»Lese ich den Schmarrn halt mal …« – ein Interview mit Klaus N. Frick aus dem Jahr 1998

Dieses Interview entstand auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 1998. Ulrich Bettermann und ich trafen uns mit Klaus N. Frick (den wir beide schon lange kannten, bevor er für PERRY RHODAN tätig war) am Stand von VPM und plauderten über zwei Stunden miteinander – und nebenbei ließen wir ein Tonband mitlaufen. Für Klaus Bollhöfener, der damals noch Beiträge für das PERRY-RHODAN-Jahrbuch 1999 suchte, strafften wir später die Abschrift in aufwendiger Kleinarbeit und formten daraus ein zugegebenermaßen immer noch sehr langes Interview. Eigentlich hatten wir damals geplant, es zeitnah auch online anzubieten, aber manchmal dauert es eben etwas länger… aber ich denke, dass dieses Interview auch heute noch interessant zu lesen ist.

 

Klaus N. Frick, (c) Foto: Ulrich Bettermann
Buchmesse 1998: Klaus N. Frick am Stand von PERRY RHODAN

Ulrich Bettermann: Lieber Klaus, wie lange bist Du jetzt in der PERRY RHODAN-Redaktion, und bis wann gedenkst Du da noch zu bleiben?

Klaus N. Frick: Ich habe im November 1992 als PERRY RHODAN-Redakteur angefangen und im August 1995, nach dem Ausscheiden von Dr. Marzin, quasi die Allein-Redaktion übernommen. Derzeit trage ich den Titel des »Leitenden Redakteurs«. Ich gedenke den Job noch einige Jahre auszuüben; mindestens den Abschluß des Thoregon-Zyklus möchte ich noch miterleben.

Florian Breitsameter: Und mit welchem Band wird dieser Zyklus abgeschlossen?

Klaus N. Frick: Mit Band 1999. Band 2000 ist der Beginn eines neuen Zyklus und dieser wird, so hoffe ich, optisch wie inhaltlich ohnehin etwas Besonderes werden.

Ulrich Bettermann: Wird sich mit Band 2000 bei der PERRY RHODAN-Serie etwas ändern? Insbesondere, was die Autoren oder eventuell das Format angeht?

Klaus N. Frick: Lasst uns das mal trennen. Was die Autoren angeht, kann ich nur sagen: Ich weiß es nicht. Wir sind ja, wie man bei der ATLAN-Serie gemerkt hat, durchaus immer wieder daran interessiert neue Autoren kennenzulernen. Man hat dies ja auch in letzter Zeit bei der PERRY RHODAN-Serie gemerkt. Ich wage nicht zu behaupten, es würde bei Band 2000 keinen neuen Autoren im Team geben. Das ist zwar schön schwammig, denn es ist wahrscheinlich so, daß es Neue gibt.
Die Erscheinungsform werden wir aber nicht ändern. PERRY RHODAN bleibt ein Heftroman im bewährten Format. Es gab einige Überlegungen das zu ändern, aber im Moment sind wir alle der Meinung, daß wir beim Heft bleiben sollten. Warum sollten wir das auch ändern!?

Florian Breitsameter: Soviel ich weiß war ja der berufliche Umstieg in die PERRY RHODAN-Redaktion nicht gerade ein finanzieller Aufstieg …

Klaus N. Frick: Über Geld redet man natürlich nicht, aber bei der Wortwerkstatt, meinem vorherigen Arbeitgeber, war ich geschäftsführender Redakteur.

Florian Breitsameter: Also war das eher eine Herzenssache?

Klaus N. Frick: Es war so ein Zwischending. Man muß dazu sagen, daß ich bei der Wortwerkstatt vor allem Public Relations und Werbung für Firmen wie zum Beispiel Opel und Michelin gemacht habe. Dabei war ich natürlich ausgelastet und verdiente auch ganz anständig, aber ich steckte nie mit dem Herzen dahinter. Es ist auch nicht mein Herzblut über die neusten Reifen und Immobilien in Tübingen zu schreiben. Das habe ich dann alles gemacht, und es war auch sehr spannend und persönlich hat mir das auch ziemlich viel gebracht. Aber es ist halt nicht mein Herzblut. Ich empfand es als reizvoll bei PERRY RHODAN mitzumachen, weil man hier eben auch kreativ tätig sein kann.

Ulrich Bettermann: Woran siehst Du Deine Hauptaufgabe dort?

Klaus N. Frick: Um Rüdiger Schäfer zu zitieren: Ich sehe meine Hauptaufgabe darin, eine Funktion vergleichbar der eines Fußballtrainers auszuüben, ein Fußballtrainer, der eine Mannschaft betreut, die aus verschiedenen Spielern, mit verschiedenen Schwächen und Stärken besteht, die von zwei Spielemachern angetrieben wird. Und meine Aufgabe ist, die Spieler da einzusetzen wo ihre Stärken liegen, und nötigenfalls, das ist der Unterschied zum Fußballtrainer, die Schwächen, die sich ergeben, auszugleichen.

Ulrich Bettermann: Wie weit bist Du dabei in die Handlungsentwicklung eingebunden? Bringst Du selbst Ideen ein, oder reagierst du nur auf die Einfälle der Autoren? Bist Du sozusagen der dritte Exposé-Autor, derjenige, der das abschließende Sagen hat, oder hast Du eigene Ideen, die in die Serie einfließen?

Klaus N. Frick: Also, ich sehe meine Rolle als die eines Moderators. Florian Marzin, der frühere Chefredakteur, hat oft mit einsamen Entscheidungen regiert. Zu Deutsch, wenn ihn die Situation genervt hat, hat er gesagt: »Okay Mufti-Beschluss! Ich beschließe folgendes«, und alle hatten sich daran zu halten. Häufig läuft das heute in der Exposé-Besprechung so ab, dass Robert Feldhoff und Ernst Vlcek Ideen einbringen, und ich auch Ideen entwickle. Wir versuchen dann, die beste Idee herauszufiltern. Es ist also durchaus so, dass auch ich Ideen einbringe. Bei den Romanen ist auf alle Fälle es so, dass ich das letzte Wort habe, und ich scheue nicht davor zurück, Szenen zusätzlich einzubauen, oder Szenen rauszunehmen.

Ulrich Bettermann: Es hat früher ja schon Einzelhefte gegeben, die von zwei Autoren verfasst wurden. Gibt es auch Romane, unter denen eigentlich stehen müsste: »Derundder Autor und Klaus N. Frick« – weil Du so viel hineinredigiert hast?

Klaus N. Frick: Natürlich nicht.

Ulrich Bettermann: Die Exposés werden ja derzeit von Robert Feldhoff und Ernst Vlcek geliefert. Ich habe den Eindruck, dass die beiden einen unterschiedlichen Stil haben. Vlcek bringt mehr die Fantasy-bezogenen Themen, in denen nicht alles durch Technik, sondern auch manchmal durch irgendeinen Hokuspokus gelöst wird, während Feldhoff eigentlich mehr SF-Abenteuer liebt. Fällt da auch die Reaktion der Leser auf diese verschiedenen Teile unterschiedlich aus oder nehmen die das hin wie es gerade kommt. Oder empfindet Ihr dies anders?

