Ace Books
Originalausgabe
Titelbild von Bruce Jensen
New York, November 2000, $6.99, 274 Seiten
»Forever War« (1974, dt. »Der ewige Krieg«, u.a. Heyne 06/8206) war nicht nur Joe Haldemans erster, sondern auch sein erfolgreichster Science Fiction Roman. Die Geschichte des Soldaten William Mandella, der im Jahre 1997 (in der deutschen Fassung wurde daraus das Jahr 2297) zum Kampf gegen die außerirdischen Taurier eingezogen wird und erst Jahrhunderte später aus dem Dienst entlassen wird, ist längst zum Klassiker der Science Fiction geworden. Joe Haldeman, der selbst Soldat im Vietnamkrieg war, schildert den Krieg im Weltraum nicht als glorreiches Abenteuer wie zuvor Robert A. Heinlein (der nie im Kriegseinsatz war), sondern in seiner grausamen Wirklichkeit. Zurecht erhielt Haldeman für sein Werk den HUGO- und den Nebula-Award.
Mitte der neunziger Jahre begann Joe Haldeman die Arbeit an einem Roman, der einen ganz ähnlichen Titel trägt: »Forever Peace« (dt. »Der ewige Friede«, Heyne 06/6340). Obwohl sich dieses Buch ebenfalls mit dem Thema Krieg befaßt, ist es doch keine Fortsetzung zum »ewigen Krieg« – eher ein Kontrapunkt, ein Lösungsansatz für das Problem der Gewalttätigkeit des Menschen.
Auf Anregung von Robert Silverberg, der einen Beitrag für eine Anthologie wollte, begann Joe jedoch doch noch mit einer Fortsetzung der Geschichte von William Mandella. Nach dem Ende des »Ewigen Krieges« zog er sich mit seiner Frau Marygay Potter-Mandella und anderen Kriegsveteranen auf den abgelegenen Planeten Mittelfinger zurück. Die Erde und selbst die Menschheit war ihm fremd geworden, da hier der neue »Mensch« als kollektives und geklontes Wesen lebte.
Doch, obwohl »Forever War« mit einem »Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage«- Schluß endet, zeigt der Anfang von »Forever Free«, daß dem nicht ganz so ist. 18 Jahre sind vergangen und eigentlich scheinen William und Marygay mit ihren beiden Kindern zufrieden zu sein. Doch Mittelfinger ist nicht das Paradies, sondern eine kalte Welt, auf der die Winter drei Jahre dauern und der Sommer viel zu kurz ist. Die Veteranen leben eingesperrt in dieser Kolonie und werden vom »Menschen« bewacht.
Da hat William eine Idee: Wie wäre es, wenn sie wieder einen relativistischen Flug unternehmen würden, und so quasi in die Zukunft reisen könnten? 40.000 Jahre in der Zukunft könnten sie endlich die Freiheit finden, die ihnen auf Mittelfinger genommen wurde. Diese Idee findet seine Anhänger unter den anderen Veteranen, doch ungeahnte Probleme treten auf…
Ungefähr nach der Hälfte dieses Romans keimte in mir der Verdacht, daß Joe Haldeman eigentlich gar keine Idee hatte, um was es in diesem Buch eigentlich gehen soll. Dem Problem der Schilderung einer weit entfernten Zukunft weicht der Autor wenig geschickt aus und manövriert sich dabei in eine Sackgasse, aus der er sich schließlich nur noch durch einen Trick retten kann.
Und obwohl das Buch spannend und mit Wortwitz geschrieben ist (»Fish and chickens were the only animals we’d had aboard in zerogee. Fish can’t tell the difference and chickens are to dumb to care.«), und die sozialen Konflikte gekonnt geschildert werden, scheitert es schlußendlich. Es wird seinem großen Vorgänger nur zu Beginn gerecht, gleitet dann aber in eine so platte SF-Handlung ab, daß man nur enttäuscht werden kann. Dieser Roman ist nicht unbedingt zur Lektüre empfohlen. Die doch noch sehr gute 5-Punkte-Wertung gibt es nur deshalb, weil die ersten 140 Seiten sehr gelungen sind und Haldeman ein wahrer Wortkünstler ist – auch wenn er Unsinn schreibt.