Filmkritik: »Ant-Man« (2015) ‒ Der mit den Ameisen tanzt

Kinoposter Ant-ManInhalt: Im neuen Abenteuer aus dem Marvel-Film-Universum schlüpft der Dieb Scott Lang (Paul Rudd) in die Rolle des Superhelden Ant-Man. Nachdem Dr. Hank Pym (Michael Douglas) es ihm ermöglicht, nach Belieben zu schrumpfen und dabei gleichzeitig an Kraft und Stärke zulegen zu können, muss Scott Lang nur noch den Helden, der in ihm steckt, finden. Erst dann kann er Hank Pym dabei helfen, das Geheimnis hinter dessen spektakulärem Ant-Man-Anzug vor neuen gewaltigen Bedrohungen zu schützen. Obwohl die beiden Männer mit scheinbar unüberwindbaren Hindernissen konfrontiert werden, müssen Pym und Lang einen Raubzug planen und durchführen, um die Welt vor großen Gefahren zu bewahren.

Für die Marvel-Studios war »Ant-Man« sicher nicht das unkomplizierteste Filmprojekt. Seit 2006 war von einer geplanten Verfilmung zu hören, aber es dauerte sehr lange, bis Marvel nun endlich den Film über den Superhelden, der auf die Größe einer Ameise schrumpfen kann, ins Kino bringen konnte.

Noch im Frühjahr 2014 war der Brite Edgar Wright (Three Flavours Cornetto Trilogy, »Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt«) als Regisseur am Projekt tätig, aber kurz vor Beginn der geplanten Dreharbeiten schied er aufgrund »kreativer Differenzen« aus und wurde durch Peyton Reed (»Trennung mit Hindernissen«, »Der Ja-Sager«) ersetzt – außerdem gab es noch einmal Anpassungen am Drehbuch durch Adam McKay und Paul Rudd.

Trotzdem hat Edgar Wright den Film wie er jetzt ins Kino kommt sicherlich ganz entscheidend geprägt. Bereits vor 12 Jahren (!) schrieben er und Joe Cornish für den damaligen Rechteinhaber Artisan Films einen Entwurf für eine Ant-Man-Verfilmung, in der bereits Scott Lang statt Hank Pym im Vordergrund stehen sollte. Artisan war damals aber nicht sehr begeistert von der Idee, aber als die Marvel Studios die Rechte an der Figur Ant-Man übernahmen, schickten die beiden ihr Konzept auch an Kevin Feige, der sie schließlich beauftragte ein komplettes Drehbuch zu entwickeln. 2006 kündigte Kevin Feige dann erstmalig eine Verfilmung an und Edgar Wright wurde als Regisseur verpflichtet. Sowohl für die Besetzung von Michael Douglas als Hank Pym, als auch für die von Paul Rudd als Scott Lang war noch Edgar Wright verantwortlich. Zwar erwähnt das Presseheft zum fertigen Film den Namen Edgar Wright kaum noch, aber Paul Rudd sagte in einem Interview »Die Grundidee, die grobe Handlung und so, das stammt alles von Edgar und Joe. Es ist immer noch ihre Geschichte. Wir haben einige Szenen verändert, andere hinzugefügt, und einige Figuren angepasst und andere ergänzt.«


Trotzdem bleibt natürlich die Frage, ob man als Zuschauer noch merkt, dass Edgar Wright hier beteiligt war. Mein Gefühl dazu: Ja, bei manchen Szenen und ein paar Figuren fühlt man sich doch an Filme wie »Hot Fuzz« oder »World’s End« erinnert.

Wer nun glaubt, dass der kurzfristige Wechsel des Regisseurs dem Film geschadet hat und Marvel hier einen Flop hingelegt hat, der täuscht sich aber gewaltig. Ganz ehrlich: Ant-Man ist sicher nicht der komplexeste aller Marvel-Superhelden-Filme, aber er hat gute Schauspieler und knallige Action zu bieten, aber vor allem auch viel subtilen und manchmal auch weniger feinsinnigen Humor und eine Geschichte mit Herz. Wer nun im Detail dafür verantwortlich, das ist – wie gesagt « nicht mehr zu klären, aber »Ant-Man« punktet dadurch, dass hier eine relativ simple Handlung elegant und mit viel Liebe zum Detail erzählt wird. Scott Lang ist hier so eine Art moderner Robin Hood, der nur deshalb zum Gauner wurde, weil er Gutes tun wollte, und dafür nun sogar von seinem Chef in der Burgerbude zwar gelobt, aber als Ex-Knacki trotzdem gefeuert wird. Sein einziger Freund ist sein früherer Zellengenossen Luis (Michael Peña), der zwar ein lausiger Gauner ist, aber das Herz am rechten Fleck hat. Ein echter Kumpel, der auch mal »It’s a small world« von Disney vor sich her pfeift und alles immer irgendwie über fünf Ecken erfahren hat (was ziemlich genial umgesetzt ist, weil man zwar die anderen Figuren sieht, aber immer nur Luis sprechen hört).

