Es wundert mich nicht, daß man den unkenden Zwerg Yoda später auf einem einsamen Morastplaneten ausgesetzt hat: Seinen Jedi-Kumpels ging dessen nöliges Gefasel mit den Jahren offenbar auch auf den Geist. Im neuen Star Wars-Film ist Yodas Auftritt gottlob relativ kurz und nicht so einschläfernd langatmig, wie in »Das Imperium schlägt zurück« und »Die Rückkehr der Jedi-Ritter«. Gleichwohl warnt das runzelige Spitzohr wieder vor der Finsternis: »Erbsen führen zu Bohnen, Bohnen führen zu Durchfall und Durchfall führt zur dunklen Seite der Macht.«
Wie eh und je bedroht das Böse nämlich wieder die Ehrlichen und Anständigen. Star Trek – Fans wird verwirren, daß die »Föderation« diesmal die auf Seiten der Dunkelmänner steht. Offenbar von unerträglichen Steuergesetzen des galaktischen Senats getrieben, errichtet man eine Blockade um den verschlafenen Planeten Naboo. Dort leben die putzigen Gunganer und … naja, halt die Anderen, weiß der Geier, wie die noch gleich hießen (ach doch: Nabooaner).
Zwei Jedi-Ritter werden zu Verhandlungen hingeschickt: Es sind Obi Wan Kenobi (das ist diesmal der Milchbubi ohne Bart) und sein Meister Qui-Gonn Jin. Freilich haben die Bösen kein Interesse an einem gemütlichen Plausch. Allerdings haben auch Kenobi „Alles in Obi“ und sein Chef Kwai Gin-Seng sicherheitshalber ihre Lichtschwerter mitgebracht. Viel Sinn mancht das alles nicht, aber man brauchte wohl gleich zu Anfang eine Actionsequenz.
Auf Naboo stolpern die Zwei über den Gunganer Jar Jar Binks. Der trottelige Eingeborene, dessen Dialekt noch ein paar Nummern grausamer als der von Yoda ist, führt die Jedi-Ritter in seine Heimatstadt. Diese liegt auf dem Grunde von etwas, was von oben oben wie ein Tümpel im Wald aussieht und von unten wie ein Ozean.
Der »Boss« dort unten verweigert seine Mitarbeit und schenkt unseren Helden zur Strafe den Tollpatsch Jar Jar. Har har. Zum Glück kennt der eine Abkürzung zur Hauptstadt, in welcher Königin Amidala regiert.
Oder sollte man sagen: regierte? Denn die Eroberer haben der Königin des dicken Makeups mittlerweile eine ganz besondere AVON-Beratung angedeien lassen. Man schnappt sie, und führt sie zum Ausdünsten ein wenig an der frischen Luft spazieren. Gut, daß da zufällig gerade Jinn und Tonic des Weges kommen, welche eine spontane Beifreiungsaktion starten. Die Wachrobots der Baureihe „Valium“ reagieren genreüblich langsam: Bevor die Maschinen begreifen, was geschieht, haben sie schon eine Altmetallsammlung eröffnet.
Als wenn es im Weltall nur fünf Planeten gäbe, macht man sich nach Tatooine auf, jenem öden Felsbrocken, auf dem schon der erste… Verzeihung! Der vierte Star Wars Film spielte. Dort lernen sich der knuddelige Robot R2D2 und C3PO kennen, vergessen diesem Umstand aber offenbar sogleich wieder, denn im 4. Teil kann sich keiner der Beiden mehr an den Planeten erinnern.
C3PO wurde von Anakin Skywalker gebaut, der damit scheinbar der Vater von beinahe jeder Figur aus den Fortsetzungen ist. Der Kleine »Annie« muß, um seine Freiheit zurückzugewinnen, ein Podracer-Rennen gewinnen.
Wer an dieser Stelle meint, dies wäre doch etwas an den Haaren herbeigezogen, liegt genau richtig. Aber man mußte dieses tolle Computer-Rennspiel wohl noch irgendwie unterbringen – schließlich ist mit Merchandising mehr Geld zu machen als mit teuren Kinofilmen. Das Rennen ist wirklich spektakulär ausgefallen, wenngleich man etwas die Einblendung „Dauerwerbesendung“ vermißt.
