Die Ausgangssituation von Jack Harper (Tom Cruise) erinnert fast ein wenig an den kleinen, schrulligen Roboter Wall-E aus dem gleichnamigen Pixar-Film: Nach einem langen Krieg ist die Erde im Jahr 2077 nur noch ein verwüsteter Planet, die Menschheit längst zum Titan evakuiert und die Hauptaufgabe Jack Harpers ist es sozusagen noch ein wenig beim aufräumen mitzuhelfen. Als Techniker wartet er die Drohnen, die die Umwandlung des Meerwassers in Energie für den Titan überwachen und gleichzeitig verhindern sollen, dass versprengte Alien-Rebellen die Maschinen stören. Er und die anderen Techniker sind die letzten Menschen, die noch den Boden der Erde berühren. Seine Partnerin Vicka (Andrea Riseborough), die seine Missionen organisiert, verlässt den Skytower, der mehr als 1000 m hoch über dem verseuchten Erdboden in den Wolken thront, niemals.
Doch dann entdeckt Jack bei einem seiner Patrouillenflüge einmal keine kaputte Drohne, sondern ein abgestürztes Raumschiff und eine geheimnisvolle Frau – Julia (Olga Kurylenko). Jack ist verwirrt und er beginnt an der Wahrheit zu zweifeln, die für ihn solange unumstößlich war. Und er beginnt seine Effektivität als Drohnen-Monteur einzubüßen.
Bereits 2005, fünf Jahre bevor er bei »Tron: Legacy« Regie führte, hatte Joseph Kosinski laut den Presseinformationen von Universal die Idee zu einer zwölfseitigen Geschichte mit dem Titel »Oblivion« – »Vergessen«. Aber erst Jahre später gelang es ihm mit einen Trick die Story schließlich an ein Studio in Hollywood zu verkaufen: Er machte aus der Geschichte ein Comic und damit konnte er den Investoren schließlich zeigen, wie der Film dazu aussehen könnte. Ein wichtiger Punkt, denn bei der Umsetzung der Geschichte verwendete das Team um Kosinski tatsächlich extrem viel Zeit darauf, dem Film eine optische Brillanz zu verpassen, die man manchmal in Hollywoods Einheits-SF-Design vermisst – und wirklich sehenswerte Sets für diese Zukunftsvision abzuliefern (anhand der Szenenfotos kann man dies bereits ganz gut erkennen). Das Presseheft erklärt u.a. ausführlich, wie es gelang, das Set des Skytowers tatsächlich so unwirklich sauber und kühl wirken zu lassen, wie es die Science-Fiction-Idee forderte (siehe dazu den Info-Kasten weiter unten). Das Team um Regisseur Kosinski gab sich hier alle Mühe die Welt Jack Harpers zum Leben zu erwecken und wie bei »Tron: Legacy« ist das Ergebnis sehenswert. Der Blick in den Lebenslauf des Regisseuers liefert die Erklärung dafür – Joseph Kosinski machte vor seiner Filmlaufbahn an der Columbia University einen Masterabschluß in Architektur. Aber auch die Außenaufnahmen, die in Island stattfanden und die digitalen Sets faszinieren auf der großen Leinwand – besonders der Blick am Himmel auf den zerstörten Erdmond.
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Die Wahl von Tom Cruise als Jack Harper und Hauptdarsteller ist die konsequente Fortsetzung des Gedankens die Optik in den Vordergrund zu setzen: Tom Cruise, der hier zum ersten Mal seit »Minoriy Report« wieder in einem SF-Film mitspielt, ist der große Namen, der es schafft auch den normalen Kinobesucher in diesen eigentlich sperrigen Film zu locken. Die Einspielergebnisse aus den USA beweisen dies eindrucksvoll – mit 37 Millionen US-Dollar Einspielergebnis am Startwochenende ist das Kalkül aufgegangen.
Aber nun sind Sets und Schauspieler nun mal ja nicht alles. Und hier machen sich die Schwachpunkte bemerkbar: Zwar hält der Film trotz seiner vielen Anleihen bei anderen SF-Werken eine Überraschung für den Zuschauer bereit, aber er schafft es nicht diese dem Publikum so zu präsentieren, dass diese zu einem großen Gänsehautmoment wird, zu einem Ah!-Erlebnis. Ausgerechnet bei der großen Enthüllung und den sich bietenden emotionalen Momenten versagt der Film, denn alles an ihm bleibt auch dann noch so unnahbar und kühl wie das Design des Skytowers. Optisch sauber und perfekt, ästhetisch, aber nicht berührend. Tom Cruise und Josef Kosinksi schaffen es nicht mit den Gefühlen des Zuschauers zu spielen – und so tauchen die großen Offenbarungen zwar auf, aber sie berühren einen kaum. Und einige wichtige Teile der Geschichte werden uns dann ausgerechnet nur erzählt (z.B. der Krieg um die Erde) – und nicht auf der Leinwand gezeigt und so miterlebt. Tom Cruise darf als Jack Harper deshalb angesichts des großen Rätsels ausgiebig verwirrt gucken und um sich ballern, aber dem Publikum wirkliche Emotionen angesichts seiner Rolle im großen Spiel zu zeigen, das gelingt ihm kaum.
