Filmkritik: »Sunshine« (2007)

In Danny Boyles neuem Kinofilm spielt unser nächster Stern, unsere Sonne, die Hauptrolle. Die Idee dazu hatte der Drehbuchautor Alex Garland 2004 nach der Lektüre eines Artikels in einem Wissenschaftsmagazin: »Ich hatte mir immer schon gewünscht, eine Art Science-Fiction-Story zu schreiben. Ich wollte erforschen, was passiert, wenn ein Mensch ins All reist, was körperlich und geistig mit ihm geschieht. Ich hatte lange nach der richtigen Storyidee gesucht und fand sie nun in diesem Artikel, der darüber spekulierte, was für Folgen das Sterben der Sonne für die Erde hätte. Ohne Sonne gibt es auf der Erde nämlich kein Leben. Was ich dabei besonders spannend fand, war nicht die allgemeine Spekulation über das Aussterben der Menschheit, sondern der konkrete Fall: Wie würde der Mensch sich verhalten, wenn er wüsste, dass er bald sterben muss. Wie würde derjenige, der die Menschheit retten soll, mit dem Druck umgehen, den diese Herausforderung an ihn stellt? Von dieser Überlegung aus brachte ich meinen Plot zu Papier.«Und so wurde »Sunshine« nicht zu einem klassischen Katastrophenfilm, sondern zu einem Psychothriller, der sich einzig und allein auf die Menschen konzentriert, die losgeschickt wurden, die gesamte Menschheit zu retten. Denn in »Sunshine« stirbt die Sonne – und mit ihr stirbt auch die Menschheit. Die einzige Rettung, nachdem bereits eine Mission gescheitert ist, ist ein Raumschiff, die Icarus II. Eine internationale Crew von acht Frauen und Männern unter der Führung von Kapitän Kaneda soll eine Sprengladung zur Sonne bringen, um den lebenswichtigen Stern wieder entzünden. Es ist die letzte Chance der Menschheit zu überleben. Im Verlauf der Mission, der Funkkontakt zur Erde ist bereits abgebrochen, wird die Mannschaft auf eine harte Probe gestellt: das Team empfängt ein Notsignal der Icarus I, des Raumschiffs, das vor sieben Jahren spurlos verschwand, und alle geraten durch einen folgenschweren Fehler in tödliche Gefahr. Über Nacht kämpft die Mannschaft plötzlich um Leben und Verstand, wohl wissend, dass die Zukunft des blauen Planeten in ihren Händen liegt…

Der britische Regisseur Danny Boyle mochte die Story von der Reise der Icarus zur Sonne gleich aus zweierlei Gründen: »Der Flug zum Stern stellt visuell eine große Herausforderung dar, aber auch die psychologische Komponente ist nicht zu unterschätzen. Wir wollten so viel Psychologie wie nur möglich einbauen.« Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass der Film an »28 Days Later« erinnert: man hält sich nicht lange mit der Vorgeschichte auf, und so wie die Hauptfigur in »28 Days Later« aufwacht, und die Seuche längst ausgebrochen ist, so beginnt »Sunshine« nicht damit, dass Forscher feststellen, dass unsere Sonne den Geist aufgibt, sondern wir werden sofort mit den Problemen auf der Icarus II konfrontiert. Das funktioniert natürlich vor allem deshalb so gut, weil die Figuren brillant ausgearbeitet, die Schauspieler gut ausgewählt sind und die Geschichte sich immer auf die Charaktere konzentriert und nicht auf die Special Effects oder die Katastrophe.

Sunshine – die Crew der Icarus

Um den Schauspielern beizubringen, was es bedeutet eine monatelange Reise auf engstem Raum an Bord eines Raumschiffs zu unternehmen, bestand Danny Boyle vor den Dreharbeiten darauf das Ensemble für zwei Wochen zusammen leben zu lassen. »Im Film lernen wir die Crew kennen, nachdem sie bereits 16 Monate auf dem Raumschiff zugebracht haben, also musste so schnell wie möglich ein Teamgefühl aufkommen und die Schranken mussten fallen.« Also zogen alle acht Besatzungsmitglieder der Icarus II in eine Studentenunterkunft im Londoner East End. »Man schickte uns in ganz normale, karge und nicht sehr opulente Studenten-WGs«, lacht Curtis. »Ich dachte ja, wir werden in einem großen Haus zusammen leben, miteinander das Essen kochen und uns amüsieren. Aber nein, wir landeten in einer Studentenbude mit Zellen-artigen Zimmern, Einzelbetten, eigenen Duschen und Toiletten und einer sehr einfach ausgestatteten Küche.«

»Ich fand all diese Vorbereitungen toll«, gesteht Chris Evans (»Fantastic Four«). »Es war wie zu meinen Theater-Zeiten. Wir hängten uns richtig rein, um zu verstehen, worum es bei diesem Film geht und was diese Charaktere durchmachen. Es war eine wundervolle, unschätzbare Erfahrung.«

Sunshine – Die Sonne

Und dann ist da noch die eigentliche Hauptfigur des Films: die Sonne. Mit Hilfe starker Scheinwerfer, einem genialen Kamerateam und einiger geschickter Einstellungen wird die Hitze und die gewaltige Helligkeit der Sonne für den Kinobesucher fast spürbar. Da der ruhige Soundtrack die Faszination über den Himmelskörper, dem sich die Crew mit ihrem Raumschiff stetig nähert, außerdem auch noch perfekt unterstützt, würde man sich als Zuschauer auch mit einem dokumentarisch gehaltenen Film über den Flug zur Sonne zufrieden geben. Doch so spannend der Flug zur Sonne und die Mission alleine eigentlich schon sind, so reichte dies den Machern wohl nicht für einen Kinofilm und deshalb wird etwas unpassend ein Gegner erzeugt. Und das ist fast schon ärgerlich, denn der Film hätte das eigentlich nicht nötig. Die Optik ist so gut gelungen, daß der Film auch so spannend genug wäre, denn die Sonne ist hier selbst einer der Protagonisten, der eigentliche Gegenspieler der Crew.

»Sunshine« ist ein ruhiger und gleichzeitiger aufregender Film geworden, der vor allem von seinen Schauspielern und der Grundidee lebt. Der Actionplot wirkt aufgesetzt, aber kann den Gesamteindruck nicht trüben. Fazit: Ein schöner Film, der vor allem im Kino optisch beeindruckt!


»Sunshine« (2007)

Kinostart: 19. April 2007, Filmlänge: ca. 108 Minuten
Regie: Danny Boyle
Schauspieler: Rose Byrne, Cliff Curtis, Chris Evans, Troy Garity, Cillian Murphy, Hiroyuki Sanada, Benedict Wong, Michelle Yeoh
Drehbuch: Alex Garland
Musik: John Murphy und Underworld
Koproduktion: Bernanrd Bellew
Visual Effects Supervisor: Tom Wood
Schnitt: Chris Gill
Produktionsdesign: Mark Tildesley
Kamera: Alwin Küchler b.s.c.
Produktion: Andrew MacDonald

© SF-Film.de (Text), 20th Century Fox (Bild)