Aber wie kam es nun zu dieser neuen Wallpaper-Aktion? Das lassen wir am besten wohl gleich Michael Marrak selbst zu Wort kommen…
Vor genau sieben Jahren, im März 1997, erklärte ich auf den 9. SF-Tagen in Dortmund anlässlich einer Preisverleihung, dass ich nicht mehr zeichnen werde. Schaffensmüde und genervt darüber, dass mir jede bescheidene Illustration immer noch mit Handkuss abgenommen wurde, hatte ich die Lust verloren. In den Händen hielt ich die Urkunde des Hall of Fame-Awards der European Science Fiction Society, und einen keltischen Trinkbecher, der als Preistrophäe diente. Beides hatte man mir aus Dublin mitgebracht. Gewonnen hatte ich in der Kategorie »Best European Artist«.
Der Preis kam überraschend, hatte ich doch längst den Entschluss gefasst, das Zeichnen zugunsten der Schriftstellerei offiziell an den Nagel zu hängen. Keine Illustrationen mehr, keine Cover, keine Gefälligkeiten. Nada. Der Gewinn des Awards stellte die willkommene Gelegenheit dar, einen Schlussstrich zu ziehen: Best European Artist, was gäbe es für einen schöneren Abgang?
Weitere sieben Jahre zuvor: Das SF-Magazin Space veröffentlichte eine erste ganzseitige Illustration aus meiner Feder, die Titelgrafik zur Strugatzki-Story Pandemie. Mit diesem Bild begann alles, der Name Marrak etablierte sich in der Szene. Was in den Jahren darauf folgte, waren zahllose Illustrationen und Covergrafiken für Magazine im In- und Ausland wie z. B. BBR, Critical Wave oder Nightlife (alle UK), Low Orbit (USA), Kopfgeburten, Sagittarius, Alien Contact, Zimmerit (D) oder Exoten wie das brasilianische Juvenatrix sowie das Platten-/CD-Cover zu Razorblade von der Band Arts And Decay. Es gab teils chaotische Kunstausstellungen in Freudenstadt, Passau oder Bratislava und scheinbar unbegrenzte Veröffentlichungsmöglichkeiten.
Ab 1995 begann ich das Schreiben ernsthafter zu betreiben, und bis 1997 hatte die Schriftstellerei eine dermaßen dominante Rolle eingenommen, dass ich das bildhafte Gestalten plötzlich als hinderlich empfand. Um zu vermeiden, dass mit doppelter Energie weiterhin lediglich halb so viel entsteht, setzte ich Prioritäten und beschloss das Zeichnen aufzugeben. Die noch versprochenen Cover für Screem, Andromeda 140 und Malte S. Sembtens Storyband Variationen in Nachtgrau und Fleischrot waren die letzten Arbeiten, danach war Schluss. Das einzige Mal, dass ich danach wieder eine Feder in die Hand nahm, war 1999 für ein leider nie veröffentlichtes Cover zu Achim Mehnerts Collection Altenwelt.
Über die Jahre hinweg gab es hier und da noch Reprints älterer Arbeiten, doch im Großen und Ganzen zog ich mich vollkommen aus der Grafikszene zurück. Erst im Jahr 2002 erschien ein neues illustratives Lebenszeichen, wenn auch nur als Modifikation zweier älterer Bilder: Das Cover für phantastisch! 6. Im selben Jahr sah ich mich zudem genötigt, das Titelbild für meinen Roman Imagon selbst zu gestalten, da der Hausgrafiker des Festa-Verlags an chronischer Überarbeitung litt und ich zudem nicht das abgelehnte Cover eines anderen Schriftstellers aufbrauchen wollte. Die Arbeit an diesen beiden Titelbildern war für mich Wegweisend: Sollte ich den Grafiker eines Tages tatsächlich wieder reaktivieren, würden zukünftige Illustrationen in eine Richtung gehen, die sich Magischer Realismus nennt; in der Tradition von Digital Art-Künstlern wie Richard Marchant, David Ho, Dave McKean oder eines späten Zdzislaw Beksinski.
Nun, wir schreiben das Jahr 2004, sieben Jahre nach Exitus 1, und ich finde, es ist an der Zeit…
Mit ausschlaggebend, die Illustratorenkelle wieder auszugraben, war sicherlich auch der Wunsch von Florian und einigen Forumsmitgliedern von SF-Fan.de, meine alten Bilder in einer Galerie oder gleich als Wallpaper zu präsentieren – und natürlich eine gehörige Portion angestauter Ideen. Das soll jedoch nicht heißen, dass ich dafür das Schreiben an den Nagel hänge. Ne, ne, sorry, es werden noch einige Romane das Licht der Welt erblicken.
In den kommenden Monaten (bzw. Jahren) wird SF-Fan.de sowohl neue als auch ältere und bis dato unveröffentlichte Grafiken als Wallpaper präsentieren – größtenteils in Farbe, aber auch Tuschebilder, falls es mir gelingt, diese perfekt genug einzuscannen. Wahrscheinlich werden die Motive nicht jedem gefallen, aber wir zwingen ja niemanden, die Bilder tatsächlich als Desktophintergrund einzurichten. Le style est l’homme même…
© Michael Marrak
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Desktop-Wallpaper von Michael Marrak Interview mit Michael Marrak (Mai 2000) Homepage von Michael Marrak |