Im Film taucht immer wieder die Frage auf, ob Jack Harper und Vicka, seine Partnerin im Skytower, noch ein effektives Team bilden. Auf die Frage, ob der Film und das Genre Science Fiction ein effektives Team sind, lautet die Antwort ja – Tom Cruise ist das ideale Vehikel, um diesem etwas blutleeren Film zumindest optisch noch etwas mehr Glanz zu verpassen. Aber, muss man dabei auch ergänzen: Glanz ist nicht alles. Etwas mehr Herzblut wäre auch schön gewesen.
Am Ende des 21. Jahrhunderts bildet die Welt über den Wolken einen starken Gegensatz zum verwüsteten Erscheinungsbild der in Trümmern liegenden Erde. Jack und Vika sind die Mannschaft, die für letzte Aufräumarbeiten zuständig ist. Schon bald sollen sie zu den Überlebenden stoßen, die auf einer neuen Kolonie leben. Derzeit bewohnen Jack und Vika eine funktionale Station, aus der sie ein atemberaubendes Panorama genießen.
Gilford erläutert seine Inspirationsquellen für die Erschaffung dieses Filmuniversums: „Der Kontrast zwischen diesen beiden Welten – über den Wolken und auf der Erde – war im Hinblick auf das Design überaus wichtig. Die Welt über den Wolken sollte aus High-Tech bestehen, sauber und synthetisch wirken. Unten liegt die Welt in Trümmern, wo die Scavenger lauern. Der Schnittpunkt und die Reibungspunkte dieser beiden Welten sind dabei entscheidend.“
Jacks und Vikas Zuhause ist die Station Skytower, einer der ersten Schauplätze, die die Zuschauer kennenlernen. Kosinski war es besonders wichtig, dass die zerbrechliche Struktur so wirkt, als liege sie auf einer Höhe von rund 1.000 Metern über der Erde, in der Troposphäre. Gilford sagt: „Der Skytower sollte so aussehen, als sei damit die Grenze dessen erreicht, was Ingenieure und Architekten gewährleisten können. Der Skytower ist eine futuristische Weiterentwicklung der Architektur; das Können der Ingenieure hat sich dermaßen weiterentwickelt, dass eine solche Struktur tatsächlich stabil ist.“
Diese moderne Unterkunft, geprägt von Blau-, Grau- und Weißschattierungen, lässt und in eine mögliche Zukunft blicken, die 60 Jahre nach unserer Zeit angesiedelt ist und das entsprechende Design mitsamt funktionaler Möglichkeiten bietet, die das Leben in der erdnahen Atmosphäre erfordert. Die gesamte Ausstattung – Wohnzimmer, Esszimmer, Schlafzimmer, Küche, Krankenstation, Badezimmer, Sportzentrum und Schwimmbad – ist praktisch und fantasievoll. Gilford verrät: „Jack und Vika wohnen in dieser Oase über den Wolken. Es herrscht also ein scharfer Kontrast zwischen dieser friedlichen, schönen Umgebung in luftiger Höhe und dem gefährlichen, feindseligen Terrain auf der Erdoberfläche.“
Fünf Monate vor Beginn der Hauptdreharbeiten begann man auf Stage 5 in den Celtic Studios mit dem Bau des Skytower. Vom Schreiner bis hin zum Lichtdesigner arbeiteten alle Fachleute rund um die Uhr, um Räumlichkeiten zu erschaffen, die den Traum eines jeden Hausdesigners übertreffen. Produzent Henderson berichtet, das Ziel sei gewesen, dieses Set wie ein Heiligtum zu bewahren: „Bei den Dreharbeiten im Skytower bekam man so ein Zen-Feeling. Niemand trug Schuhe, damit alles möglichst sauber und rein blieb; alle trugen Socken oder Booties.“
Um eine möglichst realistische Performance zu erzeugen – und die Reflektionen zu perfektionieren -, entschied sich Kosinski dafür, das fast völlig aus Glas bestehende Skytower-Set so aussehen zu lassen, als befände es sich auch während der Dreharbeiten tatsächlich inmitten der Wolken… Deswegen gab es keine Blue-Screen. Das VFX-Team unter der Leitung des Oscar-preisgekrönten Eric Barba und der Leiter der VFX-Abteilung von Pixmondo, Bjørn Maer, mussten sich einen innovativen Weg einfallen lassen, um das zu gewährleisten.
