Bundesverband Phantastik und Innovation (AREA+49) aufgelöst!

Folgende Meldung von Ronald Hoppe (Epilog.de) und Bernhard Kempen ging heute vormittag in der Redaktion ein, die ich im folgenden ungekürzt wiedergebe:

»Bundesverband Phantastik und Innovation (AREA49) aufgelöst

Nach knapp einjährigem Bestehen wurde der Bundesverband Phantastik und Innovation (AREA49) am 13. November 1999 auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in Berlin aufgelöst. Im Anschluß an eine ausführliche Diskussion über die bisher geleistete Arbeit votierten mehr als 80 Prozent der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder dafür, den Verband im Zuge eines Insolvenzverfahrens abzuwickeln.

Am Anfang hatte die Idee gestanden, Menschen, die privat oder professionell an den Bereichen Phantastik und populäre Medien interessiert sind, in einem bundesweiten Dachverband zu organisieren, um kreative Aktivitäten, die häufig mangels effektiver Kooperation im Sande verlaufen, in einem Netzwerk zu koordinieren. Geplant war die Vermittlung professioneller Unterstützung für Zeitschriften- und Buchprojekte, die Durchführung von Veranstaltungen aller Art und eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit.

Die tatsächlich geleistete Arbeit des am 29.11.1998 in Dortmund gegründeten Bundesverbandes beschränkte sich dann fast ausschließlich auf das Veranstaltungsmanagement. Nach der Organisation des Dortmunder Trinity-Cons (der aufgrund miserabler Besucherzahlen leider finanziellen Schiffbruch erlitt), der Star-Wars-Kultnacht des Fernsehsenders Vox, der Nexus-Convention in Berlin und weiterer Veranstaltungen weist die aktuelle Bilanz des Bundesverbandes ein Minus von etwa 20.000 DM auf. Diese Summe ergibt sich aus tatsächlichen Schulden von ungefähr 70.000 DM (die hauptsächlich auf das Konto des Dortmunder Cons gehen) und noch ausstehenden Verbindlichkeiten in Höhe von circa 50.000 DM. Genaue Zahlen können erst angegeben werden, wenn der definitive Kassenbericht der Geschäftsführung vorliegt. Trotz dieser negativen Bilanz sollte berücksichtigt werden, daß sich die finanzielle Situation des Bundesverbandes in den vergangenen Monaten kontinuierlich verbessert hat und bei fortgesetzter Arbeit voraussichtlich schon im nächsten Jahr ein Plus erwirtschaftet worden wäre.

Andere Projekte des Bundesverbandes kamen größtenteils nicht einmal über das Stadium der reinen Idee hinaus, zum Beispiel die geplante Agentur, die Autoren, Journalisten, Übersetzer, Illustratoren und andere Künstler vermitteln sollte, das Magazin »Metropolis«, das kostenlos an die mehreren tausend Mitglieder verteilt und durch Werbung finanziert werden sollte, oder das Dienstleistungsbüro, das unter anderem die Produktion, die Anzeigenakquise, den Versand und die Abonnementverwaltung für Fan-Magazine übernehmen sollte.

Für das Scheitern des Bundesverbandes wurden zahlreiche konkrete und mögliche Gründe ins Gespräch gebracht. Vor allem zu Anfang war häufig der Vorwurf zu hören, die Zielsetzung und die Konzeption des Verbandes wären zu schwammig und nicht sehr konkret. Dann konzentrierte sich die Kritik darauf, daß genannte Projekte wie die Agentur oder das Mitgliedermagazin keinerlei Fortschritte in der Realisierung erkennen ließen. Vor allem aus Fan-Kreisen wurde dem Bundesverband vorgeworfen, in zu großen finanziellen Dimensionen zu operieren, wobei die Gehälter des Geschäftsführers und der Sekretärin, die Miete der Büroräume und der Dienstwagen ins Spiel gebracht wurden.

