Heyne Verlag, TB 06/6315
Titel der Originalausgabe: »Idoru« (1996)
aus dem Amerikanischen von Peter Robert
Titelbild von doMANSKI
München, März 1999, 16.90 DM, 333 Seiten
»Idoru« spielt im Gegensatz zu Gibsons Neuromancer-Trilogie in der realistischer angelegten Zukunftswelt, die auch schon in seinem letzten Roman »Virtuelles Licht« in Erscheinung getreten ist. Dies wird sowohl an Hintergründen wie dem nach einem Erdbeben durch Nanotechnik wieder aufgebautem Tokio, als auch an dem Auftreten von zwei Charakteren aus dem ersten Buch ersichtlich. Auch in dieser naheliegenderen Zukunftsvision bleibt Gibson seiner Vorliebe für virtuelle Welten, künstliche Intelligenzen, schrillen Orten und schrägen Charakteren treu. Wie für Gibsons Romane üblich, weiß man bis fast zur Mitte des Buches kaum, worum es eigentlich geht und selbst am Ende bleibt teilweise ein Unverständnis zurück, das zum tieferen Nachdenken über das eigentlich geschilderte Geschehen und zum nochmaligen Lesen des Roman anregt.
Leider ist das Tokio von »Idoru« trotz Urin-Grotten und Franz-Kafka-Themenbars nicht ganz so faszinierend wie die Welt in seiner Neuromancer-Trilogie, und auch die Protagonisten können, bis auf den Ex-Verbrecher und Bodyguard Blackwell, nicht mit ihren teilweise ultracoolen Vorgängern mithalten. Besonders aber der Mangel an handfester Action im Vergleich zu den Vorgängerbüchern, inklusive »Virtuelles Licht«, läßt etwas am Gesamteindruck vermissen. Trotzdem macht alleine Gibsons geniale Prosa mit dem altgewohnten Lieblingswort »pink« den Roman (nicht nur für Gibson-Fans) in jeder Hinsicht lesenswert.