Und wo ist nun die »dunkle Bedrohung«? Damit müssen die schwarzen Teilchen im Popkorn gemeint sein, die immer so unangenehm im Rachen kleben bleiben. Kinobesucher, die – wie einst Darth Vader – röcheln, versuchen also nur den Hals freizubekommen. Auch George Lucas muß gemerkt haben, daß ihm am dieser Stelle ein richtiger Bösewicht fehlte: Daher schickt er Darth Maul hinter den Jedis her, um diese in Scheiben zu schneiden. Der Sith-Lord hat durchaus ein ziemliches Potential, welches der Regisseur jedoch sogleich verschenkt. Selbst die Teletubbies haben mehr Dialogzeilen als der dunkle Lord.
Unserer Abenteuerergruppe gelingt es, den Planeten Coruscant zu erreichen, auf welchem der Senat seinen Sitz hat. Der ganze Planet ist eine riesige Stadt; das sieht zwar wirklich beeindruckend aus, wirft aber die Frage auf, wo denn dann die Atemluft herkommt.
Wir lernen hier den Senator Palpatine näher kennen, einen Vertrauten der Königin von Naboo. Wer in den bisherigen STAR WARS-Teilen aufgepaßt hat, weiß, daß Palpatine später der Imperator und Chef von Darth Vader wird. Königin Amidala und der verräterische Senator, der im Verlauf des Films Kanzler des Senats wird, sind auch schon die interessantesten Figuren des ganzen Films. Obi Wan Kenobi bleibt dagegen blaß und wirkt unselbstständig (seine liebste Dialogzeile ist: »Ja, Meister!«. Annie Skywalker ist mir persönlich zu neunmalklug, den Frauen im Publilum wird aber wahrscheinlich eher seine Begegnung mit seiner künftigen Frau (Amidala) gefallen: »Bist Du ein Engel?«
An dieser Stelle sind wir in den faseligen Teil des Films geraten: Jede Hauptperson muß scheinbar erst einmal mit der anderen ein paar Worte austauschen. Danach folgt auch schon gleich das Finale. Schade, daß der Aufbau eines Spannungsbogens bis dahin völlig mißglückt ist. So richtig mitreißend ist die Handlung nämlich nicht, sie plätschert belanglos vor sich hin und hält einen durch nette Special Effects bei Laune.
Der Schluß wirkt somit reichlich konstruiert: Die Gunganer müssen auf Naboo gegen ein Robotheer kämpfen. Ein Krieg, der vollkommen am Computer der Filmemacher hergestellt wurde – politisch korrekt bis zum Erbrechen. Die Königin und Ihre Getreuen erstürmen derweil ihren eigenen Palast, Obi und Qui kämpfen gegen Darth Maul und Annie Skywalker erledigt in einer Raumschacht die feindliche Roboterkontrollstation. Wofür die wohl gut sein sollte? Kein Wunder, daß das Imperium später auf Männer in weißem Plastik gesetzt hat.
Das Finale aus der Trickkiste ist durchaus unterhaltsam und sicher auch technisch gut gemacht, baut aber dennoch zu sehr auf Zufälle. Zum Beispiel den, daß Anakin Skywalker den Schutzschirm der Kontrollstation durchfliegen kann und versehentlich ausgerechnet den Reaktorkern zerblastert. Andere Schwachstellen bei Raumschiffen sind George Lukas ja bekanntermaßen bislang nicht eingefallen – in den übrigen STAR WARS-Filmen fällt das Imperiaum ja noch zweimal auf diesen Trick herein.
Insgesamt ist EPISODE 1 ein Film, den man vielleicht nicht begeistert verläßt, der aber gleichwohl nett unterhalten kann und für Gesprächsstoff für die nächsten Jahre sorgt. Und wenn dann im Jahre 2012 die Super-Extra-Special-Edition der ersten drei Filme herauskommt, können wir endlich erleben, wie Jar Jar Binks durch den farbigen Schauspieler ersetzt wird, der dem Computerwesen bislang als Stand-In diente. Und George Lukas wird sagen: „Endlich konnte ich den Film so drehen, wie ich ihn mir schon immer vorstellte“.
Und bis dahin können wir darüber spekulieren, ob im nächsten Teil Obi Wan Kenobi einen Bart hat – oder wieder nur die Geschichte.
© Ulrich Bettermann (Text), Lucasfilm (Bildmaterial)
Star Wars: Episode 1 – Die dunkle Bedrohung
OT: STAR WARS: Episode 1 – The Phantom Menace
USA 1999, 136 Minuten
Regie & Buch : George Lucas – Darsteller: Liam Neeson, Ewan McGregor, Natalie Portman, Jake Lloyd, Ian McDiarmid, u.a.
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