Wie der SPIEGEL vermeldet, schreibt der Carlsen Verlag im Bereich Comics nach Angaben des Carlsen-Verlegers Klaus Humann »dramatisch rote Zahlen«, und Humann sagt weiterhin: »deshalb müßten wir aus kaufmännischer Sicht das Comic-Programm eigentlich ganz einstellen«. Derzeit macht der Carlsen Verlag nur mit dem Bereich Kinderbuch Gewinne. Gewinne, aus denen momentan auch das defizitäre Comicprogramm bezahlt wird.
Vor drei Woche hat der Hamburger Carlsen Verlag nun deshalb seinem bisherigen Cheflektor Andreas C. Knigge gekündigt, der 15 Jahre lang das Comicprogramm betreute und ausbaute. Und lange Zeit war der Comicbereich auch der Hauptumsatzträger des Verlags. Heutzutage ist die Situation anders, wie der SPIEGEL vermeldet: »Am Carlsen-Umsatz sind die Strip-Alben heute nur noch zu einem Drittel beteiligt, vor allem aber sind nahezu alle Neuveröffentlichungen defizitär. Die Nachfrage ist derzeit so gering, daß der Verlag seine Bände nur noch in Auflagen von wenigen tausend Exemplaren druckt. In diesem Rumpfprogramm war für die ambitionierten Pläne des Lektors Knigge kein Platz mehr.«
Interessant die Zuweisung der Schuldfrage. Natürlich ist der Leser schuld, denn »Ein Achtjähriger, der am Computer groß wird, muß Comics todlangweilig finden, das einzig Interaktive an der Lektüre der Bildbände ist das Umblättern der Seiten.« so Knigge.
Daß dies aber Unsinn ist, beweisen neue Besucherrekorde beim diesjährigen Comicsalon in Erlangen und der Boom der amerikanischen Comicheftserien auf dem deutschen Markt.
»Die Erfolgscomics für die Nike- und Nintendo-Generation produzieren heute andere. Junge Häuser wie die Verlage Dino und Infinity verbreiten seit wenigen Jahren mit Erfolg Hefte in kreischbunten Farben, in denen die wüsten Abenteuer amerikanischer Superhelden geschildert werden. Hefte wie „Spawn“ oder „Lobo“ kosten nur 4,90 Mark und begeistern vor allem jene 14- bis 18jährigen, die von den etablierten Verlagen in den letzten Jahren ignoriert wurden. An die Stelle der klassischen Helden sind düstere Gestalten getreten, die moralfrei metzeln – all das aber ist grafisch so rasant und grell gestaltet wie ein Videoclip oder ein Computerspiel.«
Komisch, wie man hier versucht die Leser dieser Comics wieder in das Lager der trivialen Konsumenten zu verbannen, während man seine eigenen Comicproduktionen (die man zwar nicht verkaufen kann) im Bereich der Kultur ansiedeln will.
Das Medium Comic wurde gerade durch Verlage wie Carlsen kaputt gemacht, die ihr Seelenheil in überteuerten Ausgaben für den Sammler suchten. Es ging nicht mehr um Unterhaltung (was eigentlich der Urspung des Comics war und ist), sondern um Kultur, Kunst und gepflegte Langeweile. Zwar hat Carlsen auch die Schlümpfe und Tim & Struppi im Programm, doch auch hier machte man sich den Markt kaputt. Plötzlich gab es neue Tim & Struppi Luxusalben (kaum bezahlbar), und sonstige Spezialausgaben, die zwar kaum Käufer fanden, aber dem eigenen Renommee gut taten.
»Inzwischen sucht auch Carlsen offenbar das Heil im Heft. Vor zwei Jahren hatte sich die Verlagsleitung noch Knigges Wunsch widersetzt, die deutsche Version des amerikanischen Heft-Bestsellers „Spawn“ zu drucken. Seit Anfang des Jahres jedoch produziert Carlsen das Fantasy-Album „Elfquest“ auch als Heft für den Kiosk, zum Preis von neun Mark. Geplant sind zudem Heftserien zu den Kino- und TV-Hits „Godzilla“, „Akte X“ und dem Fantasy-Rollenspiel „Magik“ – ziemlich verzweifelte Versuche, in einem verlorenen Markt wieder Fuß zu fassen. Neue Leser will man auch mit Sonderpublikationen wie dem kürzlich erschienenen Rennfahrer-Album „Unser Schumi“ gewinnen.«
Wenn ich das so lese, dann sehe ich keine Chance mehr für einen Erfolg von Carlsen im Comicbereich. Anstatt zu lernen, versucht man sich nun im ultra-trivialen Bereich, den man eigentlich weder vertriebsmäßig noch Kundenmäßig bisher erfassen konnte. Ein Scheitern ist vorprogrammiert.
Ich selbst habe den Kauf von deutschen Comicausgaben schon längere Zeit eingestellt. Comics die mir gefallen erscheinen derzeit in Amerika in einigen Independent-Verlagen (die dafür regelmäßig Pleite gehen), und natürlich bei EHAPA, denn ich lese selbstverständlich jede Woche meine Micky Maus.