Die Story von THOR, der neuen Marvel-Superhelden-Verfilmung, die am 28. April 2011 in die Kinos kommt, beginnt in Asgard, dem himmlischen Reich an der Spitze des Universums, in dem sich König Odin mit schwindenden Kräften darauf vorbereitet, die Krone an seinen Sohn Thor zu übergeben. Lange Jahre hat Odin ein weitreichendes Friedensabkommen bewahren können – insbesondere mit seinem ärgsten Feind Laufey, dem Herrscher über das Eiskristall-Reich von Jotunheim. Ausgerechnet am Tage von Thors Krönungszeremonie jedoch brechen einige von Laufeys Soldaten die Regeln der Palastsicherheit. Ein gezielter Affront, den Thor mit überschäumendem Temperament und auf eigene Faust zu rächen aufbricht – fast mit katastrophalen Folgen. Zur Strafe für sein gefährliches und unreifes Verhalten wird Thor auf die Erde verbannt – oder nach Midgard, wie diese minderwertige Welt aus Odins Perspektive genannt wird…
Die Geschichte von THOR spielt also auf drei Welten– von denen aus Sicht der Filmemacher jede gleichermaßen echt wirken sollte. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, wie real der blaue Planet Midgard den meisten Zuschauern bereits vorkommen dürfte. Im Vergleich zu Mutter Erde jedoch sollten Asgard und Jotunheim in hehrer Marvel-Tradition so gegensätzlich wie möglich erscheinen. Asgard schimmert golden und erstrahlt geradezu vor majestätischer Macht, erworben in Jahrhunderten des Friedens und unter einem starken König. Doch während sich Asgard im Licht des Sieges sonnt, liegt Jotunheim im Schatten der Niederlage; so glauben es zumindest Laufey und seine Leute. Es ist ein kaltes Land, bewohnt von riesigen, blauhäutigen Frostgiganten, die von der Rache an Asgards Bürgern träumen. Um den Wechsel zwischen den Welten glaubhaft zu gestalten, war Branagh stets bemüht, visuelle Brücken zu schaffen, „die das spektakuläre Reich der Götter mit unserer Erde zu verbinden helfen“. Er fährt fort: „Wir brauchten einen Stil, der die Welten eint, aber den Charakteren auch erlaubt, ihre Reisen anzutreten und sich an ihren fremden Zielen wie Fische auf dem Land zu fühlen. Von Asgard nach Jotunheim zur Erde und zurück – das ist ein ziemlich wilder Trip. Und nicht nur die Fans sollen genug Zeit haben, alle Welten und ihre endlosen Details zu bestaunen.“
Als Produktionsdesigner wählte Branagh den vierfach für den Oscar® nominierten Bo Welch und erläutert: „Was ich von Bo brauchte und zur Genüge erhielt, waren freie Flüge der Fantasie. Er war furchtlos darin, die Erde der Gegenwart, das kosmische Asgard und die erschreckenden Schneewüsten Jotunheims so aufwendig wie möglich zu konzipieren, um sie dann durch kreatives Design miteinander zu verbinden. Natürlich nutzte er auch intensiv das vorliegende Material aus den Comics, doch wir wollten keine filmische Blaupause, sondern auch eine Explosion frischer Ideen. Bo fand sie in Büchern ebenso wie nach Blicken durch das Hubble-Teleskop. Was immer da draußen sein mag und aus astrophysischer Sicht heute hinsichtlich extraterrestrischen Lebens und der Möglichkeit interplanetaren Reisens denkbar scheint – es ging durch die Hände von Bo und seinen Leuten, die daraus die Basis für unsere Set-Designs schufen.“
Die Sets von Asgard und Jotunheim wurden über viele Monate auf riesigen Bühnen der Raleigh Studios in Manhattan Beach, Kalifornien, errichtet. „Am schwersten war es“, so Welch, „die Ästhetik Asgards zu finden. Auf der Suche nach dem Ende des Universums vergingen Monate mit Versuchen, Location-Expeditionen, abstrakten Ideen und kreativen Fehlzündungen, bevor wir mit unseren Illustratoren ironischerweise da landeten, wo wir recht simpel begonnen hatten. Wir beschlossen, dass ein Gottesreich an der Spitze der neun Dimensionen die privilegierte Perspektive der Bewohner reflektieren würde. Es wäre fortgeschritten, friedvoll und elegant, ganz anders als der überfüllte Wohnraum der Menschen. Das Ganze entwickelte sich dann zu einer minimalistischen architektonischen Konstruktion mit einem Hauch nordischer Einflüsse. Dabei übernahmen wir auch zentrale Motive aus Jack Kirbys Zeichnungen – Odins Bett und sein Thron zum Beispiel. Sehr spezifische Requisiten in einer sehr modernistischen Umgebung – ich denke, die Balance zwischen Kirbys und unseren Ideen ist gelungen.“
