Filmkritik: »Minority Report« (2002)

Die Kombination klang vielversprechend: Eine Kurzgeschichte von Philip K. Dick, Steven Spielberg als Regisseur und Tom Cruise in der Hauptrolle – was sollte da schon schiefgehen? Immerhin versprach auch der optisch überwältigende Trailer Spannung und Klasse. 

Die Anfänge der Story sind schnell umrissen: Im Jahr 2054 existiert in Washington D.C. eine Polizei-Einheit, die Verbrechen verhindert, bevor sie geschehen. Die Abteilung Precrime bedient sich zu diesem Zweck dreier Precogs, mutierter Menschen, die im Traum Morde vorhersehen können. Dabei können sie zwar die Uhrzeit sowie Täter und Opfer der Verbrechen nennen, den Ort müssen die Polizisten allerdings anhand der Traumbilder noch ermitteln.

Im Parlament steht die Abstimmung darüber bevor, ob die Abteilung Precrime auf die gesamten USA ausgedehnt werden soll. Deshalb entsendet der Generalstaatsanwalt seinen Ermittler Danny Witwer (wunderschön zwielichtig: Colin Farrell), um das System und die Vorgehensweisen der Abteilung zu überprüfen. Gerade als Detective John Anderton (Tom Cruise), seit dem Verschwinden seines Sohnes vor sechs Jahren ein großer Verfechter der Precrime-Methode, selbst einen Fehler im System entdeckt zu haben glaubt, sehen die Precogs voraus, daß er einen Mord begehen wird. Anderton, der überzeugt ist, daß es sich um einen Irrtum handelt oder ihn jemand hereinlegen will, muß nun nicht nur vor seinen ehemaligen Kollegen fliehen, sondern außerdem noch versuchen, seine Unschuld zu beweisen.

Bis auf einige Aussetzer (wie will man beispielsweise mit nur drei Precogs, deren Wahrnehmungsbereich räumlich begrenzt ist, die Precrime-Einheit auf die gesamten Vereinigten Staaten ausdehnen?) ist die Handlung des Films einigermaßen logisch und weist sogar einige interessante Wendungen auf. Alles andere an „Minority Report“ glänzt vor allem durch Inkonsistenz. Angeblich soll Spielberg ja eine ganze Reihe von Beratern beschäftigt haben, um Details für das Leben im Jahr 2054 auszuarbeiten. Resultat: ein einziges Kuddelmuddel, in dem keine Idee zur anderen paßt.

Schon in den ersten Minuten des Films stört die seltsame Mischung aus Virtual Reality, High-Tech und primitiven Elementen im Baumarkt-Stil: Der riesige Bildschirm, an dem die Ermittler mit Hilfe von speziellen Handschuhen einzelne Traumbilder und -sequenzen der Precogs analysieren und bewegen können, weist ziemlich billig aussehende Metallrahmen und -halterungen auf. Zudem müssen die Ermittler ständig völlig überdimensionierte Speicherplatten umstecken – als ob alles, was bereits heute an Vernetzung möglich ist, an Spielberg spurlos vorübergegangen wäre. Das Ganze wirkt in etwa so, als würde man Magnetbänder zusammen mit einem High-End-PC verwenden. Noch peinlicher ist allerdings die Maschine, die die Namen von Täter und Opfer ausspuckt: Nicht nur, daß sie optisch an die Ziehung der Lottozahlen erinnert, nein, die Namen werden auch noch in Holzkugeln eingraviert, die dann klappernd aus dem Schacht fallen!

Auch sonst kann der Film – im Gegensatz zur Vorschau, die an »A.I.« erinnerte und, wenn schon sonst nichts, so doch zumindest einen Augenschmaus versprach – nicht überzeugen. Es finden zu viele Wechsel zwischen kühler, bläulich eingefärbter Stadtatmosphäre und idyllischem Landleben statt, als daß der Film noch eine optische Einheit darstellen könnte. In dieser Hinsicht kann »Minority Report« dem ebenfalls auf einer Geschichte von Philip K. Dick basierenden »Blade Runner« nicht das Wasser reichen. Und selbst die Spezialeffekte lassen teilweise zu wünschen übrig: in mehreren Szenen rührt sich bei den gefährlichsten Manövern und im stärksten Wind auf Tom Cruises Haupt kein Haar. Und das liegt vermutlich nicht an Drei-Wetter-Taft – das wäre nämlich im sonstigen Product-Placement-Overkill mit Sicherheit erwähnt worden.

Vollkommen unschlüssig scheint sich Spielberg in Bezug auf das Genre seines Films zu sein: Soll „Minority Report“ nun lustig, gruslig oder einfach nur melodramatisch-kitschig sein? So hat der Film von allem ein bißchen etwas und stellt infolgedessen nichts wirklich dar. Unpassende Slapstick-Einlagen wechseln mit schwülstiger Melodramatik und die durchaus vorhandenen spannenden und düsteren Szenen können den Film, der nicht nur zu lang, sondern über Strecken auch zu langweilig ist, nicht mehr retten. Zusätzlich geht einem die überladene Filmmusik von John Williams schon nach fünf Minuten auf die Nerven, was sich im Laufe des Films auch leider nicht mehr ändert. Lediglich über die schauspielerischen Leistungen gibt es nichts zu meckern, aber das ist auch wirklich alles.

Fazit: Nervtötend, die wenigen Highlights können den Film nicht retten.

© Elisabeth Meister (Text), 20th Century Fox (Bild)