Klaus N. Frick: Ich könnte, glaube ich, anhand eines Romans immer exakt herausfinden, wer das Exposé geschrieben hat. Wir gehen ja mittlerweile auch dazu über, daß jeder Exposéautor seine eigenen Handlungsebenen konzipiert. Aber ein schönes Beispiel ist die Handlungsebene Puydor, die sich vor allem durch farbige Weltraumabenteuer auszeichnet. Da kann man durchaus sagen, es sei Fantasy-mäßig. Aber dies kommt bei den normalen Lesern genauso gut an, zum Teil sogar besser, als die Alashan-Abenteuer. Es gibt einfach Leute, denen sind die Alashan-Abenteuer, die von Robert Feldhoff geschrieben wurden, zu nüchtern. Sie sagen: »Da agieren ja normale Menschen!« Stattdessen gibt es in Puydor knallige, bunte Science Fiction auf vielen, vielen bizarren Planeten. Und Ernsts Philosophie, ich hoffe er stört sich nicht daran wenn ich ihn zitiere, ist natürlich schon die Erzählung moderner Märchen. Was ja nicht falsch ist.
Wir sind ja nicht verpflichtet hier eine futurologische Analyse darzubringen.

Florian Breitsameter: »Der Heftroman ist der Videoclip im Kopf« hast Du einmal gesagt.

Klaus N. Frick: Ob er nun tatsächlich von mir stammt oder nicht; der Satz ist nicht falsch. Ich habe kürzlich einen typischen Leserbrief bekommen: Ein Leser beschwert sich einmal wieder, daß wir zu »zeitnah« seien. Wenn er PERRY RHODAN liest, hat er geschrieben, möchte er vom Alltag abschalten. Er möchte in eine phantastische Zukunftswelt eintauchen. Und das ist ein Bedürfnis von vielen Lesern. Wir würden schlecht daran tun, diese Leser zu enttäuschen. Wobei ich sehr wohl weiß, daß es auch Leser gibt, welche die futuristische Gesellschaft bis ins letzte Detail ausgeführt haben wollen. Aber das sind andere Leserschichten.

Florian Breitsameter: Das ist ja auch eine Frage, wie man Science Fiction auffasst. Die SF kann die zukünftige Gesellschaft schildern, oder als klassische Utopie, Kritik an der momentanen Gesellschaft sein … oder eben auch reine Unterhaltungsliteratur.

Klaus N. Frick: Genau, die SF kann aber auch aufgefaßt werden als eine Spielwiese mit wirklich, modernen Märchen. Das ist ja eigentlich auch eine alte SF-Auffassung, die in den 50er und 60er Jahren beispielsweise auch völlig normal war. Und wenn ich mir heutige amerikanische Serien anschaue, die sehr erfolgreich sind, dann ist das eigentlich auch keine echte Science Fiction nach meinem Verständnis, weil es da auch nie um Zukunftsvisionen geht, sondern auch eben um Wildwest im Weltraum. Insofern ist PERRY RHODAN gar nicht so sehr fantasymässig, wie mir z.B. Kritiker vorwerfen …

Ulrich Bettermann: Kann es aber Fiction ohne Science geben?

Klaus N. Frick: Nein, ein wissenschaftlicher Hintergrund muß immer da sein. Und das ist auch ein Vorwurf, den ich massiv zurückweisen möchte, nämlich der, dass Ernst Vlcek verstärkt Fantasy-Motive aufgreift. Wenn jemand sehr stark für seine Romane recherchiert, dann ist das Ernst, und zwar indem er sich mit Astronomie-Atlanten beschäftigt, indem er seine Sonnensysteme zu entwerfen versucht und ähnliche Dinge. Also man kann ihm nicht vorwerfen, er würde da nicht recherchieren. Die Stoffe, die er dann anbietet, sind in der Tat »phantastischer«, oder wirken für viele Leute »phantastischer«, als die häufig eher »nüchtern« wirkenden Stoffe von Robert.

Ulrich Bettermann: Ja, weil er mehr solche Lösungen sucht wie z.B. die Methode der Fortbewegung von Jii‘Nevever, die sich quasi in Howalgonium hineindenkt, und auf der anderen Seite wieder herausmaterialisiert. Das ist in meinen Augen eine typische Fantasylösung …

Klaus N. Frick: Die kommt übrigens von Robert!

Ulrich Bettermann: … während anderswo halt ganz klare technische Lösungen gefunden werden. Da ist ein Gerät, das dieses und jenes vollbringt.

Klaus N. Frick: Gut, aber man hat uns beispielsweise vorgeworfen, der Höhepunkt des Abschnittes mit den Galornen, sei ja schließlich auch Fantasy, weil es darum gehen würde, dass Bewußtseinsinhalte abgespalten werden. Das ist ein Konzept von Robert. Und es ist ureigenes PERRY RHODAN-Prinzip, dass es Bewusstseine gibt, von denen man Inhalte abspalten kann. In diesem Fall eben negative Anteile. So ist es bei PERRY RHODAN bestimmt seit 1500 Bänden!

Ulrich Bettermann: Im Laufe der vielen Jahre, die Du jetzt im Fandom, der Gemeinschaft der SF-Fans, weilst, bist Du auch durch einige eher kritische Meinungen zu PERRY RHODAN aufgefallen. Zum Beispiel vor Urzeiten auf einem Con mit dem berühmten »Tötet Gucky«-Button …

Klaus N. Frick: Nein, »Stoppt Gucky«. Ich hatte einen »Stoppt Gucky«-Button im Design der »Stoppt Strauß«-Buttons. Ich hatte auch einen »Clark Darlton – Nein Danke« -Button.

Ulrich Bettermann: Den Walter Ernsting dann später selber getragen hat.

Klaus N. Frick: Woran sich Walter Ernsting auch heute noch erinnert. (Lacht)

Ulrich Bettermann: War das eine gezielte Provokation, oder wie stehst Du dazu heute?

Klaus N. Frick: Es war natürlich die typische Provokation eines Sechzehnjährigen, der mit aller Gewalt auf sich aufmerksam machen und seine Grenzen austesten wollte. Aber damals war es so, daß mir persönlich, mit meinem Drang erwachsen zu werden, die häufig sehr kindlich oder sehr jugendlich orientierten Romane von Clark Darlton überhaupt nicht gefallen haben. Heute finde ich die irritierenderweise wieder besser als damals.

Ulrich Bettermann: Oder die K.H. Scheer-Romane, die man früher aus »politischen Gründen« schlecht fand, die in Wirklichkeit aber ein prima Lesevergnügen sind.

