William Gibson – Futurematic

Rogner & Bernhard, Gebundene Ausgabe
ISBN 3-8077-0209-1
Titel der Originalausgabe: »All Tomorrow’s Parties« (1999)
aus dem Amerikanischen von Peter Robert
Umschlagsgestaltung: Britta Lembke
Hamburg, Februar 2000, 33.- DM, 366 Seiten

Im Roman »Futurematic« von William Gibson treffen wir den Rechercheur Laney, der die Ankunft eines gewaltigen Knotenpunktes in San Francisco vorhersieht. Dabei handelt es sich um eine für die Geschichte der Erde bedeutenden Moment, der im weltweiten Datennetz bereits zu erkennen ist. Um einen Mann vor Ort zu haben, schickt Laney den Privatcop Rydell nach San Francisco. Zunächst unterwegs mit dem Countrysänger Creedmore, trifft dieser in der freien Wohnkolonie auf der Oakland Bay Bridge die virtuelle Sängerin Rei Toei und seine Exfreundin, die ehemalige Fahrradkurierin Chevette, die zusammen mit der Filmstudentin Tessa dorthin geflüchtet ist. Es gesellen sich noch weitere Gestalten dazu, darunter u.a. ein namenloser Berufskiller und ein seltsamer Junge mit einem Talent für Uhren. Währenddessen steht die weltweite Gemischtwaren-Ladenkette Lucky Dragon kurz davor, ihr Netz an neuartigen Nanofaxmaschinen zu eröffnen und damit von dieser Brücke aus die Veränderung der Welt zu bewirken.

»Futurematic« ist der abschließende Roman von Gibsons zweiter Trilogie, die bisher die Werke »Virtuelles Licht« und »Idoru« umfaßt, und spielt in einer sehr nahen Zukunft. Wir begegnen einigen Hauptcharakteren aus diesen beiden Büchern wieder, darunter Rydell, Chevette, Laney und Rei Toei, aber auch Nebencharakteren wie Yamasaki, Fontaine, Maryalice und Blackwell. Gibson versucht nicht wie in »Idoru« neue faszinierende Orte zu erschaffen, sondern kehrt zum Hauptschauplatz von »Virtuelles Licht«, der Oakland Bay Bridge in San Francisco zurück. Sein Augenmerk liegt diesmal ganz auf den schrillen und genial gezeichneten Charakteren, die in einen bunten Reigen um Netze, virtuelle Welten, Künstliche Intelligenzen und Nanotechnologie verstrickt sind.

Wie sein Vorgänger »Idoru«, ist auch »Futurematic« ein actionmässig ruhig gehaltenes Werk, das praktisch erst nach der Hälfte des Romans so richtig in Fahrt kommt. Auch dieses Buch lebt wieder vor allem von Gibsons gewaltiger Prosa, inklusive seinem Kultwort »pink«, und mit der Schilderung seiner Geschichte aus acht verschiedenen Perspektiven hat er einen neuen Höhepunkt an Diversität erreicht. Im Gegensatz zur Neuromancer-Trilogie, in der die einzelnen Bücher nur leicht verknüpft waren und gerade der letzte Band eher zu einer thematischen Wiederholung des ersten Bandes wurde, ist »Futurematic« ein würdiger Abschluß und eine echte Fortsetzung der anderen Romane – auch wenn in alter Gibson-Tradition die Auswirkungen des Endes offen bleiben. Für Fans ist »Futurematic« absolute Pflicht; für andere Leser empfehlenswert, mit dem Hinweis, dass zum Verständnis und zum wahren Genuss der vielen phantastischen Feinheiten, ganz Gibson-üblich, eine zweite Lektüre des Romans angebracht sein kann.