Originaltitel: »The Wizard. Book 2 of The Wizard Knight«
Fantasy Roman, Hobbit Presse, Klett-Cotta
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski
ISBN 3-608-93776-5, 652 Seiten, 24,90 €
Gene Wolfes Roman »Der Ritter« war eine der originellsten Fantasy-Neuerscheinungen des Jahres, witzig, anrührend und hervorragend erzählt. Vieles blieb in diesem Buch schemenhaft und vage, als ob es sich bei den Abenteuern von »Able of the High Heart« nur um die lebhaften Träume eines kleinen Jungen handelte – und dies machte den Roman erst interessant. Das Ende von »Der Ritter« bot keine Erklärung, so daß man die angekündigte Fortsetzung mit Spannung erwartete.
In »Der Zauberer« kehren wir mit Sir Able, der sich inzwischen als Ritter bewährt hat, nach Mythgarthr zurück – ein phantastisches Land, in dem ganz eigene Regeln herrschen. Es ist Teil einer Welt aus verschiedenen Ebenen, in denen die Zeit jeweils anders verläuft und die Zauberkräfte der Bewohner unterschiedlich groß sind. Sir Able hatte zuvor das über Mythgarthr liegende Skai besucht, eine Art Walhalla für Krieger und Jäger, und von dort das Schlachtroß Cloud mitgebracht. Er trifft auf alte Bekannte, seinen früheren Knappen Toug, den menschenfressenden Oger Org und den sprechenden Kater Mani. Gemeinsam ziehen sie in den Kampf gegen Frostriesen und Osterlinge, doch Ables eigentliches Ziel ist, seine große Liebe Disiri wiederzufinden.
Leser des ersten Bandes werden in Band 2 viele vertraute Gestalten wiederfinden. Wieder gelingt es Wolfe in seiner Sprache, einen gleichzeitig ernsthaften und kindlichen Ton anzuschlagen, und wieder gibt es versteckte Hinweise darauf, daß der Erzähler Arthur Ormsby in der realen Welt einen schweren Unfall gehabt hat und die Märchenwelt nur in seinem Kopf existiert. Was dem Buch fehlt, ist eine spannende Handlung. Man ist oft versucht, über allerlei lange und belanglose Dialoge hinwegzulesen, wobei man leicht die wirklichen Schönheiten des Textes übersieht: Zum Beispiel erwähnt Wolfe eine Kammer, in der man seine verlorene Liebe wiederfinden kann. Able findet die Kammer, aber nicht seine geliebte Disiri – da er sie immer noch liebt, ist seine Liebe nicht verloren. Gegenüber solchen Einfällen sind die ausführlich geschilderten Kämpfe Sir Ables eher eintönig.
Fazit: märchenhafte Fantasy, sprachlich schön, aber inhaltlich schwer fassbar.
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