Andreas Brandhorst – Diamant

Heyne TB 06/6460
Originalausgabe
ISBN 3-453-87901-5
Titelbild von David Hardy, Innenillustrationen von Georg Joergens
München, Mai 2004, 8,95 Euro, 590 Seiten

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Zu den Hochzeiten des bundesdeutschen SF-Booms war Andreas Brandhorst mit zahlreichen veröffentlichten Heften und Taschenbüchern gut im Geschäft, aber dann platze die Luftblase und die Liebe zu seiner zweiten Frau, einer „hübschen Italienerin“ (so Brandhorst auf seiner Homepage), zog ihn nach Italien, wo er nach seiner zweiten Scheidung weiterhin als freier Autor und Übersetzer lebt.

Mit „Diamant“ eröffnet Brandhorst ein eigenständiges Universum, über dessen Millionen Jahre zurückreichende Geschichte man sich detaillierter im Anhang des Romanes oder auf der hübsch anzuschauenden Homepage www.kantaki.de informieren kann.

In der Mitte des fünften Jahrtausends ist für die Menschheit das Geheimnis der interstellaren Raumfahrt ungelöst geblieben, aber auf den Raumschiffen der Kantaki hat man sich über weite Teile des Spiralarmes ausgebreitet. Es gibt Heimstätten für jede denkbare Weltanschauung und Haarfarbe: islamische, christlich-fundamentalistische, anarchistische Welten, Technologie-Entsager und Eskapisten, die die Wunder virtueller Realitäten der sogenannten Realität vorziehen. Mit Hilfe gentechnologischer Modifikationen wurden sogar Extremwelten besiedelt. Die meisten Planeten gehören jedoch den beiden konkurrierenden Wirtschaftsverbünden an, dem Konsortium und der Allianz.

Im Mittelpunkt von „Diamant“ steht die unerfüllte Liebesgeschichte zwischen Valdorian, dem designierten Anführer des mächtigen Konsortiums, und Lidia DiKastro, einer talentierten Studentin der Xeno-Archäologie, die letzten Endes die Berufung zur Raumschiffführerin in den Diensten der Kantaki einem Leben an der Seite eines
Wirtschaftsmoguls vorzieht. Viele Jahre später, am Ende eines zumindest ökonomisch erfolgreichen Lebens, sucht Valdorian – um jeden Preis! – noch einmal den Kontakt zu seiner einstigen Geliebten. Sie soll die heiligsten Gebote ihrer Dienstgeber, der Kantaki, brechen, um ihm, Valdorian, ein längeres Leben zu ermöglichen.

Was niemand ahnt ist, dass Valdorians Handlungen über die Abgründe der Zeiten hinweg manipuliert werden. Der ohnehin skrupellose Machtmensch unterliegt nämlich den telepathischen Suggestionen der Temporalen, einer uralten Spezies, die im Verlauf eines tausendjährigen Krieges von den Kantaki und ihren Verbündeten in die fernste Vergangenheit verbannt wurde. Hier warten sie auf eine Chance, den Zeitkrieg neu zu entfachen, an dessen Ende nach ihren Vorstellungen das Ende unseres Universums stehen soll.

Angesichts des gigantomanischen Weltentwurfs, der dem Roman zugrunde liegt, kommt „Diamant“ im Grunde der Charakter eines Präludiums zu. Ohne ganz an die Originalität beispielsweise eines Dan Simmons heranzureichen (aber wer schafft das schon), hat Brandhorst ein Universum konzipiert, das Freunde der Space Opera gut bedienen könnte. Dazu kommt, dass der Einstiegsband unbestreitbar kompetent geschrieben ist, also ebenso Überraschungen im Detail ebenso enthalten sind wie packende Einzelsequenzen. Auf die Fortsetzung(en) darf man gespannt sein.

Peter Herfurth-Jesse, Juni 2004