Welch fährt fort: „Beim Erbauen von Sets muss man stets berücksichtigen, was physisch geschaffen und was später digital ergänzt werden kann. Es ist immer von Vorteil, so viel wie möglich greifbar zu erbauen, um den Schauspielern sprichwörtlich etwas zum Festhalten zu geben.“ Beim Bemühen, das Glaubwürdige im Fantastischen zu finden, wirkten sich Welchs Bauten sehr hilfreich auf die Darsteller aus, wie Anthony Hopkins skizziert: „Als ich Bos Welten sah, dachte ich nur: Das ist so perfekt, dass ich bloß noch mein Kostüm anziehen und den Bart wachsen lassen muss – den Rest erledigt dann schon die Inspiration durch die grandiosen Kulissen!“ Loki-Darsteller Tom Hiddleston, ergänzt: „Eine meiner wichtigsten Sequenzen spielt im sogenannten Observatorium – einem Tor am Rande der Gotteswelt Asgards, das alle Reisenden passieren müssen. Und ich kann schon verraten: In THOR gibt es keine kleinen Visionen und unser Set war atemberaubend.“
Dieses von dem einsamen Krieger Heimdall (Idris Elba) bewachte Observatorium ist nur eine der Neuerungen des THOR-Films gegenüber den bekannten Marvel-Vorlagen. „In den Comics“, begründet der Designer, „steht Heimdall schlicht auf einer Regenbogenbrücke und starrt in den Weltraum. Doch für einen Film braucht man eine visuelle Entsprechung seiner Position. Und ohne zu viel zu verraten: Wir haben uns über Monate eine Methode ausgedacht, wie das Observatorium tatsächlich funktionieren könnte.“ Eine Schlüsselrolle bei der Erschaffung aller THOR-Dimensionen spielte auch Kameramann Haris Zambarloukos, der Branagh und Welch während des kompletten Designprozesses begleitete. Er erklärt: „Asgard ist ein warmer Ort, und wegen der metallischen Farben und glänzenden Beschichtungen beim Bau der Sets war klar, dass die Beleuchtung der Szenen durch Lichtreflexionen statt durch direkte Bestrahlung kommen musste. Es gibt keine Leuchtkörper, nur einige Feuer und strömendes Himmelslicht in Asgard, und bei manchen Kamerafahrten wirkt es, als gleite man durch einen goldenen Weltraum.“
Wesentlich unwirtlicher stellt sich die Atmosphäre nicht nur klimatisch in Jotunheim dar, einem kalten Ort, den Zambarloukos „als die Version der Hölle aus Sicht eines Wikingers“ beschreibt. Der Kameramann fährt fort: „Die Bewohner von Jotunheim stecken im ewigen Eis und Schnee, kaum geschützt durch dunkle Wälder, und zusammen mit Special-Effects-Koordinator Dan Sudick kreierten wir einen kalt glühenden Nebel, der alles umgibt. Eine meiner wichtigsten Inspirationsquellen war generell die Arbeit von Unterwasserfotograf David Doubilet. Ohne Künstlichkeit zeigte er eine Welt, die uns gleichsam vertraut und unendlich fern ist. Wenn er eine Sandbank fotografiert, wirkt es, als könne man meilenweit ins Weltall blicken.“
Der gebürtige Grieche Zambarloukos studierte nicht nur die Mythologie seines Landes, sondern war auch ein passionierter Comicleser. „‚Thor‘ war eines meiner Lieblingscomics und es erinnerte mich an die Art des Geschichtenerzählens, die ich in der Schule lernte. Um dieser Vorlage gerecht zu werden, nutzte ich Dutzende von Kranfahrten mit der Kamera, um die Weiten dieser Welten zu illustrieren und zur Schönheit des klassischen, epischen Kinos beizutragen. Ein Epos zu schaffen, gehört zum Schwersten, was sich ein Filmteam vornehmen kann, doch wenn man beim Gott des Donners nicht den ganz großen Wurf wagt – bei wem sonst?“
