Kurz vor Ende der Veranstaltung verkündete Sascha Mamczak dann doch noch, dass er den neuen Roman, aus dem John Scalzi gerade gelesen hatte, auch ankaufen würde. Noch zu Beginn der Lesung hatte sich der Redakteur für Science Fiction beim Heyne-Verlag noch etwas geziert hier eine Zusage zu machen, aber die Reaktion des Publikums auf die Lesung eines Kapitels aus dem kommenden Roman »Redshirts: A Novel with Three Codas« war sehr deutlich ausgefallen – der Saal tobte vor Lachen. Es ist abzusehen, dass auch der nächste Roman des Amerikaners Scalzi ein sicherer Erfolg für Autor und Verlag werden wird.
Dabei dauerte es durchaus ein paar Jahre, bis John Scalzi seinen ersten Science-Fiction-Roman an einen Verlag verkaufen konnte. Bereits 1999 bot John Scalzi seinen damals ersten Roman »Agent to the Stars« als kostenlosen Download an, da kein Verlag Interesse an dem Manuskript gezeigt hatte. Es dauerte dann allerdings doch noch sechs Jahre, bis John Scalzi eine überarbeitete Fassung des Romans bei einem amerikanischen Verlag unterbringen konnte (die dt. Ausgabe folgte im Januar 2010 unter dem Titel »Agent der Sterne«). Seinen ersten großen Erfolg feierte John Scalzi allerdings mit seinem Roman »Old Man’s War« (dt. »Krieg der Klone«) aus dem Jahr 2005, in dem er ein mitreißendes und süffig erzähltes Science-Fiction-Abenteuer schildert, das in seiner Leichtigkeit an Robert A. Heinlein erinnert. Da der Roman eine Nominierung für den HUGO-Award erhielt und sich sehr erfolgreich verkaufte, folgten ihm mittlerweile drei Fortsetzungen. Von nun an widmete sich Scalzi außerdem hauptberuflich dem Schreiben. Mit seiner Frau und seiner Tochter lebt der 1969 geborene Autor in Ohio.
Im Rahmen einer vom US-Außenministerium und dem Wilhelm-Heyne-Verlag organisierten Deutschlandrundreise hielt John Scalzi nun Lesungen in Frankfurt, Saarbrücken, Stuttgart, Tübingen, Freiburg und München ab.
Zurück zum kleinen Fuzzy
Im Amerika-Haus in München hatten sich an dem kalten und nebligen Freitagabend im Oktober etwa 40 Besucher versammelt um den Science-Fiction-Autor zu erleben, der von sich selbst sagt, dass seine großen Vorbilder Robert A. Heinlein und H. Beam Piper sind. Verwunderlich erscheint das nicht, denn in »Old Man’s War« war deutlich der Einfluss von Heinlein und die Beeinflussung durch den Roman »Starship Troopers« zu spüren (ein Einfluss, der sich im zweiten und dritten Roman der Reihe dann fast ins Gegenteil umkehrte). Und zum anderen beruht das gerade auf deutsch neu erschienene Taschenbuch »Der wilde Planet«, das Scalzi zusammen mit Sascha Mamczak vom Heyne-Verlag vorstellte, auf dem Roman »Little Fuzzy« von H. Beam Piper. »Fuzzy Nation«, so der Originaltitel von John Scalzis Version, ist allerdings keine Fortsetzung dieses Romans, sondern eine Art »Reimagination« wie es Scalzi nannte. So wie J.J. Abrams mit dem Kinofilm »Star Trek« die Chance bekam eine neue, aktualisierte und moderne Version des Raumschiff Enterprise zu verfilmen, so wollte Scalzi diesen Roman von H. Beamer Piper als Vorbild nehmen und eine aktualisierte Fassung schreiben. Und es machte ihm sehr viel Spaß, wie er zugab – »In nur drei Monaten war der Roman fertig. Danach musste ich nur noch meinem Agenten klarmachen, was ich da eigentlich geschrieben hatte.«
Mit viel Schwung und Elan las im Anschluss Schauspieler Alexander Meile aus »Der wilde Planet« und das Publikum erlebte eine kleine Episode, in der die Hauptfigur Jack Holloway zu seinem Haus heimkehrt und dort erstmals auf einen Fuzzy trifft. Amüsant war dies dabei deutlich spürbar nicht nur für die deutschen Zuhörer, sondern auch für den Autor, der zwar wahrscheinlich nur wenig des Gesprochenen verstand, aber trotzdem die Lesung anhand seiner Originalfassung auf seinem E-Book-Reader verfolgte und andächtig lauschte, wie Meile mit seinen Worten den »wilden Planeten« lebendig werden ließ.