Klaus N. Frick: Es ist aber vielleicht auch ganz interessant, wenn ich mir die Rezeption von PERRY RHODAN heute anschaue und vergleiche, was ich früher gut fand, und ich heute gut finde … Es gibt also Romane von früher, die, wenn ich sie heute zur Bearbeitung für die 5. oder 3. Auflage bekomme, mir kalte Schauer über den Rücken jagen. Weil ich die heute grottenschlecht finde. Aber nehmen wir beispielsweise Ratber Tostan: Als ich diesen Charakter im Zuge der 3. Auflage wieder auf dem Tisch hatte, habe die Hefte noch einmal gelesen. Die haben mir noch einmal Spaß gemacht. Damals hätte ich mich geschämt, das laut zu sagen, weil man damals ja friedensbewegt und ökolinks war. Aber die Romane waren gut geschrieben. K. H. Scheer konnte den Leser richtig packen.

Ulrich Bettermann: Wer bestimmt, welcher Autor welches Heft schreibt?

Klaus N. Frick: Das besprechen wir häufig schon bei der Exposé-Konferenz, und häufig ist es so daß wir halt dann überlegen welcher Autor gerade Terminprobleme hat und wer das Thema übernehmen könnte.

Ulrich Bettermann: Also nicht so, dass einer sagt: »Ich möchte mir einen neuen Wohnzimmerschrank kaufen, gebt mir mal einen Doppelband …!«

Klaus N. Frick: Nein.

Florian Breitsameter: »… Und das Dschungelabenteuer geben wir dem Francis …«

Klaus N. Frick: … oder Kneifel. Zugegeben – das ist nicht ganz falsch! Es gibt Romane, die passen halt zu gewissen Autoren und es gibt Romane, die passen zu anderen Autoren einfach nicht. Das weiß man ja mittlerweile und das ist es, was ich vorhin mit dem Hinweis auf die Funktion eines Trainers meinte. Man muß versuchen den Spielern Aufgaben zu geben, bei denen sie ihre Stärken ausspielen können.

Ulrich Bettermann: Wolfgang Kehl alias Arndt Ellmer erzählte mir zum Beispiel, dass er über das Exposé zu »Schiff am Abgrund« sehr erfreut war. Es gab ihm viele Freiheiten und er konnte einen technisch orientierten Roman schreiben. Die meisten Leser, mit denen ich sprach, fanden den Roman wirklich gelungen.

Klaus N. Frick: Richtig.

Ulrich Bettermann: Gibt es aufgrund dessen Anregungen, diese technischen orientierten Romane öfter bei ihm unterzubringen, oder gibt es andere Autoren, die so etwas auch gerne schreiben würden?

Klaus N. Frick: »Schiff am Abgrund« war eindeutig auf Wolfgang Kehl zugeschnitten. Und er hat das auch wunderbar gelöst. Aber er wäre natürlich jetzt fatal zu sagen, dass er alle technischen Romane schreiben muß, weil wir dann Autoren auf gewissen Stoffen »parken«. Und das ist auch fatal. Also gerade Wolfgangs Begabung war es schon in früheren Jahren, Fremdvölker zu beschreiben. Ich denke da beispielsweise an seine Arconana-Romane, die auch sehr gelungen waren. Und die haben mit Technik und Raumschiffen überhaupt nichts zu tun. Da konnte er eher seiner spielerischen Leidenschaft für Sprachen Ausdruck verleihen.

Ulrich Bettermann: Wie entwickelt sich eigentlich die Auflage von PERRY RHODAN? Im SPIEGEL Spezial über SF wurde ja eine konkrete Zahl genannt.

Klaus N. Frick: Also ich habe sinnigerweise in meinem Arbeitsvertrag unterschrieben, dass ich über Auflagenzahlen keine Auskunft gebe und das werde ich weiterhin so aufrechterhalten. Aber ich kann sagen, dass die Auflagenentwicklung erfreulich ist. Das heißt nicht, daß wir riesige Zuläufe haben, sondern daß wir einfach unsere Auflage halten, und das ist in diesen Zeiten, in denen Heftromane vom Aussterben bedroht sind – man muß nur auf die Konkurrenz schauen – erfreulich genug.

Ulrich Bettermann: Wie sieht es bei den Taschenbüchern aus? Ich habe nach wie vor echte Probleme die Dinger überhaupt irgendwo zu bekommen.

Klaus N. Frick: Die Taschenbücher laufen aus. Wir haben den Vertrag mit dem Burgschmiet-Verlag gekündigt. Weitere Kommentare erfolgen nicht.
Das letzte Taschenbuch ist das von Robert Feldhoff und erscheint im Dezember 1998. Dann ist’s vorbei.

Florian Breitsameter: Gibt es Pläne einen anderen Verlag für die Taschenbücher zu suchen?

Klaus N. Frick: Nein. Das Taschenbuch ist gestorben. Es gibt Pläne, in 1999 ein anderes Projekt anzufangen, quasi als Fortsetzung der Taschenbücher, aber die Taschenbuchreihe mit der jetzigen Numerierung sehe ich im Moment als gestorben an.

Ulrich Bettermann: Wer betreut das Fanprojekt, bei dem Fanautoren Romane einreichen können, die dann in geringer Auflage wiederum für Fans erscheinen sollen?

Klaus N. Frick: Die Exposébetreuung mache im Moment ich. Das heißt, daß die Autoren ihre Exposés bei mir einreichen müssen. Und an der weiteren Abfolge möchten sich vor allem Klaus Bollhöfener und Sabine Bretzinger beteiligen – wie wir das dann im Detail machen ist aber noch nicht ganz raus, aber da die FanZentrale das Heft dann vertreiben wird, wird Klaus Bollhöfener sicherlich den Großteil der Arbeit, also Layout, Abwicklung und ähnliches übernehmen.

Ulrich Bettermann: Wer trifft die Auswahl?

Klaus N. Frick: Ich.

Florian Breitsameter: Das ist dann also quasi auch die gleiche Situation wie bei den Taschenbüchern, das heißt die Leute reichen Exposés ein und du entscheidest.

Klaus N. Frick: Die Situation ist bei dieser Fan-Edition, dass ich da eine relativ professionelle Arbeitsweise durchzuziehen versuche. Das heißt, und die Jungautoren bekommen dies auch in Briefen mitgeteilt, dass, wenn das Exposé eingereicht ist und es sich als völliger Mist herausstellt oder es mir nicht gefällt, es dann mit einer Begründung zurückgeschickt wird. Wenn das Exposé meiner Meinung nach mangelhaft ist, gibt es Änderungswünsche und dann möchte ich eine Zweitversion. Und wenn das Exposé gut ist, wird die Erstversion akzeptiert und dann muß der Autor den Roman schreiben. Erst wenn der akzeptiert ist dann wird es angenommen. Im Moment betreibe ich dies sinnvollerweise noch selbst, weil ich aufgrund der Arbeit in der Exposé-Factory auch natürlich den größten Überblick habe, was bei PERRY RHODAN alles schon gelaufen ist.

