-Center verliefen sich die Fanmassen so etwas und es konnte schnell auf den Gängen der Eindruck einer gewissen Leere entstehen. Der Vorteil war, daß die zahlreich anwesenden Händler genug Raum für ihr Angebot hatten und Programmpunkte zeitgleich in verschiedenen Räumen stattfinden konnten (der große Saal war aber trotzdem meist gut gefüllt).
 Der FO-Stand, (c) Breitsameter
Der Stand der FANDOM OBSERVER-Crew

Für jeden Besucher gab es eine rote Stofftasche mit ein wenig Werbung (darunter auch zwei Fan-Heftromane), dem Conheft und einem Programmführer. Leider scheinen diese beiden Publikationen auf den letzten Drücker angefertigt worden zu sein, da sich dort die Rechtschreibfehler häuften und auch das Layout etwas unschön geraten war. Als sinnvolle Beilage fand sich übrigens auch noch ein Ministadtplan von Dortmund in der Contasche (leider habe ich den erst soeben beim Durchsehen entdeckt…).

Die Verkaufsbörse
Die Händlerbörse

Die Eröffnung des Cons, die in eine Rahmenhandlung gepackt war, bekam ich nur am Rande mit (ich warf nur einen kurzen Blick auf die Bühne), da ein Con für mich doch meist damit beginnt, daß man die bekannten Fans, Autoren und Freunde begrüßt. Am frühen Nachmittag hielt Dr. Metin Tolan zwei Vorlesungen zum Thema »Technik und Star Trek« und »Facts und Fiction« ab. Der sonst an der Uni Dortmund tätige Physik-Dozent hatte einen wirklich perfekt aufbereiteten Vortrag vorbereitet, der die Kultserie Star Trek aus wissentschaftlicher Sicht beleuchtete. Darauf folgte eine Podiumsdiskussion über Kleinverlage. Leider aber redete sich diese Runde aus Kleinverlegern wieder einmal vor allem über das Thema „Book on Demand“ die Köpfe heiß, während andere, interessantere Aspekte nur kurz angesprochen wurden oder ganz unberücksichtigt blieben. Aber das große Interesse des Publikums zeigte, daß Kleinverlage heutzutage mit einem ausgewählten Programm gute Chancen haben neben den wenigen „Großen“ zu bestehen.

Herumlungernde Fans, (c) Breitsameter
Herumlungernde Fans
Natürlich haben auch Fans mal Hunger. Während einige in die Innenstadt aufbrachen, um den örtlichen schottischen Spezialitätenrestaurants einen Besuch abzustatten, wagte ich es und probierte die angebotene Küche des FHH – und ich wurde äußerst positiv überrascht. Für nur 2,50 € gab es ein großes und schmackhaftes Paprika- oder Zigeunerschnitzel mit Pommes Frites. Auch die Getränkepreise waren zivil – eine Flasche Cola 0,33 kostete 1 €.
Essen, (c) Breitsameter
Paprikaschnitzel mit Pommes – zwar auf einem Pappteller serviert, aber trotzdem lecker
Michael Marrak las am Nachmittag in einem der kleineren Säle aus seinem kommenden Horror/SF-Roman „Imagon“, der im Frank Festa-Verlag erscheinen wird, und basierend auf einer Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft die Geschichte einer Expedition nach Grönland schildert, die dort den Krater eines Kometeneinschlags untersuchen will. Im Anschluß an seine Lesung beantwortete Michael auch noch zahlreiche Fragen aus dem Publikum.

Michael Marrak, (c) Breitsameter

Michael Marrak liest
Wer einzelne Ehrengäste des Dort.Cons einmal in kleinerer Runde erleben und befragen wollte, hatte bei den Kaffeeklatsches seine Chance. Ich besuchte die gemütliche Runde mit Andreas Eschbach und bei kostenlosen Kaffee und Keksen entwickelten sich schnell interessante Diskussionen und es gab auch so manches neues zu erfahren (aber wie sagte Andreas so schön bei mancher Enthüllung: »Aber behaltet das doch bitte noch für euch!«).
Eschbach beim Kaffeeklatsch, (c) Breitsameter
Kaffeeklatsch mit Andreas Eschbach
Am Samstagabend gab es ab 20 Uhr eine komödiantische Abendshow im großen Saal. Da der Magen aber knurrte (ein Schnitzel allein reicht nicht für einen ganzen Tag) zog ich es vor statt dessen mit anderen Fans in die Stadt aufzubrechen um den berüchtigten Chinesen mit Aufzug zu suchen und dort leckeres knuspriges Hühnchen in Erdnußsoße zu genießen. Der Abend endete dann in der Bar im Astron Hotel bei Cocktails…
Samstagabendshow, (c) Breitsameter
Die Samstagabendshow
Das Sonntagsprogramm wurde zugunsten der früher abreisenden Fans (zu denen ich auch gehörte – mir stand ja noch eine lange Heimfahrt mit der Bahn bevor) etwas umgestellt. So konnte ich noch die Diskussion mit Norman Spinrad und Andreas Eschbach „Zur Lage des Planeten“ miterleben. Der Höhepunkt des Tages war für mich allerdings der nachfolgende Programmpunkt „Jeschkes Lebenswerk“, bei dem Wolfgang Jeschke, der ehemalige Herausgeber der SF&F-Reihe des Heyne-Verlags pointiert und kurzweilig aus seinem Leben und seinen Erfahrungen im Verlagsbereich erzählte. Dabei gab es auch so manche Insiderinformation zu hören: so habe das „SF-Jahr“ als Sachbuch zur SF trotz seiner schlechten Verkaufszahlen eigentlich doch gute Überlebenschancen, da es von den Buchhändlern und den Verlagsvertretern als Nachschlagewerk zur SF sehr geschätzt wird.
Jeschke, (c) Freunek
Arno Behrend und Birgit Fischer befragen Wolfgang Jeschke

Als ich um 13:20 Uhr schließlich in Richtung Hauptbahnhof enteilen mußte, fand ich es doch ärgerlich, daß das Programm am Sonntag noch bis nach 16 Uhr stattfinden sollte.

Alles in allem ist der Dortmunder Fans eine SF-Veranstaltung gelungen, die laut offiziellen Angaben 190 Besucher anlockte. So ist es auch nicht verwunderlich, daß die Recken von ConZiel e.V. (so der Name des Veranstaltervereins) bereits jetzt für 2003 planen – am 3. und 4. Mai 2003 ist es dann wieder soweit. Ich werde auf alle Fälle wieder da sein!

Zum Schluß noch zwei kleine Anmerkungen: an anderer Stelle im Internet findet sich ein sogenannter »Conbericht« eines Besuchers des Dort.Cons, der den ganzen Samstag anscheinend nur am Stand seines Clubs verbrachte und keinen einzigen Programmpunkt besuchte. Infolge bezeichnet der Autor dieses Berichts den Con auch als langweilig und überteuert. Man fragt sich ja dann doch, was er erwartet hatte: daß die Ehrengäste sich alle bei ihm persönlich vorstellen und die Besucher seinen Clubstand stürmen? Allerdings wird der Autor feststellen, daß er sich mit seinen Zeilen vor allem eins macht: lächerlich.

Wer sich über das finanzielle Debakel rund um Trinity und den mitveranstaltenden Bundesverband Area+49 (der heutzutage gerne von einigen ehemaligen Mitgliedern totgeschwiegen wird) informieren möchte, findet bei SF-Fan.de hier einen guten Einstiegspunkt. Viel Spaß beim Lesen!


Fotos: Günther Freunek & Florian Breitsameter