Kosinski und Barba wussten, dass man viel von den alten Front-Projektions-Techniken lernen konnte, ähnlich der Methode, die von Filmemachern wie Stanley Kubrik für „2001: Odyssee im Weltraum“ eingesetzt wurde. Mit „Oblivion“ wollte man dieser Methode am Skytower-Set zu einem neuen Höhenflug verhelfen; also schloss sich Barba mit der Production Resource Group (PRG) zusammen, um einen realistischen Himmel für das Set entstehen zu lassen.
PRG ist bekannt für die Erschaffung der Looks der Olympischen Spiele, der Oscar-Preisverleihung und des Super Bowl. Das Unternehmen ist darauf spezialisiert, in besonders weitläufigen Räumlichkeiten zu arbeiten. Doch für „Oblivion“ stand das Team vor der Herausforderung, genau die gleiche, klare und präzise Bildlandschaft innerhalb weitaus kleinerer Räume zu erzeugen – in denen zudem bereits ein fertig errichtetes Set stand. Drei Wochen intensiver Arbeit und Kamera-Tests waren nötig, um genau den Look zu erreichen, der Kosinski, Barba und Miranda glücklich machen sollte.
Die Bildtafeln, auf die der den Skytower umgebende Himmel projiziert werden sollte, wurden von der VFX-Crew tatsächlich vor Ort auf Hawaii gefilmt. Im Januar 2012, noch vor Beginn der Dreharbeiten, begab sich die Filmcrew vier Tage lang auf den über 3.000 Meter hohen Gipfel des berüchtigten Haleakalā-Kraters auf Maui. Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang filmten sie dort mit drei Kameras unterschiedliche, dramatische Versionen des Himmels. Diese 120-Grad-Panorama-Aufnahmen wurden mit einer Auflösung von 1,920 Pixel Höhe und 1,080 Pixel Breite gedreht. Schließlich wurden 10 unterschiedliche Looks für den Einsatz im Film ausgewählt.
Die von diesen drei Kameras eingefangenen Himmels-Landschaften wurden nahtlos zusammengefügt, sämtliche den Vulkankrater umgebenden Berggipfel wurden wegretuschiert. Dann wurden zum Film gehörende Details in die Nachtaufnahmen eingefügt, z.B. bestimmte Konstellationen und der zerstörte Mond. Das Endergebnis waren 35 Minuten wunderbarer Aufnahmen, die reibungslos projiziert werden konnten. Insgesamt entstanden die Himmelsprojektionen durch 20 HD-Projektoren und 34 Video-Feeds, wobei man 19 Bildzonen auf unterschiedlichen Ebenen einsetzte, die mit den fast 13 Meter hohen und über 152 Meter langen Bildschirmen verbunden waren. Zwei Techniker waren für dieses Projektions-System nicht nur verantwortlich, sondern erfanden auch noch eine Methode, mit der sämtliche Gerätschaften lautlos liefen und korrekt gekühlt wurden.
Zach Alexander, einer der Verantwortlichen für die Projektionen, berichtet: „Wir hatten einen Nachthimmel, einen Sturm, Nachtaufnahmen mit Wolken und weniger Helligkeit, zwei unterschiedliche Sonnenuntergänge, zwei Sonnenaufgänge, außerdem blauen Himmel. Noch einmal halb so viele Variationen hatten wir dann für den anderen Raum – nur mit etwas anderen Wolkenkonfigurationen, basierend auf Joes künstlerischen Wünschen für das Aussehen des Himmels in einer bestimmten Aufnahme.“
Sowohl der Stab als auch die Schauspieler waren beeindruckt vom Ergebnis. Riseborough meint: „Im Skytower über Wochen hinweg zu leben und zu arbeiten war, als würde man sein echtes Leben leben – abgesehen von diesem atemberaubenden Panorama-Ausblick. Für Tom und mich war es großartig, keine Blue-Screen vor den Fenstern haben zu müssen und all diese Spiegelungen am Set miterleben zu können.“
Der Hauptdarsteller stimmt in vollem Umfang zu; Cruise sagt: „Ohne Green-Screen agieren zu können ist für einen Schauspieler sehr hilfreich. Alles ist interaktiv, also war dies zweifellos das schönste und friedlichste Set, an dem ich je gearbeitet habe. Die natürlichen Lichtverhältnisse wurden zu unserer Beleuchtung. Durch die Wolken, die rund um uns projiziert wurden, bekam das gesamte Set ein sehr ätherisches, gleichzeitig aber auch sehr unmittelbares Feeling.“
Weitere Teile des großen Skytower-Sets – darunter Jacks Werkstatt, in der er eine Drohne repariert, und Vikas hermetisch abgeriegelter Kontrollraum, in dem sie von Sally per Funk Anweisungen empfängt – wurden an anderen Stages in den Celtic Studios errichtet.
(Auszug aus dem Presseheft zu »Oblivion«, © Universal)
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