Florian Breitsameter: Dieses Projekt soll dann – wenn ich das richtig sehe – quasi eine Schmiede für Autoren sein; Eine Möglichkeit einmal in den professionellen Bereich hinein zu schnuppern …

Klaus N. Frick: Exakt. Wobei professionell nicht der richtige Ausdruck ist…

Florian Breitsameter: Semiprofessionell.

Klaus N. Frick: Ja, genau. Die kriegen auch ein bisserl Geld dafür, aber wirklich minimal. Dafür werden die Romane auch gnadenlos redigiert.

Ulrich Bettermann: Die Fanstories, die ich bisher so gelesen habe, hatten hauptsächlich im sprachlichen Bereich Defizite. Die Geschichten selbst sind manchmal sehr gut, aber gerade sprachlich sind viele doch relativ einfach gehalten und stecken voller Trivialitäten.

Klaus N. Frick: Die Idee ist auch, daß wir auch einmal beispielsweise einen PERRY RHODAN-Autor solch ein Manuskript redigieren lassen. Ob das klappt ist eine andere Frage.

Ulrich Bettermann: Früher haben sich PERRY RHODAN-Autoren, wie Hanns Kneifel, hoffnungsfrohen Jungtalenten angenommen, und sie quasi privat betreut. Konrad Schaef hat dies beispielsweise erzählt.

Klaus N. Frick: Ja, das stimmt auch. Ich sehe in der FanZentrale eine ganze Reihe von Leuten, die durchaus talentiert sind, aber ich vermisse häufig die Bereitschaft professionell zu arbeiten. Fanautoren reagieren oft überempfindlich, wenn man ein Exposé für ein Taschenbuch ablehnt, oder man es wagt ein Manuskript abzulehnen und zu begründen warum man es ablehnt. Man bekommt dann dreiseitige Briefe, in denen der Fanautor erklärt: »Im PERRY RHODAN-Heft soundso ist doch auch das und das nicht richtig korrekt gelaufen.« So etwas finde ich halt unprofessionell.
Die heutigen Fanautoren haben ja fast alle einen Brotberuf, das sind richtige Liebhaberautoren. Und die haben‘s ja nicht nötig.

Florian Breitsameter: Die Autoren früher mußten eben publizieren, die mußten ja davon leben …

Klaus N. Frick: Genau. Also haben sie notfalls einen Roman mehrmals umgeschrieben, damit er gedruckt werden konnte. Und es ist nicht so, daß ich umschreibe um mich selbst zu bestätigen. Wenn etwas umgeschrieben wurde, steht ja nirgends, welche Passage von wem ist. Über allem steht der Name des Autors – und jeder Lektor, auch Hermann Ritter beispielsweise bei ATLAN oder Sabine Bretzinger, bemüht sich darum doch den Geist des Romans und den Stil des Autors beizubehalten und nicht seinen Stil draufzupacken.

Florian Breitsameter: Das ist ja auch eine beliebte Fehleinschätzung vieler Fans, dass ein berühmter SF-Autor, wie z.B. Isaac Asimov, sein Manuskript an den Verlag schickte, und dieses dann einfach so gedruckt wurde.

Klaus N. Frick: Ich glaube, das war noch nicht einmal bei Asimov der Fall …

Florian Breitsameter: Asimov schrieb ja selbst, daß viele gute Ideen vom Herausgeber stammten …

Klaus N. Frick: Die berühmten Ideen waren häufig von John W. Campbell. Aber sogar Heinrich Böll wurde redigiert, oder Dürrenmatt. Und da wurde massiv redigiert. Wir bei VPM hatten – kein schlechter Vergleich – zeitweise den Verlag Hestia als Tochter, und da wurde ein Konsalik-Roman herausgebracht. Und seit ich weiß, was die Redakteurin da an Arbeit hatte …

Ulrich Bettermann: … Der schreibt ja noch mit Schreibmaschine …

Klaus N. Frick: Ja, das war richtig harte Arbeit und es ist auch keine Herabwürdigung des Autors, wenn er das zugibt. Es ist ein wunderbar einfacher Prozeß einen Roman zu redigieren, oder zu bearbeiten oder mit dem Autor durchzusprechen. Es ist wirklich schwerer, ihn zu schreiben.

Ulrich Bettermann: Handelt es sich bei den eingehenden PERRY RHODAN-Manuskripten, mehr um eine Art ersten Entwurf (Gelächter) …, oder haben die Autoren den Roman tatsächlich zu Hause schon zwölfmal überarbeitet? Peter Terrid erzählte zum Beispiel von sich, dass er sich, wenn er schreibe, dabei in eine Art Rausch versetze. Und wenn er fertig sei, hätte er manchmal nicht mal mehr Lust, die Rechtschreibkorrektur drüberlaufen zu lassen.

Klaus N. Frick: Das hängt vom Naturell der Autoren ab. Also ich denke mir, Terrid ist da ein Sonderfall, mit seinen Tippfehlern, auf denen er selbst immer gern rumreitet … Das dabei aber immer wieder sehr spannende Romane rauskommen, tröstet mich über so manche Rechtschreibschwäche hinweg. Es gibt aber Autoren, die liefern Manuskripte ab, die nahezu perfekt sind und bei denen man nicht viel machen muß. Aber auch bei solchen Autoren gibt es oft Wiederholungen, und es gibt Peinlichkeiten, die nicht schlimm sind, die der Bearbeiter aber merken muß. Zum Beispiel, wenn jemand im TLD-Tower steht und zum Fenster rausschaut (Gelächter). In dem Fall macht dann halt der Redakteur aus dem Fenster einen Holoschirm, aus dem man dann die Illusion vermittelt es sei ein Fenster. Weil man muß ja schließlich sehen, dass zum Beispiel ein Raumschiff landet. Man kann dann nicht einfach alles umschmeißen.

Ulrich Bettermann: Gibt es konkrete Vorstellungen darüber, wie die Handlung ab Band 2000 weiter verlaufen wird?

Klaus N. Frick: Wir haben einige Eckpunkte jetzt schon ziemlich klar. Es gibt zwei Handlungsebenen, die jetzt schon vorbereitet werden. Wir werden wohl zwischen Band 1999 und 2000 keinen großen Zeitsprung machen. Das bedeutet vielleicht zwei oder drei Jahre, vielleicht auch fünf oder zehn Jahre, aber sicherlich nicht mehr.

Ulrich Bettermann: Werden wir uns von liebgewonnen Hauptpersonen trennen müssen?

Klaus N. Frick: Ist nicht geplant. Aber wenn morgen der Robert Feldhoff hier ist, kommt er gewöhnlich mit einem Stapel von Ideen an. Und wenn er beispielsweise eine brillante Idee mitbringt, oder wenn ich den Ernst Vlcek in vier Wochen in Wien besuche und er mich mit einer brillanten Idee überfällt, dann wird die halt gemacht.

Ulrich Bettermann: Wie der laufende Zyklus starr konstruiert oder können solche Ideen noch eingebaut werden?

