Roman
Band 2 der Reihe »D9E – Die neunte Expansion«
Wurdack-Verlag , Taschenbuch, Januar 2014, 248 Seiten
ISBN 978-3-955560-11-2
Preis: 12,95 €
Für den Verleger Ernst Wurdack war der Abschluss der Neuauflage der Mark-Brandis-SF-Reihe Anlass genug, nach einer neuen, deutschen Science-Fiction-Reihe Ausschau zu halten. Die Autoren Dirk van den Boom, Niklas Peinecke, Matthias Falke, Nadine Boos und Holger M. Pohl steckten ihre Köpfe zusammen und es entstand schließlich das Konzept zu »D9E – Die Neunte Expansion«, einer SF-Reihe mit Weltraumabenteuern die im Oktober 2013 mit einem Auftaktroman von Dirk van den Boom ihr Debut (»Eine Reise alter Helden«) gab. Für den Science-Fiction-Leser ist die Reihe vor allem deshalb interessant, weil sie die Autoren bewusst nicht in ein enges Korsett zwängt – die Romane der Reihe spielen zwar alle im gleichen Handlungsuniversum, aber sie sind keineswegs als eine durchgehende Fortsetzungsgeschichte angelegt.
Gemeinsamer Hintergrund der Reihe ist eine Galaxie, in der das terranische Imperium seit hunderten Jahren von den geheimnisvollen Hondh beherrscht wird. Noch gibt es von Menschen bewohnte Welten außerhalb ihres Machtbereichs, aber wie groß die Gefahr für einen erneuten Eroberungsfeldzug der fremdartigen Wesen ist, weiß niemand genau. Niemand hat je mit einem Hondh gesprochen, geschweige denn einen gesehen. Und genauso wie jene, die Angst vor einem neuen Eroberungskrieg haben, gibt es solche, die die Gefahr nach Hunderten von Jahren des Friedens für vernachlässigbar halten – oder die sogar begonnen haben, Aliens wie mythische Gestalten anzubeten.
Vor diesem Hintergrund erzählt Niklas Peinecke eine Trilogie innerhalb der Reihe D9E – der Auftaktband »Das Haus der blauen Aschen« erschien im Januar 2014, »Die Seelen der blauen Aschen« wird im Januar 2015 folgen, und der Abschluss »Die Sonne der Seelen« wird erst 2016 veröffentlicht. Niklas Peinecke (Jahrgang 1975), hat an der Universität Hannover Mathematik mit Studienrichtung Informatik studiert und anschließend am Institut für Mensch-Maschine-Kommunikation promoviert. Er arbeitet aktuell am Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR). Niklas Peinecke schreibt hauptsächlich Science-Fiction, seltener Geschichten in anderen Genres. Seine Werke sind bisher in diversen Magazinen und Anthologien erschienen, unter anderem c’t, Nova und im Wurdack-Verlag. »Das Haus der blauen Aschen« ist sein erster Roman.
Der Klappentext umreißt die Handlung des Romans so: Als die junge Astrophysikerin Farne die Gelegenheit erhält, eine Expedition zu dem rätselhaften Zwergstern ERC 238 auszurüsten, ist ihre Freude groß, mehr noch, weil ihre große Liebe mit von der Partie sein wird. Doch dann häufen sich unerklärliche Vorfälle: Der Bordarzt verschwindet und wird durch eine undurchschaubare Kollegin ersetzt, Geräte fallen aus, Spuren einer untergegangenen Zivilisation werden entdeckt. Bald scheint eine Rückkehr mehr als unwahrscheinlich. Und ERC 238 hat sein letztes Geheimnis noch nicht preisgegeben…
Ich muss zugeben, dass ich Band 1 (»Eine Reise alter Helden«) von Dirk van den Boom nicht gelesen habe und mir deshalb vielleicht ein wenig Hintergrund zu den geheimnisvollen Hoondh fehlte, aber wie sich letztlich zeigte, tut dies dem Lesegenuss keinen Abbruch. Wie von den Herausgebern versprochen, ist Niklas Peineckes Roman tatsächlich problemlos ohne jegliches Vorwissen über den ersten Band lesbar.
