Philip K. Dick. Sicher einer der besten SF-Autoren aller Zeiten. Nicht mein Geschmack, ich stehe mehr auf Theodore Sturgeon und Harlan Ellison, aber bestreitbar ist der Genius von Dick nicht. Chronologisch hat der gute Mann allerdings nichts auf die Reihe bekommt – er hat sich nämlich mit Drogen zugeballert, lange bevor Hollywood auf die Idee gekommen ist, aus seinen Geschichten Filme zu machen, die wohl nur unter Drogeneinfluß erträglich sind. Aber vielleicht bin ich da auch zu harsch.
In „Impostor“ geht es, wie in praktisch allen Dick-Geschichten, um grundsätzliche Fragen der Identität, der Verläßlichkeit von Erinnerungen, der Verantwortlichkeit für das eigene Tun in Ausnahmesituationen. Wie Ford in „Blade Runner„, wie Schwarzenegger in „Total Recall“, und wie demnächst Tom Cruise in „Minority Report“ muß sich Gary Sinise als Waffenentwickler im Jahr 2079 fragen, wer er eigentlich ist, was ihn antreibt, und wer die wahre Kontrolle über sein Schicksal hat. Denn Sinise hat ein Problem: Die Regierung glaubt, er sei ein von den Außerirdischen entwickelter Bio-Klon, der den Weltkanzler in die Luft sprengen soll. Also macht er sich aus dem Staub, um zu beweisen, daß er noch das Original, und nicht der Replikant ist. Dummerweise hängt ihm ein Ermittler an den Fersen, gegen den Tommy Lee Jones in „Auf der Flucht“ wie ein Anfänger wirkt.
Ich weiß, die Inhaltsangabe klingt ein wenig dünn, aber das ist die Plotte von „Impostor“ leider auch. Die Identitätsprobleme werden nur angerissen, 90 Prozent der Bildschirmzeit wird mit Schießereien und Verfolgungsjagden verbracht. Regisseur Gary Fleder hat offensichtlich ein Faible für große Kaliber und Betonbauten. Story-Logik hingegen war wohl nicht Hauptaugenmerk der vier Autoren (darunter „Pitch Black“-Regisseur Twohy). Warum Sinise nicht einfach getestet wird, warum in einem Hochsicherheitstrakt ein Luftschacht offen steht, oder warum die Polizei das Videophon seiner Frau nicht anzapft – das sind Fragen, die man hier nicht beantwortet bekommt. Dafür riecht man, wenn man nicht gerade im Gedenken an Philip K. Dick zugedröhnt ist, die „Pointe“ des Films schon nach zehn Minuten.
Ständig kaut „Impostor“ Elemente von „Blade Runner“ und „Total Recall“ nach, ohne diese jemals in den Bereichen „visueller Einfallsreichtum“ oder „Comic-Action“ zu erreichen. Mit ein paar CGI-Effekten weniger hätte der Streifen auch für das Kabelfernsehen produziert werden können. Wo wir gerade bei den Effekten sind: Am Anfang bekommen wir die CGI-Großaufnahmen im Dutzendpack um die Ohren gehauen. Ihr kennt die Sorte: Glatt, schick, jederzeit als Computertrick erkennbar. Danach verzichtet der Film weitgehend auf diese Krücke und beschränkt sich auf „echte“ Schauplätze. Auch hier fehlt die Balance.
Es ist ja nicht alles schlecht an „Impostor“: Gary Sinise hat das Charisma, wirklich jede Gurke (zumindest zeitweise) wie Kunst aussehen zu lassen, und auch hier ist seine Darstellung makellos. Kein Vergleich zu holzgesichtigen Actionstars wie Schwarzenegger oder Stallone. Und die Inszenierung der Actionszenen ist hart und elegant, wofür es drei Pluspunkte gibt, weil endlich mal auf Matrix-sche Zeitlupe/Stillstand-Shots verzichtet wird.
Wer sich jetzt fragt, wo diese SF-Großproduktion eigentlich plötzlich her kommt, dem kann ich in einem Aufwasch auch gleich noch die meisten Schwächen des Films erklären: Eigentlich war „Impostor“ nur als eine Geschichte von drei gedacht, die zu dem SF-Streifen „Alien Love Triangle“ zusammen gefaßt werden sollten. Auf halbem Weg entschieden sich die Produzenten aber, „Impostor“ doch zu einem eigenständigen Film zu machen. Darum wurde die Handlung kräftig gestreckt. Darum wirkt das Ende wie aus einer Folge „Outer Limits“. Und darum hat „Impostor“ eigentlich auch keine 15 DM an der Kinokasse verdient.
Armer, armer Philip K. Dick.