Klaus N. Frick: Als wir den Thoregon-Zyklus konzipierten, hatten wir von ihm nur eine sehr, sehr grobe Vorstellung. Den Hintergrund des Zyklus‘ hatten wir 1995 in Wolfenbüttel konzipiert: Wir hatten uns über die »Brücke in die Unendlichkeit« Gedanken gemacht, über Kummerog und die anderen Dinge. Über Details, beispielsweise wie die Baolin-Nda aussehen, oder wie das Herrschaftssystem der Galornen funktioniert, hatten wir uns damals noch nicht nachgedacht.
Es war fixiert, daß es gibt sechs Völker geben sollte, wie das Grundkonzept aussieht und was in welcher Abfolge passieren muß. Die Heliotischen Bollwerke waren beispielsweise auch von Anfang an geplant. Es war auch von Beginn an klar, daß ein großer Widersacher auftreten muß. Jemand, der personifiziert werden muß. Ich fand es nämlich schlecht, daß in früheren Jahren der Widersacher anonym war, und damit kein richtiger Gegner war.

Ulrich Bettermann: … obwohl Shabazza ja auch mehr eine Person ist, die im Hintergrund agiert und von der nur ein unklares Bild vorhanden ist.

Klaus N. Frick: Okay, das war aber bei den Meistern der Insel auch so, insofern haben wir von denen auch kopiert. Damals war bis zum bitteren Ende unklar, wer Faktor I ist. Aber jeder wußte, daß die Meister der Insel die große Gefahr sind, und damit war die Gefahr personifiziert. Und diese Grundpflöcke haben wir bei der Vorarbeit zu Band 1800 eingeschlagen. Und wir haben uns dann peu a peu überlegt, welche Handlungsbögen wir einführen. Dann gibt es auch Sachen, die sich spielerisch ergeben. Zum Beispiel nannte Ernst Vlcek damals in dem legendären Goedda-Roman diese weiteren Plagen … die wurden von ihm einfach nur mit Namen fixiert. Und wir mußten die Namen mit Plagen füllen. Wobei der Ernst damals schon konkrete Vorstellungen hatte, aber eben nicht so konkret, dass wir wußten, wie Guan a Var aussehen.
Ideen entwickeln sich auch im Laufe der Zeit durch Vorschläge aus dem Autorenteam. Dass Alaska Saedelaere diese Haut bekommt beispielsweise, ist eine abgewandelte Arndt Ellmer-Idee. Der sagte uns damals, man müßte Alaska eine besondere Rolle zuweisen: Am besten wäre es natürlich, wenn er eine neue Maske bekommen würde, aber da das nicht ging, bekam er eben die Haut von Kummerog. Das war dann eine logische Entwicklung dieser Idee.

Ulrich Bettermann: Alaska wurde von dem Virtuellen Schiff sozusagen abberufen und ist auf Unbekannt verschwunden. Er wird sicherlich eines schönen Tages, wenn man ihn am dringendsten braucht, als Helfer in der Not wieder auftauchen, denke ich mal. Oder ist es geplant ihm eine eigene Handlungsebene zu geben, wo er noch Abenteuer erlebt?

Klaus N. Frick: Es wird demnächst ein Doppelband mit Alaska Saedelaere an Bord des Virtuellen Schiffes kommen. Wobei das, um nochmals auf vorhin zurückzukommen, ein Doppelband ist, von dem wir noch nicht so genau wissen, wer ihn schreiben soll. Da müssen wir noch überlegen … Es ist ein schönes Thema, der Peter Griese steht uns leider nicht mehr zur Verfügung, der den Alaska sehr schön mit Leben gefüllt hat, und so müssen wir uns überlegen, wem wir diesen Doppelband anbieten.

Ulrich Bettermann: Wollen denn alle Autoren weiterhin für PERRY RHODAN schreiben, oder haben einzelne angekündigt, sich eventuell in näherer oder fernerer Zukunft anderen Projekten zu widmen?

Klaus N. Frick: Kein einziger denkt an Ausstieg. Zumindest ist mir nichts davon bekannt (schmunzelnd).

Florian Breitsameter: Gehen wir doch mal ganz zurück. Wie bist Du überhaupt zu PERRY RHODAN gekommen? Wann hat Klein-Klaus das erste Perry-Heft gelesen?

Klaus N. Frick: Ich hatte ein paar Klassenkameraden die PERRY RHODAN lasen. Und ich weiß noch, diesen Roman gesehen zu haben, auf dem der Kelosker abgebildet ist, der durch den Nebel läuft. Ich glaub, das war Band 800-irgendwas. Das Heft fand ich vom Titelbild her gräßlich und fragte mich: »Wie kann man nur so einen Mist lesen?«. Aber es begab sich, dass ich einige Wochen später im Zeltlager war, mit eben diesen Freunden. Am ersten Abend schon hatte ich bereits das erste Buch ausgelesen, und ich Idiot hatte kein anderes dabei. (Lachen)
Und dann hat es genieselt, ich saß im Zelt, und hab dann angefangen ihre PERRY RHODAN-Hefte zu lesen. Ich dachte mir »Lese ich den Schmarrn halt mal«. Der erste Roman war »Finale für Twin« von H.G. Ewers. Da werden die 80.000 Akonenraumschiffe zerblastert und ich fand das damals brillant.

Ich habe nicht viel verstanden: Da war so ein Kleiner dabei, der hieß Gucky, und so ein Großer, der hieß Grek I. Ich hab eigentlich gar nicht so richtig geblickt, was da los war, aber es war schön spannend. Mich haben damals schon immer mehr die Menschen oder die Akonen interessiert, weil ich mit denen eher klarkam. Und dann war da Band 570 »Der metaphysische Krieg« – der zweite Roman, den ich gelesen habe. Da tauchte wieder dieser Gucky auf. Und da kam so ein komischer Großer, der hieß Icho Tolot, und da habe ich schon begriffen, dass es Umweltangepasste gibt und da habe ich meine Kumpels damals gefragt »Ja, ist der Icho Tolot auch so ein Umweltangepasster?« – »Ach ne, der hat doch vier Arme«. Die waren auch nicht so die richtigen PERRY RHODAN-Cracks. Und schließlich habe ich das dritte PERRY RHODAN-Heft gelesen, das war »Der Mann von Barkon« von Clark Darlton, und dann war ich erst so richtig durcheinander, denn damit war ich nämlich in den 800er Bänden. Ja, und dann habe ich mir bei dem einen Kumpel den Blues-Zyklus ausgeliehen.

Ulrich Bettermann: Hast Du eigentlich mittlerweile alle Hefte gelesen?

Klaus N. Frick: Ich schätze mal, daß ich zwanzig Hefte nicht gelesen habe, wahrscheinlich im Mechanica-Bereich zwischen Band 120 und 150. Ich habe mit dem Blues-Zyklus angefangen. Und dann habe ich begonnen, die 4. Auflage zu lesen. Damit habe ich etwa bei Heft 120 aufgehört. Darum vermute ich, daß mir diese Hefte fehlen. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, was da passiert ist. Ich habe natürlich den ZEITRAFFER von Michael Thiessen mittlerweile gelesen.