Der Roman folgt der Hauptperson, der Astrophysikerin Farne, und der Leser lernt schnell, dass auch in der hier geschilderten, hochtechnisierten Zukunft, in der interstellarer Raumflug und künstliche Intelligenzen etwas Alltägliches sind, noch viele Gefahren auf unsere Protagonisten lauern. Und gleichzeitig wird beim rasanten Einstieg auch klar, dass der Autor nicht bereit ist, seine Figuren immer rechtzeitig in Sicherheit zu bringen…
Wie die Handlungszusammenfassung zeigt, folgt der Roman einem bekannten und erprobten Motiv der Space Opera – ein geheimnisvolles Objekt wird entdeckt und eine Expedition bricht auf, um dieses zu erkunden. Der erfahrene Science-Fiction-Leser kennt dieses Schema z.B. von Arthur C. Clarkes »Rendezvous with Rama« (»Rendezvous mit 31/439«) und Larry Nivens »Ringworld« (»Ringwelt«), aber auch Peter F. Hamilton verwendete diese Idee für den Auftakt seiner »Commonwealth Saga«.
Niklas Peinecke nutzt dieses bekannte Setting vor allem als Vehikel für seine eigenständige Geschichte, die rasant und sehr spannend erzählt ist. Die Hauptfigur Farne weiß, was sie will und die Handlung schreitet flott voran. Farne funktioniert aber vor allem auch deshalb sehr gut, weil ihr der Autor eine entsprechende Gegenspielerin verpasst, die ihr durchaus ebenbürtig ist – und so ein rasantes und actionreiches Duell ermöglicht. Die entsprechenden Kapitel gehören für mich zu den besten Stellen des Romans!
Man hat als Leser aber durchaus das Gefühl, dass der Autor beim Schreiben auch seinen Spaß gehabt zu haben scheint. Der Humor ist manchmal eher subtil eingesetzt, an anderen Stellen wird er etwas offensichtlicher. Zwei Textbeispiele zeigen dies ganz schön: »Die derzeitige Lieferzeit beträgt 39 Monate.« (…) »In der Zeit könnte ich meine eigene Crew gebären, und bei Auslieferung des Schiffes wären sie alt genug, um das Ding zu fliegen.« und »Statt einer Antwort wackelte Hackbot mit den Steuerdüsen, ließ probeweise das Triebwerk anlaufen und kritzelte mit einem Laserscanner etwas Obszönes in den Staub auf dem Fußboden. »Es sollte gehen«, schnarrte er.«
Noch ein Wort sollte verloren werden zum Worldbuilding, zur eigenständigen Ausgestaltung der Romanwelt. Dies beginnt bei den Namen der Protagonisten, die einen fremden, aber doch vertrauten Klang besitzen, und setzt sich bei der Schilderung der Technik fort. Die hier beschriebenen künstlichen Intelligenzen, die mehr sind als nur hochintelligente Computerwesen, bereichern den Roman und dürften noch für ein paar Überraschungen gut sein. Da sind immer auf menschlichen Vorlagen beruhen, sind sie entweder Wissenschaftler und treue Kumpanen wie Karman Hindush, eine künstliche Intelligenz in einem Roboterkörper, oder im schlimmsten Fall hochintelligente Zyniker. Ich denke und nehme an, dass auch in den beiden weiteren Romanen rund um die »blauen Aschen«, die KIs noch eine wichtige Rolle spielen werden.
Übrigens, mit dem »Haus der blauen Aschen« beginnt Farnes Abenteuer eigentlich erst richtig. Die titelgebenden »blauen Aschen« tauchen erst kurz vor Schluss auf. Und so komme ich auch schon zum einzigen Punkt, der den sehr positiven Gesamteindruck etwas trübt – da dies ja nur der erste Teil einer Trilogie rund um die »blauen Aschen« ist, werde ich leider ein Jahr (!) auf die Fortsetzung warten müssen.
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