Marvel's Ant-Man Scott Lang/Ant-Man (Paul Rudd)  Photo Credit: Film Frame © Marvel 2015
Marvel’s Ant-Man
Scott Lang/Ant-Man (Paul Rudd)
Photo Credit: Film Frame
© Marvel 2015

»Ant-Man« schließt Phase 2 im Marvelschen Filmuniversum ab und leitet ganz dezent auf das nächste Großereignis »Captain America: Civil War« über. So erzählt Hank Pym ganz einfach, dass er Tony Stark nicht traut und die Avenger deshalb lieber nicht mit in die Sache ziehen würde (was letztlich nicht so ganz gelingt). Denn es geht darum – der Trailer erzählt es schon – zu verhindern, dass die Fähigkeit zum Verkleinern in Form des Yellowjacket-Anzugs in die falschen Hände gelangt. Und dazu ist ein Einbruch nötig.

Die Hälfte des Films handelt deshalb in Topkapi-Manier vom perfekt geplanten Einbruch in Pyms ehemaliger Firma – gefolgt von einem großen Kampf zwischen Ant-Man und Yellowjacket. Und dieser Kampf bietet lustigerweise interessantere Action als der deutlich »größere« Film »Avengers: Age of Ultron«, denn er wird auf höchst absurde Weise geführt: in einem Kinderzimmer mit einer Spielzeugeisenbahn und in Groß und Klein und sogar in einem Aktenkoffer (was zu einem echten Gänsehaut-Moment führt, als Yelllowjacket »I’m going to disintegrate you!« brüllt und das ebenfalls im Koffer herumfliegende Smartphone stattdessen » Play ‘Disintegration’ by The Cure« versteht und plötzlich der erste Track »Plainsong« lautstark anfängt zu spielen).

Marvel's Ant-Man Ant-Man/Scott Lang (Paul Rudd)  Photo Credit: Film Frame © Marvel 2015
Marvel’s Ant-Man
Ant-Man/Scott Lang (Paul Rudd)
Photo Credit: Film Frame
© Marvel 2015

Im Marvel-Comic-Universum ist Hank Pym, alias Ant-Man, einer der Mitbegründer der Rächer, wie die Avenger in den deutschen Ausgaben der Comics heißen, und der Entwickler einer Substanz, die es ihm erlaubt zeitweise seine Größe zu ändern. So wird es zuerst zum winzigen Superhelden Ant-Man, der mit Hilfe eines speziellen Helms auch eine Armee aus Ameisen befehligen kann. Später wird er auch zum gigantischen Giant-Man und dann wiederum zu Yellow-Jacket. Im Kinofilm spielt Michael Douglas (69) allerdings einen gealterten Hank Pym, als Ant-Man ist hier Paul Rudd (»Immer Ärger mit 40«, »Trauzeuge gesucht!«) als Scott Lang zu sehen sein (im Comic-Universum war Scott Lang nach Hank Pym dann erst der zweite Ant-Man). Und ihr Gegner im Film ist Darren Cross, ein früherer Mitarbeiter von Hank Pym, der nach dessen Rückzug nur noch das Ziel hatte, hinter das Geheimnis der Pym-Partikel und damit der Verkleinerung zu kommen.

Scott Lang ist also als Ant-Man tatsächlich nur ein Typ, der den speziellen Anzug trägt – er ist weder das Genie, noch der beste Kämpfer. Er ist einfach nur derjenige, der mit dem Anzug das Richtige tun soll – nachdem er verstanden hat, wie man ihn richtig bedient (was seine Tücken hat) und wie man Ameisen als seine Helferlein einsetzen kann. Aber er wird als Ant-Man schließlich so gut, dass sogar die Avenger auf ihn aufmerksam werden.

Und »Ant-Man« setzt deshalb die Erfolgsgeschichte der Marvel-Superhelden im Kino fort – mit einem guten, witzigen Film.