Ulrich Bettermann: Obwohl der ja nicht so flüssig zu lesen ist. Es steht zwar ne Menge drin, aber er ist nicht so einfach zu lesen.

Klaus N. Frick: Ich weiß natürlich Bescheid, was da passiert ist.

Florian Breitsameter: Wie ist das eigentlich bei der Konzeption eines neuen Zyklus? Kommen da auch Einflüsse aus den Büchern, die man gerade erst zuvor gelesen hat? Kannst Du z.B. sagen, »Ich habe Ideen aus den Büchern von Blabla bezogen«?

Klaus N. Frick: Ja, auf jeden Fall. Wobei das bei Florian (F. Marzin) noch viel schlimmer war, weil der noch viel belesener ist, als wir alle zusammen. Der sagte z.B. »Laßt uns doch mal was machen, wie z.B. Philip José Farmer im Roman Soundso« und alle saßen da, denn keiner kannte den Roman – außer Florian natürlich.
Es gibt sicherlich Beeinflussungen, beispielsweise durch Cyberpunk. Das hat man schon bei PERRY RHODAN gemerkt, auch wenn es ein bißchen spät erst kam. Ein aktueller Einfluss fällt mir aber im Moment nicht ein.

Florian Breitsameter: … aber beeinflusst wird man?

Klaus N. Frick: Natürlich. Man wird immer durch das beeinflusst, was man liest und was man auch sieht. Ich hatte kürzlich einen ganz klaren Einfluss … (überlegt). Demnächst wird ein Roman kommen, den Susan Schwartz geschrieben hat. Darin geht es um Vincent Garron und seine Begleiterin, das Bluesmädchen Tuyula Azyk. Da schimmert »Leon, der Profi« von Luc Besson durch.

Florian Breitsameter: Wie bist Du zum Fandom gekommen?

Klaus N. Frick: Ich war seit 1977 Perry-Leser. Und zwar richtig harter. Ich war im Sommer 1977 ein richtiger Hardcore-Fan und habe jeden Tag 10 Hefte gelesen. Damit hatte ich mir einen Überblick verschafft, und gegen Ende 77 erschien die vierte Auflage. Seitdem habe ich dann PERRY RHODAN regelmäßig verfolgt und alle vier Auflagen gekauft, ATLAN natürlich auch.
Schließlich kam ich auf die Idee – Kurzgeschichten hatte ich schon früher geschrieben – Science-Fiction-Kurzgeschichten zu schreiben. Und meine erste habe ich dann um 1978 geschrieben. Meine ersten Kurzgeschichten kamen dann in die Schülerzeitung, an der ich auch mitgearbeitet habe. Und mit einigen dieser Freunde von früher, haben wir dann 1979 den PERRY RHODAN FANCLUB GYS-VOOLBEERAH gegründet. Den Namen wählten wir deswegen, weil er so schön kompliziert war.
Und ich weiß noch, daß wir uns gegenseitig unsere Geschichten vorgelesen haben und ich ohne Ende vom MdI-Zyklus geklaut habe. Wir haben uns aus den PERRY RHODAN-Romanen unsere Geschichten zusammengeklaut. Und der Perry-Club hat sich so schnell aufgelöst, wie er sich gegründet hat. Irgendwann blieb ich allein übrig, habe dann aber immer treu und brav unseren Perry-Club nach vorn geschoben, und der hat dann irgendwann ein Fanzine namens SAGITTARIUS begonnen. Das war im Herbst 79, da hatte ich bereits einige Kontakte, einer der ersten Kontakte war ein gewisser Armin Möhle beispielsweise, der auch heute noch im Fandom aktiv ist …
Mich hat damals nach dem Abdruck der Kontaktadresse auch Peter Börnsen angeschrieben, und der Ulrich Hermann, der damals das Fanzine SOLIS ORBITA gemacht hat. Und das war das erste Fanzine, welches im Sommer 79 Geschichten von mir gedruckt hat. Und THEREN natürlich von Gerhard Börnsen – bevor wir uns verkracht haben.
Wie auch immer: Ich kam eben auf die Idee SAGITTARIUS zu machen. Damit fing ich dann Ende 79 an. Das erste SAGITTARIUS erschien im Februar 1980. Also eine typische Fan-Karriere.

Florian Breitsameter: Wann kam dann der erste Con?

Klaus N. Frick: Wir haben damals das »Club-Kontakt-Netz« gegründet, das CKN. Ich glaube da haben wir uns zum ersten Mal im Spätherbst 79 getroffen. Dann haben wir uns im Frühjahr 1980 getroffen, da habe ich dann Leute wie den Thomas Tilsner kennengelernt … Und im Sommer hatte ich dann meinen ersten Con, das war ein FOLLOW-Con. Ein richtiger Con in Konstanz.
Ja, und im Herbst kam dann der PERRY RHODAN-WeltCon in Mannheim. Das war mal so ein richtiger fetter Con … Ich weiß noch, daß kurz davor im PERRY RHODAN-Magazin meine Kurzgeschichte erschienen ist. Und dann habe ich auch den Ulrich Bettermann kennengelernt, der damals einen fiesen Pickel auf der Nase hatte, und überhaupt nicht so erwachsen aussah, obwohl er schon 18 war damals … Ich dachte, der muß da mordserwachsen aussehen, dabei war der gerade mal so groß wie ich. (Gelächter)
Ja, war schon sehr lustig. Da kurz zuvor meine Geschichte im PERRY RHODAN-Magazin gedruckt wurde gab es damals auch schon Fans, die Autogramme von mir haben wollten. »Ja, du stehst im Heft drin, schreib mir doch was rein …« Ich hab mir damals tierisch was drauf eingebildet mit 16 Jahren … Man sollte 16-jährige also nicht so hochpuschen…Ich war super-eingebildet, vor allem weil das schon über eine Agentur gelaufen ist … die Agentur Michael Nagula im Übrigen.
Im Nachhinein kann man natürlich über so was lachen, aber ich habe mich damals furchtbar ernst und wichtig genommen. Wie gesagt ist das wahrscheinlich alles typisch für Sechzehnjährige. Heute lache ich drüber.

Florian Breitsameter: Wie war damals die PERRY RHODAN-Szene?

Klaus N. Frick: Es gab damals schon den „Perry Rhodan Briefclub Bullys Schreibtisch (PRBCBS)“, und das war der einzige PERRY RHODAN-Club, der mehr als 5 Mitglieder hatte – glaube ich. Und da gab es natürlich PERRY RHODAN-Clubs, die auf dem Papier 20 Mitglieder hatten, von denen man aber immer nur den Clubleiter und 2, 3 andere Leute kennengelernt hat.

