Heyne TB 06/5917
ISBN 3-453-13302-1
Titel der Originalausgabe: »Deus X«
aus dem Amerikanischen von Peter Robert
Titelbild von doMANSKI
München Dezember 1997, 12.90 DM, 174 Seiten
In Amerika steht Norman Spinrad mittlerweile ziemlich im Regen, denn seinen neuesten Roman will kein Verlag in einer für ihn akzeptablen Form publizieren. Schuld daran sind die geringen Verkaufszahlen seines letzten Romans »Pictures at Eleven«, und die Tatsache, daß auch im Mutterland der SF von Verlags und Händlerseite vor allem auf den Profit geachtet wird.
Der vorliegende Roman (der zudem mit 174 Seiten auch noch relativ kurz ist) erschien in Amerika bereits 1993 bei Bantam Spectra und dürfte auch dort nur für wenig Aufsehen gesorgt haben. Denn – um ein Urteil schon einmal vorwegzunehmen – ein besonders anspruchsvoller oder wichtiger Roman ist dies nicht.
Zuletzt las ich in einem Magazin, daß in Amerika die Frauen in der katholischen Kirche immer mehr auf den Priesterposten drängen (noch aber sich mit einer Helferrolle zufrieden geben müßen). In Norman Spinrads Roman ist diese Entwicklung bereits abgeschlossen. Frauen sind längst in der katholischen Kirche nicht mehr nur Priester, sondern es sitzt auch erstmals mit Maria I eine Frau auf dem Stuhl des Petrus.
Und gerade dieser Päpstin obliegt es in den schweren Zeiten der beginnenden 21. Jahrhunderts, sozusagen die Frage der Frage zu klären: »Haben die Expertenprogramme, die durch eine virtuelle Kopie des menschlichen Gehirns entstehen, eine Seele?«. Eine Kopie von Pater Pierre de Leone (zugleich ein strikter Gegener dieser Behauptung) wird nach seinem Tode in die virtuelle Welt geschickt und soll die endgültige Klärung herbeiführen…
Auch wenn sich dieser Roman eigentlich mit einer theologisch sehr diffizilen Frage auseinandersetzt, bleibt die Unterhaltung doch nicht auf der Strecke, da die Philosophie auf einem erträglichen Level gehalten wird. Leider ist dies aber auch genau der Grund für die Belanglosigkeit dieses Romans, denn die Diskussion selbst bleibt uninteressant und letztlich auch wenig überzeugend. Und die virtuelle Welt, die Norman Spinrad beschwört, überzeugt wenig, da sich eine der Hauptpersonen zwar in einem Monolog gegen den Vergleich mit dem Gibson’schen Cyberspace ausspricht, aber trotzdem auch bei Norman Spinrad die Glaubwürdigkeit fehlt – und im Gegensatz zu Gibson auch die Phantasie.
Fazit: Ein unterhaltsames Werk von Norman Spinrad, daß aber keinen großen Anspruch erhebt und einen solchen auch nicht erfüllt.