Wie jeder Thor-Fan weiß und Kinozuschauer in aller Welt bald erfahren werden, reisen die Götter durch ein Portal von einer Dimension in die andere – oder ein „Wurmloch“, wie es Jane Foster formulieren würde. Sie starten in Heimdalls Observatorium am Rande Asgards mit einem Energieschub, der Thor und seine kleine Gruppe von Kriegern erst nach Jotunheim und schließlich in irdische Gefilde führt. J. Michael Straczynski, Autor der „The Mighty Thor“-Comics, erläutert: „Es gab Phasen sowohl in der römischen als auch der griechischen Mythologie, als Menschen und Götter Seite an Seite wandelten. Da erschien es als natürliche Entwicklung, auch unseren Gott unter Normalsterbliche zu bringen. Genauer: auf die staubige Wüstenerde des malerischen New Mexico.“
Nach der Errichtung Asgards und Jotunheims auf kalifornischen Atelierbühnen zog die Crew im Frühling 2010 für Dreharbeiten nach Santa Fe, um in New Mexico an den Außendrehs zu arbeiten. In einer Jahreszeit also, in der der Himmel nicht immer sonnig, sondern binnen eines Tages auch Schnee, Hagel und heftige Winde mit sich bingen kann. „Es macht Sinn, dass wir an einem Ort drehten“, sinniert Branagh, „in dem die Menschen wegen Roswell professionell den Himmel beobachten. Wenn du schon als Außerirdischer auf der Erde landest und Wert auf eine freundliche Begrüßung legst, dann ist dies ein idealer Platz. So wählten wir stellvertretend für Midgard als irdisches Reich der THOR-Mythologie eine Location mit weiten Himmelspanoramen, in denen Unregelmäßigkeiten sicher gesehen würden.“
Für den Drehort New Mexico sprach überdies ein weiteres Element aus dem THOR-Drehbuch, das die finale Konfrontation zwischen unserem Titelhelden und seiner stählernen Nemesis betrifft, dem Destroyer. Produktionsdesigner Bo Welch führt aus: „Das Duell der beiden las sich für mich wie ein Showdown im Wilden Westen, was mich wiederum zur Tom-Ford-Ranch führte, an der schon Western wie SILVERADO (1985) gedreht wurden. Unser Showdown ist nun ein Update des klassischen Duells im Zentrum einer Main Street im bleihaltigen Westen – statt Mann gegen Mann geht es nur Gott gegen Roboter.“
25 Meilen außerhalb von Santa Fe lag die fiktive Filmstadt Puente Antiguo auf dem knapp 100 Quadratkilometer großen Gelände der Ford Ranch. Während in frühen Phasen der Drehbuchentwicklung sogar in Erwägung gezogen wurde, Thor im amerikanischen Westen der 1850er landen zu lassen, entschied man sich doch rasch für ein zeitgenössisches Setting, um mehr zur Identifikation mit den Charakteren einzuladen. „Es sollte sich echt und direkt anfühlen“, so Welch, „wenn die Bewohner des Städtchens zusehen müssen, wie der Destroyer ihre Stadt in Schutt und Asche legt.“
Kameramann Zamparloukos beschreibt den visuellen Stil der Location Puente Antiguo als „pures Amerika, eine Landschaft wie gemalt, sodass wir uns auch bei vielen Einstellungen bemühten, stets ein weißes Wölkchen am blauen Himmel zu haben“. Sein Kollege Welch regte zudem an, auch eine Reminiszenz an Asgard in Puente Antiguo anzusiedeln: „Es gibt eine Straße in der Stadt, die aus dem Nichts der Wüste auf eine alte Autowerkstatt trifft – und ein wenig ähnelt diese Linienführung dem von Heimdall bewachten Eingang nach Asgard. Es ist nur eine bescheidene, aber damit auch rührende Variante des grandiosen Observatorium-Designs.“
Im Vergleich zum Bau der extraterrestrischen Welten empfand Welch den Dreh in New Mexico „als Ferien, obwohl wir natürlich stets Sorge trugen, dass die visuellen Übergänge und Parallelen harmonierten“. Nahe der Filmstadt als Basiscamp errichtete seine Crew dafür etwa einen provisorischen Landungsstreifen für die Ankunft außerirdischer Besucher. Inspiriert von keltischen Designs und historischen Runen kreierten sie auf dem Boden eine im Durchmesser etwa acht Meter breite Markierung in Schablonenform, die mit Lavagestein dekoriert einen perfekten Landeplatz für Einreisende aus Asgard bot. „Wir trugen immer Schuhe ohne Profil, bevor wir den Set betraten, um das Design zu bewahren“, erinnert sich Welch, „doch in der Regel war das sinnlos, denn der Wind ruinierte in der Nacht dann doch alles.“
Quelle: Marvel Studios, Paramount
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