Ulrich Bettermann: Damals haben sich die PERRY RHODAN-Clubs ja auch mit sehr Vielem beschäftigt, aber kaum mit Perry. Das ist ja heute ganz anders. Viele Clubs besprechen heute ihren Perry, oder schreiben Artikel, geben Nachrichten aus Terrania heraus, oder was nicht alles. Das gab es früher alles gar nicht in dem Umfang.

Klaus N. Frick: Es gab beispielsweise den Thomas Geier aus Berlin, der auch immer mit „Großadministrator“ unterschrieben hat, mit seinem „Perry Rhodan Club Solarsystem“. Dann hat Peter Marx aus Vaihingen damals 1979/80 versucht den „Perry Club Deutschland e.V.“ zu gründen. Und es gab auch so Perry-Fanzines, aber es gab in der Tat keine PERRY RHODAN-Besprechungen. Das kam erst später auf.
Was damals hochkam, war ein neues Fandom. Das Fandom, das wir heute kennen, gibt’s erst seit Anfang der 80er Jahre. Weil in den 70er Jahren das Fandom durch diese Kriegereien im SFCD dermaßen den Bach runterging, daß unheimlich viele Leute aufgegeben haben und viele der fitten Leute Profis geworden sind. Wir waren damals völlig neu auf den Cons: Da liefen Heerscharen von Sechzehnjährigen herum. Also wir waren doch damals alle 16, 17 oder 18?

Ulrich Bettermann: Ja …

Klaus N. Frick: Da gab‘s keinen Dieter Sachse. Da gab‘s keinen Frick mit 34 und solche Leute. Und wenn doch, dann wurden die mit großen Augen angestiert. Die „Alten“ waren die Zwanzigjährigen. Wenn da einer bei der Bundeswehr war, dann war der richtig alt.

Florian Breitsameter: Wie kam der erste Kontakt mit VPM zustande?

Klaus N. Frick: Das war 1986. Wir haben damals versucht SAGITTARIUS professionell herauszugeben. 1985 hatten wir einen Verlag gegründet und SAGITTARIUS kam als Vierfarbausgabe heraus und wurde immer farbiger. Und damals sind Achim Reichrath und ich nach Rastatt gefahren. Achim war damals bei uns für das Marketing verantwortlich, das macht er auch heute noch hauptberuflich. Wir waren aus verschiedenen Gründen in Rastatt: Ich wollte mit Horst Hoffmann über ein Interview reden, Achim wollte mit Frau Ivanuś-König über eine erweiterte Zusammenarbeit und Öffentlichkeitsarbeit sprechen. Und er wollte vor allem mit dem Christian Reuter reden, der heute eine Werbeagentur betreibt, wie es mit Anzeigenschaltung aussieht. Bei allen Dreien waren wir erfolgreich.
Das Interview mit Horst Hofmann habe ich gemacht, wir haben Belegexemplare von Frau Ivanuś-König gekriegt, und Christian Reuter hat Armin zukünftig Anzeigen für SAGITTARIUS zur Verfügung gestellt. Aus dem Gespräch mit Frau Ivanuś-König, damals noch Frau Ivanuś, hat sich dann meine Zusammenarbeit mit dem Verlag entwickelt.
Für den Horst habe ich ab März 86 die Clubnachrichten gemacht, und für die Frau Ivanuś habe ich dann als Freier Mitarbeiter bei Kundenzeitschriften mitgearbeitet. Schließlich habe ich dann angefangen, den PERRY RHODAN-Weltcon mitzuorganisieren. Vom Frühsommer 86 bis Herbst 87 habe ich im Verlag auch als Public Relations Assistent gearbeitet.
Das ging damals so flott, denn sie meinte bei meinem zweiten Besuch, als ich meine Manuskripte ablieferte, »Wie sieht‘s aus, können sie eigentlich auch fest für mich arbeiten?« Ich habe damals noch für die Tageszeitung geschrieben …
Ich bin dann damals von Freudenstadt nach Rastatt gependelt, weil ich Rastatt noch langweiliger fand als Freudenstadt. Was ich übrigens auch heute noch sagen würde.

Florian Breitsameter: Clubnachrichten ist ein gutes Thema. 1986 warst Du ja noch fest in den Fanszene. Du hast die Leute gekannt und alles. Wie ist das jetzt heutzutage, bleibt da noch die Zeit alles so zu würdigen?

Klaus N. Frick: In Fanzines lese ich immer die Leserbriefe, Sachen die irgendwie persönlich sind, Vorwörter, Clubinterna, Krimskrams – was ich selten lese sind die Kurzgeschichten. Von denen lese ich den Anfang, dann merke ich meistens sehr schnell worauf es hinläuft und entscheide dann, ob ich sie weiterlese. Bei den Artikeln ist es ähnlich. Das heißt, wenn ich über ein Fanzine was schreibe, dann habe ich es auch gelesen. Also ich bespreche Fanzines nicht blind. Deswegen dauert es auch immer so lange, bis sie besprochen werden.

Ich finde es wirklich wichtig, daß es Fanzines gibt, ich finde es auch gut, daß Leute versuchen sich durch Fanzines auch selbst zu verwirklichen und sich auch selbst sozialisieren, indem sie ihre Kontakte knüpfen und sich zum Menschen entwickeln. Es ist auch sehr amüsant zu beobachten, wie sich Leute in der Fanszene verändern und entwickeln … schöne Beispiele ganz aktuell sind Leute wie der Sascha Hallaschka und der Olaf G. Hilscher, deren Werdegang ich jetzt auch seit 10, 12 Jahren mit großem Amüsement verfolge.

Ich fühle mich also der Fanszene immer noch verbunden, deswegen reagiere ich so empfindlich auf Kritik aus der Fanszene. Florian Marzin war der Fanszene keinen Millimeter verbunden. Es hat ihn nicht interessiert, was die schrieben. Außer sie haben ihn persönlich beleidigt, dann wurde er immer stinkig. Aber man hätte zehnmal schreiben können „Perry Rhodan ist der letzte Mist“, das hätte ihn nicht interessiert. Und ich rege mich auch auf, wenn ich der Meinung bin, daß wir ungerecht behandelt werden.

Mir geht’s manchmal echt auf den Senkel. Ich komme aus dem Fandom, ich bin jetzt seit sechs Jahren in dem Verlag, es hat noch nie eine Redaktion so mit dem Fandom zusammengearbeitet, es macht auch keine andere Verlagsredaktion auf der ganzen Welt …

Florian Breitsameter: … mittlerweile ja auch mit einem eigenen Stand auf der Buchmesse für die Fans …

Klaus N. Frick: Es kostet a) ein Schweinegeld, und b) kostet es auch eine Schweinezeit. Und dann lese ich Besprechungen, in den CN und anderen Blättern, da steht: »Da hat sich der Verlag wohl wieder nichts dabei gedacht«. Ja wer ist denn der Verlag? Der Verlag bin in dem Fall ich, verdammt noch mal. Warum kann man da nicht schreiben, »Da hat Klaus Scheiße gebaut …«
Wenn sie was wollen, sind sie scheißfreundlich, aber wenn sie etwas kritisieren ist es wieder der anonyme bösartige Verlag.

