Originaltitel: »The Algebraist«
Aus dem Schottischen von Irene Holicki
Roman, Heyne-Verlag München 2006
ISBN 3-453-2201-X, 800 Seiten, 15 €
Iain Banks erfolgreiche Science Fiction-Romane haben wesentlich zur Erneuerung des Genres beigetragen. Seine wilden und oft auch witzigen Space Operas waren stets mehr als bunte Weltraumabenteuer, sondern überzeugten durch komplexe Handlung, moralische Tiefe und sprachliche Originalität. Banks schreckte dabei auch nie vor großen Themen wie Terrorismus und Völkermord zurück. Seine Mainstream-Romane, die ebenfalls gern auf SF- und Thriller-Motive zurückgreifen, sind leider in Deutschland nie angemessen gewürdigt worden, und von Bestsellern wie »Song of Stone« und »Dead Air« liegen immer noch keine Übersetzungen vor. Der letzte »reine« SF-Roman von Banks, »Der Algebraist«, erscheint nun ca. zwei Jahre nach der englischen Ausgabe bei Heyne.
»Der Algebraist« gehört nicht zum beliebten Culture-Zyklus oder schildert zumindest Ereignisse, die lange vor dem Entstehen der »Kultur« – ein von künstlichen Intelligenzen regiertes, tausende Welten umfassendes Gesellschaftssystem – stattfinden.
Fassin ist ein »Seher«, ein Beobachter der uralten Zivilisation der Dweller, Wesen, die mit Jupiter vergleichbare Gasriesen überall in der Galaxis bewohnen. Die Dweller führen ein ziemlich gemütliches, fast ewig langes Leben, ohne sich groß in die Belange anderer Spezies einzumischen, hüten aber angeblich wissenschaftliche Geheimnisse und Technologien, die denen der Menschen um ein Vielfaches überlegen sind. Nun kommt ein Gerücht auf, nach dem die Dweller eine antike Liste mit Wurmlochverbindungen besitzen, die das Reisen in der Galaxis wesentlich erleichtern würden. Fassin wird beauftragt, die Liste und den Code, der sie entschlüsseln kann, zu finden. Doch die Zeit ist knapp: Eine Invasionsflotte unter Kommando des sadistischen Tyrannen Lusiferus ist auf dem Weg zu Fassins Heimatplaneten, um die besagte Liste in die Hände zu bekommen.
Banks schreibt wie immer mit viel Schwung und Sprachwitz. Diesmal legt er einen vergleichsweise schlicht gestrickten Abenteuerroman vor, der vor allem wegen der originellen Darstellung der Dweller-Zivilisation interessant ist. Fans des Autors werden jedoch den komplexen Aufbau früherer Romane vermissen, und auch die Helden des Buches haben nicht die Tragik der Romanfiguren aus »Use of Weapons«, »Excession« oder »Look to Windward«. »Der Algebraist« verzichtet fast völlig auf Tiefgang und setzt auf Action, Komik und bizarre Einfälle. All das macht den Roman zu einem gelungenen Lesevergnügen, doch die Vorgänger waren einfach bewegender, interessanter und vielschichtiger. Obwohl die Übersetzung makellos ist, besteht der große Reiz von Banks Schreibstil nicht zuletzt in der Verwendung verschiedener Dialekte, was man leider kaum risikolos ins Deutsche übertragen kann. Ein Blick in das schottische Original ist auf jeden Fall zu empfehlen.
Fazit: eine leicht lesbare, witzige und schwungvolle Space Opera – doch der Großmeister der Schotten-SF hat schon bessere Bücher geschrieben.