»I’m old but not obsolete« entgegnet der gealterte T-800 einem jungen Kyle Reese zu Beginn von TERMINATOR: GENISYS. Ob diese Aussage auch auf den 5. Teil des – vor mittlerweile 31 Jahren gestarteten – Franchise zutrifft, kann man in dieser Eindeutigkeit leider nicht sagen.
Im Jahr 2029 ist die Resistance unter der Führung von John Connor dabei, den Kampf gegen Skynet zu gewinnen, deshalb schickt die Künstliche Intelligenz einen Terminator der Serie T-800 zurück ins Jahr 1984 um Sarah Connor – Johns Mutter – zu töten. Der Widerstand schickt den Soldaten Kyle Reese hinterher, um sie zu beschützen und in weiterer Folge den menschlichen Sieg über die Maschinen zu gewährleisten. Soweit so gut und auch bekannt möchte man meinen, doch ist das Jahr 1984 nicht das, dass der Zuschauer und Kyle Reese glauben vorzufinden. Wir treffen auf eine kämpferische Sarah Connor, die über die Zukunft bestens informiert ist, diverse Androiden wie den T-800 oder den T-1000 und machen eine Zeitreise vom alternativen 1984 ins ebenso alternative Jahr 2017.
Am Regiesessel landete diesmal Alan Taylor, dessen Werk seit den frühen 1990er Jahren neben mehreren Arthouse Kinoproduktionen, vor allem erfolgreiche TV-Serien wie DIE SOPRANOS, SEX AND THE CITY, LOST oder zuletzt GAMES OF THRONES umfasst. Seinen großen Durchbruch in Hollywood hatte er als Verantwortlicher für THOR – THE DARK KINGDOM. Inwieweit Vetternwirtschaft dafür verantwortlich war, dass Darstellerin Emilia Clarke, ständiges Ensemblemitglied bei GAMES OF THRONES, den Zuschlag für die weibliche Hauptrolle erhielt, sei dahingestellt, eine unkluge Entscheidung war es auf alle Fälle.
Das liegt möglicherweise gar nicht so sehr an ihren schauspielerischen Fähigkeiten sondern zum einen daran, dass ihr Filmcharakter mehr wie eine Kopie von Katniss Everdeen aus THE HUNGER GAMES wirkt, zum anderen an ihrem jugendlichen Aussehen, was durchaus gewollt einer potentiellen jugendlichen Zielgruppe geschuldet sein kann. Hat man bei Linda Hamilton das Gefühl, dass man einer erwachsene Frau beim Überlebenskampf zusieht, so wirkt Clarke mit ihren perfekten Zähnen, ihrer glatten Haut und dem dezenten Makeup mehr wie ein Teenager, der mit der Knarre umgehen kann. Bei den romantischen Szenen mit Kyle Reese (Jai Courtney) wähnt man sich mitunter gar in einer Young-Adult Verfilmung.
Jai Courtney als Nachfolger von Michael Biehn wurde einem breiten Publikum in der 1. Staffel der TV-Serie SPARTACUS – BLOOD AND HONOUR (2011) und Rollen in UNBROKEN (2014) oder zuletzt in DIE BESTIMMUNG – INSURGENT (2015) bekannt. Courtney hat im Grunde das gleiche Problem wie Emilia Clarke; ein zu perfektes Aussehen, zu gut sitzende Haare und schauspielerisch wabert das Ganze an der Oberfläche herum. Einen verzweifelten Soldaten, der die Menschheit und seine Liebe retten will, nimmt man diesem Kyle nicht ab. Wo ist der Dreck im Gesicht, wo sind die Augenringe, die Verzweiflung? Was Courtney mehr an Muckis hat, machte Michael Biehn mit Charisma und glaubwürdigem Schauspiel locker wett. Man freut sich dann schon fast über Jason Clarke als John Connor, der nicht nur einen überzeugenden Kriegshelden abgibt, sondern später auch äußerst charismatisch, einen listigen Mitarbeiter von Cyberdyne-Systems mimt. Arnold Schwarzenegger mutiert im Alter mehr und mehr zu seiner berühmtesten Filmrolle und macht da weiter wo er in Terminator 2 aufgehört hat; ein altgedienter Androide/Actionheld, der seinen Auftrag/Filmrolle mit dem Stoizismus einer Maschine absolviert.