Schließlich gab es gravierende Mißverständnisse, weil es der Bundesverband ablehnte, die Finanzierung bestimmter Buchprojekte und Veranstaltungen zu übernehmen.

Die Grundlage dieser Vorwürfe und Mißverständnisse ist sicherlich darin zu suchen, daß zum Teil zu hohe oder gar falsche Erwartungen in die Aufgaben eines solchen Dachverbandes gesetzt wurden. Die Idee des freiwilligen Zusammenschlusses von Kreativen, Aktiven und Interessierten setzt voraus, daß der Verband insgesamt nur das leisten kann, was die aktiven Mitglieder leisten. Die Vorstellung, daß der Verband Forderungen zu erfüllen hat oder daß der Geschäftsführer oder der Vorstand dafür Sorge zu tragen hat, daß konkrete Projekte realisiert werden, geht an den Tatsachen und den Möglichkeiten eines solchen Verbandes vorbei.

Aus diesem Grund konnten die Zielsetzungen des Verbandes zum Zeitpunkt der Gründung gar nicht konkreter formuliert werden. Die anvisierten Projekte ließen sich nur dann verwirklichen, wenn sich Mitglieder fanden, die bereit waren, an ihrer Verwirklichung zu arbeiten. Bedauerlicherweise blieb es in diesem Bereich häufig bei Absichtserklärungen; die begonnene Arbeit wurde nach ersten Problemen abgebrochen, Zusagen wurden nicht eingehalten, und leider vernachlässigte auch die Geschäftsstelle ihre ursprünglich vorgesehene Aufgabe, die Aktivitäten der Mitglieder zu koordinieren, um sich statt dessen auf die Organisation gewinnträchtiger Veranstaltungen zu konzentrieren.

Es war eine gute Idee, es war richtig, die Sache trotz aller Bedenken auszuprobieren, aber nun hat sich erwiesen, daß ein solches Projekt offensichtlich nicht durchführbar ist. In dieser Art äußerten sich fast alle Mitglieder des Bundesverbandes Phantastik und Innovation, die in Berlin die Auflösung der Organisation beschlossen. Interessanterweise sprachen sich gegen eine Fortführung vor allem jene Mitglieder aus, die den Verband von Anfang an sowohl mit unentgeltlichen Aktivitäten als auch finanziell unterstützten. Die schärfsten Kritiker waren gar nicht erst erschienen, obwohl sich die einzigartige Möglichkeit geboten hätte, dem Verband in dieser kritischen Phase eine neue Perspektive zu geben.

Andererseits hätte eine Fortführung vermutlich nicht dazu geführt, den Image-Verlust des Verbandes auszugleichen oder die Pauschalkritiker zu einer konstruktiven Mitarbeit zu bewegen.

Trotz allem war man sich einig, daß die geleistete Arbeit keineswegs umsonst war. Der Bundesverband Phantastik und Innovation hat während seiner fast einjährigen Tätigkeit zahlreiche Kontakte zwischen verschiedenen Gruppierungen des phantastischen und medieninteressierten Fandoms, zwischen Wirtschaft und Kreativen und zwischen Einzelpersonen geknüpft, die ansonsten vielleicht nie zustande gekommen wären. Auf diese Weise hat sich tatsächlich ein funktionierendes Netzwerk gebildet, das auch ohne zentrale Koordination künftig interessante, kreative und lukrative Kooperationen ermöglichen wird.

Ein besonderer Dank geht an Beluga Post, der in den letzten 12 Monaten fast übermenschliches geleistet hat und an alle, die den Verband trotz aller Höhen und Tiefen tatkräftig und finanziell unterstützt haben.

Bernhard Kempen
Ronald Hoppe«

Anmerkung:
Die erste MV des Bundesverbands in diesem Jahr hat also mit einer deutlichen Mehrheit für eine Auflösung des Verbands gestimmt. Wegen Schulden in Höhe von mind. 20.000 DM soll ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden, was natürlich die Frage offen läßt, WER für eventuell noch verbleibende Restschulden aufkommen muß – der Vorstand, die Mitglieder?