Ulrich Bettermann: Der SPIEGEL geht ja in einem Special soweit, zu behaupten, daß die Geschichten im Prinzip von den Lesern erdacht werden, weil die Leser halt soviel Einfluß darauf nehmen, wie selten irgendwo anders …

Klaus N. Frick: Das tun sie auch. Die Leute haben jahrelang geschrieben »Gebt uns die SOL zurück!«, und irgendwann haben wir uns erweichen lassen. Jetzt kommt sie halt wieder. Ob wir damit den Mythos zerstören, wie manche bemängeln können wir nicht beurteilen, das müssen die Leser beurteilen.

Man kann natürlich eine Serie wie PERRY RHODAN nicht demokratisch führen, das geht nicht. Man muß klare Entscheidungen fällen. Und letzten Endes, sagen wir das mal ganz brutal, halte ich meinen Kopf hin, ob die Serie gut oder schlecht läuft. Da frage ich mich manchmal »Warum kritisieren die Leute so blöd – ich würde doch nicht meinen Job kaputtmachen.« Weil ich sehr viel Herzblut in PERRY RHODAN investiert habe, ärgert mich auch diese Art »Der Verlag denkt sich wohl nichts dabei … wie blöd sind die im Verlag«.
Natürlich machen wir Fehler. Doch wenn wir, oder unsere Vorgänger, nicht soviel Herzblut reingesteckt hätten, gäbe es die Serie gar nicht mehr.

Ulrich Bettermann: Schwankt die Auflage bei bestimmten Themen, oder bestimmten Covern, oder hat das alles keinen Einfluß?

Klaus N. Frick: Es hat, glaube ich, Einfluß. Es gibt große und kleine Bögen über das Jahr hinweg. Die ganz kleine Zackenlinie ist die wöchentliche Schwankung, die schwankt wöchentlich – ich nehme jetzt mal eine Hausnummer – zwischen zwei- und dreitausend Heften. Das sind wahrscheinlich Leute, die am Kiosk ab und an mal ein Heft kaufen. Das ist einfach eine durchgehende Schwankung. Wir haben trotzdem übers Jahr hinweg eine Kurve, die halt bei Jubelbänden irrsinnig hochgeht. Von denen verkaufen wir richtig fett mehr, und dann geht’s aber natürlich sofort wieder runter, aber auf ein höheres Level als vorher. Und dann geht’s wieder los mit der Pendelei und es pendelt sich natürlich auch wieder runter, weil viele Leute, die bei einem Jubelband einsteigen, nach 5, 6 Bänden einfach den Atem verlieren. Ja, ist einfach so.
Im Dscherro-Handlungsabschnitt ist uns die Auflage eingebrochen, nicht schlimm – um Gotteswillen! – aber da ist diese Zicken-Zacken-Kurve nach unten gegangen, bis diese Handlungsebene vorbei war. Die Leute haben also ganz klar gesagt, wir wollen diesen Dscherro-Abschnitt nicht lesen. Das war nicht schlimm, lediglich im Bereich von einem Prozent, aber es war deutlich spürbar. Die Titelbilder waren damals auch nicht optimal, auch deswegen haben wir verloren. Wir können das insofern ziemlich genau messen.

Florian Breitsameter: Aber das ist doch zu spät, um noch darauf zu reagieren?

Klaus N. Frick: Aber man weiß es künftig. Ein Beispiel war der Hammamesch-Zyklus. In dem haben wir bis zu den Heften 69-71 verloren. Die markieren den Wendepunkt des Zyklus, da haben die Leser gemerkt, »Moment mal, da steckt was dahinter«. Und das ist der Punkt, wo ich sage, daß es eine Lese-Blatt-Bindung rückkoppelnd gibt. Die Leser reden sehr wohl miteinander. Die sagen sich »Jetzt kannst wieder lesen, jetzt wird’s besser.«

Was es auf jeden Fall gibt, sind Gelegenheitsleser, die am Kiosk nach Zufall, Lust und Laune und Titelbild Romane kaufen.

Ulrich Bettermann: Denen ist aber schon klar, daß das eine fortlaufende Geschichte ist …?

Klaus N. Frick: Das ist denen egal, die wollen sich unterhalten.

Florian Breitsameter: Ich denke, es gibt viele Leser, die das Heft lesen und dann …

Klaus N. Frick: … wegschmeißen.

Florian Breitsameter: Die lesen beim nächsten Mal die Handlungszusammenfassung …

Klaus N. Frick: Die lesen beim nächsten Mal eventuell auch einen John Sinclair. Deswegen müssen die Titelbilder auch ganz klare Science-Fiction-Themen transportieren, deswegen müssen die Titelbilder meinetwegen für die Hardcorefans etwas trivial sein, aber die Titelbilder müssen eindeutige Science Fiction Motive tragen.

Ulrich Bettermann: Kann man nicht mal den „Hauptpersonen des Romans“-Kasten weglassen?

Klaus N. Frick: Das machen wir ja gerade bei ATLAN. Ich glaube nicht, daß ich das bei PERRY RHODAN machen kann, ich glaube, ich würde gekreuzigt werden.

Florian Breitsameter: Wer macht eigentlich diese sinnlosen Texte?

Klaus N. Frick: Ich. (Gelächter) Manchmal mach ich Witze rein. »Auch Reginald Bull hat ein Problem.« Kommissar X-Kästen mußten immer einen Touch Ironie tragen, das kann man bei Rhodan natürlich nicht machen, weil für die meisten Leser PERRY RHODAN eine sehr ernsthafte Sache ist.

Florian Breitsameter: Besonders das Handlungsträger-Kästchen …

Klaus N. Frick: Ja, das ist für viele Leser sehr, sehr wichtig. Und deswegen habe ich mich gefreut, daß es einmal ein Kästchen mit zwei Personen, und gleich danach eins mit sechs Personen zu machen gab.

Florian Breitsameter: Liest Du auch Heftromane aus anderen Verlagen?

Klaus N. Frick: Zuwenig. Ich habe versucht UFO-Akten zu lesen.

Ulrich Bettermann: Wie so viele von uns.

Klaus N. Frick: Ich hab‘s dann aufgegeben, weil dann zu schnell klar war, worauf die Serie hinausläuft, hab mir dann ab und zu einen Band geholt und reingeschaut, aber die Reihe hat mich nicht so gereizt. VAMPIRA … soll gut sein, interessiert mich aber keinen Millimeter mehr, da habe ich nämlich auch die ersten zehn Hefte gelesen, aber soll ja besser sein … aber da fehlt mir dann doch die Zeit. Ich soll zwar ab und zu mal reinschauen, um neue Autoren zu entdecken, aber dazu habe ich gerade nicht die Zeit.


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