Manchmal funktioniert TERMINATOR: GENISYS ganz gut, speziell das erste Drittel des Film ist spannend inszeniert und macht neugierig auf den weiteren Verlauf. Faszinierend die neue 1:1-Umsetzung der Anfangssequenz am Griffith Observatorium aus dem ersten Teil oder die Ankunft von Kyle Reese aus der Zukunft, versetzt mit Twists entsprechenden der neuen Zeitlinie, genauso wie der neue T-1000, der Robert Patrick alle Ehre macht. Über den ganzen Film verteilt gibt es nette Anekdoten zu den Vorgängerfilmen und zu diesem Zeitpunkt glaubt man noch, hier könnte ein weiterer Science-Fiction Klassiker entstanden sein. Leider sinkt aber spätestens nach dem zweiten Zeitsprung ins Jahr 2017 der Spannungspegel deutlich und die Geschichte wird immer konstruierter, da helfen auch keine spektakulären Actionszenen, um im wahrsten Sinne des Wortes darüber hinwegzusehen. Die unterschiedlichen Zeitlinien, die man als Chance für einen Neustart oder die Entwicklung einer spannenden Story verwenden hätte können, bleiben leider ungenutzt, vielmehr sorgen sie für zusätzliche Verwirrung und wer den Überblick nicht verlieren möchte, sollte sich hier (Link: http://www.myvue.com/film-news/article/title/terminator-timeline) und hier (Link: http://screenrant.com/terminator-genisys-timeline-changes-explained/) mit der Terminator-Timeline vertraut machen (Spoiler!). Wenig hilfreich für das Verständnis ist auch die Tatsache, dass Regisseur Alan Taylor darauf bestanden hat, die Teile 3 + 4 zu ignorieren und direkt an Terminator 2 anzuschließen, was ihn trotzdem nicht davon abhält, sich in einer Szene ungeniert bei Terminator 3 zu bedienen wie generell die Grenzen zwischen Hommage und Kopie fließend sind.
Die Spezialeffekte sind klarerweise erste Sahne, beeindruckend die Szenen in denen der echte, alte Terminator gegen sein junges, digital erschaffenes Ebenbild kämpft, das als Computeranimation nicht mehr von einem Menschen zu unterscheiden ist. Schade, dass es dann nur noch für ein mäßig konvertiertes 3D gereicht hat. Das Produktionsdesign ist grundsätzlich gut gelungen und speziell der 1984er Teil wird bei manch älteren Zusehern aufgrund von Musikkassetten und anderer Relikte für ein Schmunzeln sorgen. Trotzdem mag von wenigen Einstellungen abgesehen kein echtes 80ies Feeling aufkommen, was zum Teil daran liegt, dass man zu wenig davon sieht, aber auch daran, dass die Schauspieler zu sehr auf neues Jahrtausend getrimmt wurden. Was Emilia Clark am Kopf trägt mag viel sein, aber keine Frisur aus dem Jahr 1984; das auftoupierte Nest von Linda Hamilton, DAS war ein echter 80er Jahre Haarschnitt.
Ein weiteres Manko ist die PG13 in den USA und die FSK12 in Deutschland und Österreich. Sowenig nackte Haut hat man schon lange nicht mehr gesehen und die Zensur von Pos und Brüsten ist dermaßen offensichtlich, dass es besser gewesen wäre, ganz darauf zu verzichten. Blut und Verletzungen gibt es von ein paar Kratzen und Narben auf Stirn und Körper auch nicht viel zu sehen. Nacktheit und Gewalt waren in der Terminator Reihe immer begründet und nie Mittel zum Zweck, umso mehr ärgert der unselige Versuch mit filmischem Weichspüler die Teenies ins Kino zu locken.
Was James Cameron in fast all seinen Filmen auszeichnet, ist die Tatsache, dass er sich nie ausschließlich auf die brillanten Special Effects (wenn man das Budget berücksichtigt, trifft das auch auf Terminator 1 zu) verlassen hat, sondern stets mit einer fesselnden Geschichte, Spannung und glaubwürdigen Schauspielern gearbeitet hat. Genau aus diesem Grund überzeugen und begeistern die ersten beiden Filme auch heute noch. Was speziell diesem Film fehlt, ist das was den ersten Teil so einzigartig macht; das Düsterste und das Dreckige. Die Beklemmung war in jeder Minute spürbar, für Humor und Ironie war kein Platz und kein Teil danach hat diese bedrohliche Tech-Noir Stimmung wieder zustande gebracht. Taylor machte den Fehler sich zu sehr auf die Formel Science-Fiction-Ikone + viele Special-Effects zu setzen und das Ergebnis ist ein professioneller, aber dennoch durchschnittlicher, filmischer Gemischtwarenhandel und ob sich die Worte »I’ll be back« nochmal bewahrheiten wird sich erst zeigen.
TERMINATOR: GENISYS ist leider keine wirkliche Genesis geworden, aber solides Sci-Fi-Action Kino, das wie schon die Alien Fortsetzungen vom Erbe der ersten beiden Teile lebt, aber trotz diverser Logiklöchern und einer schlechten Story unterhaltsam genug ist, um den Kauf einer Kinokarte zu rechtfertigen.
Länge: 126 Minuten
Kinostart: 9. Juli 2015
FSK: DE und AT ab 12
Verleih DE: Paramount
Verleih AT: Universal