Rote Hemden und bargovianische Landwürmer
»For copyright reasons it’s a totally different universe«, betonte Scalzi bevor er selbst bei der zweiten Lesung des Abend einen Auszug aus seinem bislang noch nicht erschienen Roman »Redshirts: A Novel with Three Codas« vortrug. Dabei war es allein aufgrund des Titels nicht allen im Publikum klar, wie eine kurze Nachfrage zeigte, wovon der Roman handeln würde und was dieser Hinweis sollte. »Wenn James T. Kirk, Spock und ein namenloses Besatzungsmitglied in roter Uniform auf einen Planeten herunterbeamen und in Gefahr geraten – wer wird dieser dann wahrscheinlich zum Opfer fallen?«. Natürlich der Typ im roten Uniformhemd, dem so genannten »red shirt«. In Scalzis Geschichte trägt ein junger Fähnrich diese Uniform und als der Landetrupp von bargovianischen Landwürmern angegriffen wird, wird ihm klar, dass sein Überleben in Gefahr ist…
Wie John Scalzi selbst betonte: natürlich spielt der Roman nicht im Star-Trek-Universum. Und natürlich sind alle Ähnlichkeiten zur Fernsehserie rein zufällig. Aber das Publikum hatte seinen Spaß und verstand alle Anspielungen. Nebenbei: »Redshirts: A Novel with Three Codas« erscheint im Juni 2012 bei Tor Books in den USA.
Die Sache mit dem Humor
Eine Dame aus dem Publikum wollte wissen, warum der Verlag nicht deutlicher darauf hinweise, dass die Romane oftmals voller Satire und Humor stecken würden. »Dont tell them there’s humor in it«, bat John Scalzi jedoch sofort – mit den Raumschiffen (»Spaceship and Lasers«) auf den Titelbildern sei er bislang sehr gut gefahren. Offensichtlich habe das Lesevolk mittlerweile ein Problem damit, wenn der Verlag einen Roman als humoristisch bewerben würde, was auch daran liegen würde, dass nach dem großen Erfolg der Anhalter-Romane von Douglas Adams zu viele SF-Bücher als beworben worden seien, die nichts getaugt hätten.
Dabei gestand John Scalzi auch, dass er in der Tat mit einer Fortsetzung des Romans »The Android’s Dream« (dt.: »Androidenträume«) begonnen habe, aber dann schnell feststellte, dass die Geschichte nichts taugte: denn da der erste Roman damit geendet hatte, dass die Freundin des Helden die reichste Frau der Welt geworden war und sein Freund ein mächtiger und allwissender Computer, gab es eigentlich nichts spannendes und neues mehr zu erzählen.
Hollywood ruft!
Mit Hollywood verbindet den in Kalifornien aufgewachsenen Autor eine ganz besondere Beziehung, wie er auf die Frage nach seinem liebsten Film ausführte. Ab 1991 arbeitete John Scalzi als Filmkritiker und besuchte dazu nicht nur unzählige Pressevorführungen, sondern er traf dabei selbstverständlich auch viele Schauspieler. »Some Hollywood stars are nice, some are dumber than rocks«, war denn auch sein Kommentar zu diesen Begegnungen. Seine Lieblingsfilme im SF-Genre sind übrigens »Aliens«, »Metropolis«, »Blade Runner« und die alte »Krieg der Sterne«-Trilogie. Wobei John Scalzi klarstellte, dass er eben Autor sei: »I write novels. I don’t make films«, und er dies auch vor ein paar Jahren bei den Verhandlungen über den Verkauf der Filmrechte zu »Old Man’s War« zu Wolfgang Petersen gesagt habe. Natürlich sei es nötig, für eine Verfilmung das eine oder andere zu ändern – und solange am Ende ein dicker Scheck für ihn dabei rauskommen würde und im Idealfall auch noch ein guter Film, dann wäre das auch völlig okay.
Die Macher der Serie »Stargate: Atlantis« hätten bei ihm allerdings damals angefragt, ob er Lust hätte auch Drehbücher für die Fernsehserie zu schreiben. Aber John Scalzi lehnte ab, nur um dann später wissenschaftlicher Berater bei der mittlerweile eingestellten Nachfolgeserie »Stargate Universe« zu werden. Seine Aufgabe sei einfach gewesen: »I told them what was wrong with there scripts«, so Scalzi. Dabei habe er in der zweiten Episode sogar einen ganzen Planeten verschoben und eine gelbe Sonne in einen Roten Riesen verwandelt, weil ansonsten astronomischer Unsinn herausgekommen wäre. Voller Stolz resümierte er deshalb über seine Arbeit für MGM: »I MOVE PLANETS! Im so proud of it!«.
Seine Rundreise durch Deutschland, die mit dem Abend in München ihren Abschluss fand, brachte Scalzi eine unerwartete Erkenntnis ein: »People live here in buildings much older than my country«. Der Anblick der uralten Fachwerkhäuser in Tübingen, die bewohnt sind und genutzt werden, war selbst für einen Science-Fiction-Autor ein unerwartetes Erlebnis. So ist eben die Welt der Science Fiction.
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Toller Autor und immer ein Buch lesenswert!
Krieg der Klone war grandios.
Habe jetzt „Die Geisterbrigade“ schon hier liegen und werde sie demnächst anfangen zu lesen. Soll ja wirklich im krassen Gegensatz zum ersten teil stehen. Ich lasse mich überraschen…