Filmkritik: »Wolverine – Weg des Kriegers« (2013): Ein Ronin sucht seinen Lebenszweck

Wer schon immer mal wissen wollte, ob Wolverine auch den Abwurf einer Atombombe überlebt, erhält die Antwort gleich zu Beginn des zweiten Solo-Kinoabenteuers des haarigen Mutanten. Logan ist an jenem schicksalhaften 9. August 1945 Gefangener einer japanischen Garnison nahe Nagasaki. Als die amerikanische Atombombe fällt, kann er einem japanischen Offizier das Leben retten – auch wenn Logan dabei durch den Feuersturm in Sekundenbruchteilen wie ein Spanferkel auf dem Grill geröstet wird. Aber Logans Selbstheilungskräfte lassen ihn auch das überstehen…
68 Jahre später, in der Jetztzeit, hat sich Wolverine nach Alaska zurückgezogen, wo er im Wald als Einsiedler lebt. Trotzdem schafft es die japanische Leibwächterin Yukio (Rila Fukushima) ihn dort aufzuspüren und ihn dazu zu überreden nach Japan zurückzukehren – aus dem japanischen Soldaten, dem Logan einst das Leben rettete, ist ein Konzernboss geworden der nun im Sterben liegt. Shingen Yashida (Hiroyuki Sanada) will Wolverine noch auf dem Sterbebett ein Geschenk machen: er will Wolverine helfen seine Selbstheilungskräfte loszuwerden. Noch bevor Wolverine sich entscheiden kann, stirbt Yashida – und auf der Beerdigung wird seine Enkelin Mariko (Tao Okamoto) entführt. Wolverine nimmt die Verfolgung auf, doch irgendetwas stimmt nicht – seine Wunden heilen nicht mehr…

Wolverine

Die Handlung von »Wolverine – Weg des Kriegers«ist zeitlich einige Jahre nach den Geschehnissen im dritten X-Men-Kinofilm »Der letzte Widerstand« angesiedelt. Damals kam es zu dramatischen Ereignissen, in deren Verlauf Charles Xavier (Professor X) starb, Eric Magnus Lensherr als Magneto seine Kräfte verlor und Wolverine die zur Phoenix gewordene Jean Grey töten musste. Verfolgt von den Dämonen der Vergangenheit zog sich Wolverine deshalb von den anderen X-Men zurück, aber noch immer träumt er Nacht für Nacht von seiner geliebten Jean Grey (Famke Janssen).
Der sterbende Yashida bezeichnet ihn deshalb als Rōnin, als herrenlosen Samurai (wobei der Begriff auch als »umherwandernder Mensch« interpretiert werden kann), der ziellos und ohne Meister durch die Welt streift. »Wolverine – Weg des Kriegers« ist die Suche Logans nach Erlösung, aber auch nach einem neuen Sinn im Leben. Doch dazu mehr erst am Ende dieser Kritik.

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Wolverines Verfolgung der Entführer Marikos und die weitere Flucht führen mitten hinein in das moderne Japan. Regisseur James Mangold versucht hier einen Thriller zu inszenieren. Wolverine wird zum verletzlichen, gebrochenen Helden, der schwer an seiner Vergangenheit trägt, aber alles tut um einen anderen Menschen zu beschützen – man kennt das Schema längst. Es funktioniert manchmal richtig gut: So ist der Kampf ihn und vor allem auf dem japanischen Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen rasant und sehenswert geworden. Und andererseits steht er später verletzt als Bewacher Marikos im Regen, bis er vor Erschöpfung zusammenbricht.
Aber dann fragt man sich als Zuschauer aber auch wieder irgendwann, was diese Geschichte mit dem Verlust der Selbstheilung und der Rahmenhandlung zu tun hat. Hier hakt der Film etwas, denn sie hat eigentlich kaum etwas damit zu tun. Und so schwenkt der Film schließlich wieder um und wird doch noch zum Superhelden-Film inklusive einem Endkampf in einer geheimen wissenschaftlichen Einrichtung.


»Wolverine – Weg des Kriegers« greift allenfalls Motive seiner bekannten Comicvorlage auf, aber erzählt eine völlig andere Geschichte. Der Film leidet dabei vor allem darunter, dass er sich nicht entscheiden kann, welchen Ton er anschlagen möchte – der stellenweise gut inszenierte Thriller-Teil funktioniert dabei deutlich besser als die dümmlich geratene Superhelden-Bedrohung. Das auch das Verdienst von Hugh Jackman, der immer noch mehr in die Rolle des Wolverine hineinzuwachsen scheint und für den neuen Film (der immerhin 13 Jahre nach dem ersten »X-Men«-Film produziert wurde) auch wieder ordentlich Muskelmasse zugelegt hat.

Letztlich aber – und hier sei gleich mal gesagt, dass im Abspann noch eine wichtige Bonusszene lauert – geht es im Film vor allem um eine Frage: Bleibt Wolverine ein Rōnin, oder findet er einen neuen Sinn im Leben oder gar einen neuen Meister? In »Iron Man 3« wird auch Tony Stark mit der Sinnfrage konfrontiert und er beantwortet sie damit, dass er sich als »Mechniker« bezeichnet. Logans Antwort in »Wolverine – Weg des Kriegers« kann man als direkte Überleitung zu Bryan Singers nächstem X-Men-Film verstehen, und sie lautet: Ja, Wolverine ist als X-Men zurückgekehrt!

Wolverine PosterTHE WOLVERINE
dt. »Wolverine – Weg des Kriegers«
Regie: James Mangold
Drehbuch: Marc Bomback, Scott Frank
Darsteller: Hugh Jackman, Hiroyuki Sanada, Tao Okamoto, Rila Fukushima, Famke Janssen, Will Yun Lee, Svetlana Khodchenkova, Haruhiko Yamanouchi, Brian Tee
Produktion: Lauren Schuler Donner, Hutch Parker
Ausführende Produktion: Stan Lee, Joe Caracciolo, Jr.
Kamera: Ross Emery
Produktionsdesign: Franҫois Audouy
Schnitt: Michael McCusker, A.C.E.
Visual Effect Supervisor: Philip Brenan
Musik: Marco Beltrami
Kostüme: Isis Mussenden
Associate Producer: Tom Cohen
Laufzeit: ca. 129 Minuten
Kinostart: 25. Juli 2013

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