Nach insgesamt 68 Ausgaben (davon erschienen allerdings die letzten 26 nur noch online) stellt das 1990 in Ost-Berlin gegründete Science-Fiction-Magazin »Alien Contact« nun offiziell sein Erscheinen ein. Da die letzte Ausgabe bereits im Dezember 2005 erschienen war, war allerdings bereits seit geraumer Zeit über das endgültige Aus für das Magazin spekuliert worden.
Einer der Gründe für die Einstellung von »Alien Contact« war sicher die zunehmende Arbeitsbelastung des Shayol-Teams durch das wachsende Verlagsprogramm. Andererseits arbeiten Teile der alten »Alien Contact«-Redaktion nun bereits seit geraumer Zeit an den Vorbereitungen zu einem neuen gedruckten Magazin, das im März 2007 erstmals erscheinen soll: »PANDORA wird halbjährlich erscheinen und auf über 200 Seiten vor allem anglo-amerikanische Erzählungen bringen. Angepeilt ist das ganze Spektrum von Science Fiction über Fantasy bis Horror, vor allem auch deswegen, weil die besten Autoren unserer Zeit den Genregrenzen nicht allzu große Beachtung schenken.
Für den ersten Jahrgang konnten wir unter anderen Tad Williams, Elizabeth A. Lynn, Michael Moorcock, J.G. Ballard, Boris Strugatzki und Kelly Link gewinnen, an deutschsprachigen Autoren werden Tobias O. Meißner und Dietmar Dath vertreten sein. Ein Sekundärteil wird Essays von John Clute, Adam Roberts, S.T. Joshi, David Pringle und anderen enthalten. Neben großen Namen werden aber auch viele Newcomer vertreten sein.«
Herausgegeben wird das Magazin von Hannes Riffel (auch bekannt unter seinem Pseudonym Felix Darwin), der mit Jakob Schmidt den Kern der Redaktion bildet. Zur Seiten stehen ihnen als Beirat John Clute und Hardy Kettlitz, sowie das Shayol-Team.
Es hat sich also ein neues Redaktionsteam gebildet, und »Pandora« soll nicht online, sondern als Printausgabe erscheinen. Will man »phantastisch!« und »Nova« also nicht ganz den Markt überlassen? Oder ist der Begriff »Magazin« hier nicht eigentlich falsch gewählt und »Pandora« wird letztlich eine Anthologiereihe, aufgepeppt mit einigen Essays? Fakt ist zumindest, dass man vor allem auf Übersetzungen aus dem angloamerikanischen Raum setzt, was nicht verwundert, da Herausgeber Hannes Riffel diesen schon wiederholt als »vielversprechende Alternative zur Wüste des deutschsprachigen Kurzgeschichtenmarktes« (aus: »phantastisch! 7«) bezeichnete. Man plant wohl damit die Lücke zu schließen, die auf dem deutschen Markt durch die Einstellung der Anthologiereihen des Heyne-Verlages mit internationaler SF entstand.
Werfen wir jedoch einen Blick zurück auf die Geschichte von »Alien Contact«…
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»Alien Contact«, das ist jetzt endgültig zu Grabe getragen wird, wurde Anfang 1990 auf eine Initiative von Krischan Schoeninger, einem der Gründer des Ostberliner SF-Clubs Andymon, aus der Taufe gehoben. Man wollte die durch den Mauerfall gewonnene Freiheit nutzen, um sich den Traum eines eigenen SF-Magazins zu verwirklichen. Zusammen mit Gerd Frey, Hardy Kettlitz und Ralf Jakob wurde die AVALON Verlag GmbH gegründet, später stieß noch Berit Neumann zum Team. Die erste Ausgabe erschien mit einer Startauflage von 40.000 Stück und es wurde an den Kiosken in Ostdeutschland tatsächlich über die Hälfte der gedruckten Exemplare verkauft. In Folge erschien »Alien Contact« dann zunächst zweimonatlich, ab der Nummer 6 sogar monatlich. Nachdem die ersten Ausgaben vor allem mit den Beiträgen ostdeutscher Autoren gefüllt wurden, kamen aber der Nummer 4 auch zunehmend westdeutsche Autoren hinzu, ab Ausgabe 6 auch erstmals internationale. Damit gelang es »Alien Contact« auch langsam in Westdeutschland etwas bekannter zu werden. Vor dem Erscheinen der Ausgabe 9 kam es jedoch im ostdeutschen Magazinbereich zum Zusammenbruch, da jetzt zunehmend auch westdeutsche Zeitschriften auf den Markt drängten. Die AVALON Verlag GmbH mußte Konkurs anmelden.
Dies hätte das Ende des jungen Pflänzchens »Alien Contact« bedeuten können, doch es kam anders: »(Wir suchten nach einer Möglichkeit) AC irgendwie weiterzuführen. Wir fanden schließlich in Eckhard D. Marwitz einen Freund und Partner, der durch seine Hilfe ein Weitererscheinen des Heftes ermöglichte. Die Auflage und der Farbteil wurde reduziert, inhaltlich gab es jedoch keine Veränderungen.« (zitiert nach: »Alien Contact History«, Edition Avalon, Berlin 1995). Herausgegeben wurde das mittlerweile in einer Auflage von nur noch 5.000 Stück gedruckte Magazin nun von der neugegründeten Edition Avalon. Mit der Doppelausgabe 15/16 mußte man allerdings vom Grossovertrieb endgültig Abschied nehmen. »Alien Contact« war nun nur noch im Abonnement oder im Direktvertrieb zu beziehen. Und auch inhaltlich setzte eine Kehrtwende ein: »Wir standen vor dem Problem, daß insbesondere die ostdeutschen Profiautoren kaum noch neue Geschichten verfaßten. Also änderten wir das Profil des Magazins, indem verstärkt westdeutsche Autoren der jüngeren Generation zu Wort kamen. Statt wie früher amerikanische Stories zu bringen, konzentrierten wir uns nun auf Autoren aus dem europäischen Ausland.« (Ibid).
Das Aussehen von »Alien Contact«, das ab der Doppelausgabe 15/16 wie Teile des Inhalts nur noch dem eines Fanzines entsprach, wurde im Lauf der nächsten Nummern langsam wieder professioneller. Damit einher ging aber auch ein schärferes redaktionelles Profil, eine stetig wachsende Qualität und ein Wandel im Team. Mit der Ausgabe 42 vom Dezember 2001 stellte dann schließlich die Printausgabe ihr Erscheinen ein. Die Redaktion versprach »jeden Monat eine neue Ausgabe«, und prophezeite: »Auf jeden Fall ist ein Online-Magazin aktueller und flexibler als die bisher gewohnte Printausgabe.« Um aber auch den Lesern etwas handfestes in die Hand zu geben, erschien fortan das »Alien Contact«-Jahrbuch, das ausgewählte Beiträge aus den Onlineausgaben enthielt.
Nach 26 Ausgaben in vier Jahren, also knapp 6,5 Ausgaben pro Jahr, wurde »Alien Contact« endgültig eingestellt.
Quelle: u.a. Alien-Contact.de, Alien Contact-History