Shayol Verlag
ISBN 3-926126-07-8
Umschlaggrafik von Thomas Thiemeyer
September 2000, 29.80 DM, 418 Seiten
Stan Ternasky ist in einer unwirklichen Welt gefangen – in einer Wüste, durch die eine endlose Straße schnurgerade bergab gen Horizont führt. Angetrieben und unter der Leitung von Gamma, einer merkwürdigen Stimme die aus dem Radio seines schrottreifen Pontiacs zu ihm spricht, durchreist er die Einöde auf der Suche nach einem Schlüssel zur Enträtselung dieses geheimnisvollen Ortes. Immer wieder stößt Stan dabei auf riesige Bunkeranlagen, in denen immer die gleichen Menschen zu finden sind, die glauben einem Nuklearkrieg überlebt zu haben, der niemals stattfand. Unter der Anleitung der geheimnisvollen Lords sind sie Teil eines gigantischen Experiments. Nur Stan weiß, daß sie eigentlich Passagiere eines Flugzeugs waren, die plötzlich und ohne Vorwarnung in dieser fremden Umgebung gelandet sind. Von Lord Gamma, seinem Verbündeten im Kampf gegen diesen Wahnsinn, weiß Stan, daß er seine Frau Prill wieder finden muß – doch keinen der unzähligen Klone, sondern sozusagen den Masterklon. Doch die Herren der Bunker fürchten die Folgen von Stans Mission, die auch ihren Untergang herbeiführen und das wahre Geheimnis dieser Welt aufdecken könnte…
Als Michael Marrak für seine Kurzgeschichte „Wiedergänger“, ausgezeichnet mit dem „Deutschen Science Fiction Preis“, die Idee für das „BRAS“ – einer „Bioresearch Altosphere“ – hatte, war noch nicht abzusehen, daß gerade dieses Konzept zum Mittelpunkt seines nächsten Romans werden würde. Eigentlich war es sogar so, daß „Lord Gamma“ ursprünglich nur als Erzählung gedacht war, deren Komplexität jedoch täglich zunahm, so daß sich daraus schlußendlich ein ganzes Buch entwickelte.
„Lord Gamma“ zeigt, daß Michael Marrak sich seit seinem ersten Roman „Die Stadt der Klage“ erzähltechnisch erheblich weiterentwickelt hat, dabei aber nichts von seinem Biß und seinem Drive verloren hat. Während man in „Die Stadt der Klage“ noch im Alleingang eine Antwort in der Flut an Ideen und mystischen Wort-Bildern finden mußte, ist „Lord Gamma“ eine geplante und gezielte Tour in ein phantastisches Ideenuniversum. Obwohl die Geschichte bereits mit einem Knall beginnt, steuert sie der Autor zielgenau und mit wachsender Spannung auf ein Ende zu, daß umfassende Antworten auf alle offenen Fragen für den aufmerksamen Leser bereit hält. Leicht zu verstehen ist das Gesamtkonzept trotz allem nicht, doch so kompliziert die „Auflösung“ auf den ersten Blick erscheinen mag, so stimmig ist sie auch.
Die Reise Stans durch die Welten des BRAS umgeht geschickt alle Klischees und zeigt uns eine immer wieder erschreckend reale Vielfalt an Eindrücken und Erlebnissen – von Gewalt, Schmerz und Verzweiflung bis zur Hoffnung auf die Erlösung. Wie lange wird Stan dem Wahnsinn widerstehen können, der ihn zu einem vielfachen Mörder macht und zu einem Gejagten?
Zwangsläufig wird man als Leser Teil des Geschehens und erlebt die Geschichte selbst – als Stan und Prill, die sich durch den Irrgarten der Phantasien des BRAS kämpfen um zur Erkenntnis und Erlösung zu gelangen.
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