Titel der Originalausgabe: »The Gods Themselves« (1969)
aus dem Amerikanischen von Thomas Schlück
Titelbild von Karel Thole
München, 1980, 5.80 DM, 318 Seiten
Der Roman »The Gods Themselves« (dt. »Lunatico, oder: Die nächste Welt«) aus dem Jahr 1972 ist ziemlich genau zwischen der frühen (1950-1958) und der späten Schaffensperiode (1982-1992) von Isaac Asimov angesiedelt. Eigentlich schrieb Asimov in dieser Zeit fast nur populärwissenschaftliche Texte und Bücher und es schien, als ob er sich von der Science Fiction abgewandt hätte. Und doch gewann er mit diesem Roman, der sich auch später strikt der Eingliederung in den erweiterten »Foundation-Zyklus« widersetzte, den HUGO- und den NEBULA-Award.
Durch einen Zufall macht der Radiochemiker Frederick Hallam eine schier unglaubliche Entdeckung, die ihn später zu einem angesehenen Wissenschaftler werden läßt: Kleine Mengen des Wolfram-Isotops 186 scheinen sich plötzlich und unerwartet in stabiles Plutonium-186 zu verwandeln! Die Lösung für dieses Phänomen, das große Mengen an Energien liefern kann, ist bald gefunden, aber ebenso unglaublich. Das fremde Isotop stammt nämlich aus einem Paralleluniversum, in dem andere Naturkonstanten gelten und Plutonium-186 ein stabiles Isotop ist! Hallam entwickelt eine Maschine, die „Elektronenpumpe“, die sich diesen Effekt zunutze macht und quasi unendliche Energiemengen durch den interuniversellen Austausch aus dem Nichts erschaffen kann! Doch ein paar Wissenschaftler haben Zweifel, ob dieser Austausch mit dem fremden Universum wirklich ohne unerwünschte Nebenwirkungen erfolgen kann…
Der Roman „The Gods Themselves“ zerfällt in drei Teile, die unterschiedliche Hauptfiguren besitzen und auch verschieden aufgebaut sind. Während wir in Abschnitt eins die Geschichte der „Elektronenpumpe“ geschildert bekommen und gleichzeitig das Gefahrenpotential offensichtlich wird, wechselt Asimov im zweiten Teil des Buchs mit seiner Schilderung zum Paralleluniversum. Und hier zeigt sich ein unerwartet starker Asimov, denn seine Schilderung der fremden Zivilisation, die die „Positronenpumpe“ auf dieser Seite der Dimensionsgrenzen betreibt, ist unerwartet lebendig und überraschend. Fast würde man sich wünschen, daß dieser Teil des Buches eigenständig als Novelle existieren würde, denn mit dem abschließenden dritten Teil kehrt Asimov handlungstechnisch wieder in unser Universum zurück und bringt die Geschichte zu einem fast schon uninteressanten Abschluß. Dieses letzte Romandrittel spielt übrigens auf dem Mond und ist wohl auch als Hommage an Robert A. Heinlein gedacht (vieles erinnert an „The moon is a harsh mistress“).
Alles in allem ist „Lunatico, oder: Die nächste Welt“, wie der deutsche Titel des Romans lautet, ein Musterbeispiel für die klassische Ideen-SF. Im Fokus des Romans steht nicht eine einzelne Person und ihr Handeln, sondern vielmehr eine wissenschaftliche Idee und ihre Folgen. Das einem dabei die Figuren fremd bleiben, ist bedauerlich. Andererseits bricht Asimov mit dem Mittelteil des Buches aus diesem strengen Rahmen aus und zeigt sich mit seiner Schilderung der fremden Welt als deutlich erwachsenerer Autor, der auch schwierige Charakterschilderungen meistern kann (wie auch später bei „The Bicentennial Man“).
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