Filmkritik: »Avatar: The Way of Water« (2022) – Alles so schön bunt hier!

Es ist wieder Dezember, ich sitze wieder einmal in einer Pressevorführung, um gleich einen potentiellen neuen Blockbuster zu sehen. Ausnahmsweise bin ich diesmal aber nicht erkältet (wie z.B. bei »Star Wars: The Force Awakens«), was die Aussicht auf über drei Stunden Film (!) durchaus erträglicher werden läßt. Der Kinosessel im Mathäser in München ist außerdem sehr bequem und mit Torsten Dewi, dem Wortvogel, habe ich auch einen angenehmen Sitznachbarn (hier ist seine Filmkritik nachzulesen). Popcorn steht bereit, eine Cola habe ich mir auch geholt (auch wenn ich davon kaum etwas trinken werde), was soll also schief gehen?

Das fragte sich wahrscheinlich auch Fox, als sie noch vor dem Verkauf an Disney James Cameron das Okay für den Start der Dreharbeiten zu einem zweiten Avatar-Kinofilm gaben. Immerhin hat James Cameron zur Genüge bewiesen, dass er weiß, wie man das Publikum ins Kino holt – »Titanic« und »Avatar: Aufbruch nach Pandora« hatten zwar beide jeweils horrende Produktionskosten, wurden aber beide zu ihrer Zeit zu den kommerziell erfolgreichsten Filmen. »Avatar« verhalf 2009 auch dem 3D-Kino zum Durchbruch und sorgte dafür, dass das Publikum wieder ins Kino ging, anstatt auf einen DVD-Release zu warten.

Mittlerweile gehört 20th Century Fox zu Disney und wieder einmal soll James Cameron das Kino retten (diesmal im Kampf gegen Streaminganbieter) und dafür sorgen, dass die Kinokassen klingeln. In der Bannerwerbung zum Film heißt es nicht umsonst »Am besten in 3D« und »Ab morgen endlich im Kino«. Eine Laufzeit von 193 Minuten sorgt für einen Überlängenaufschlag, dazu kommt noch der 3D-Aufschlag – die Ticketpreise werden also entsprechend hoch sein wie die Erwartungen.

(L-R): Jake Sully and Neytiri in 20th Century Studios‘ AVATAR: THE WAY OF WATER. Photo courtesy of 20th Century Studios. © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Aber was erwartet uns jetzt eigentlich? Mehr als zehn Jahre sind seit dem ersten Film vergangen Jake Sully (Sam Worthington) und Neytiri (Zoe Saldana) haben eine Familie gegründet. Ihre Kinder sind ihr Ältester Neteyam, sein Bruder Lo’ak und deren kleine Schwester Tuktirey, genannt Tuk. Sie haben auch den Menschenjungen Javier und Kiri, die Tochter von Dr. Grace Augustine (Sigourney Weaver) adoptiert.

Nachdem lange Frieden herrschte, kommen nun plötzlich neue Raumschiffe von der Erde, um Rohstoffe abzubauen und langfristig Pandora für eine Besiedelung durch die Menschen vorzubereiten. Denn die Erde geht vor die Hunde und die Menschheit braucht einen Zufluchtsort. Dummerweise gibt es nun einen Klon des eigentlich getöten Colonel Miles Quaritch (Stephen Lang), der nun als Na’vi-Avatar es sich zur Aufgabe gemacht hat Jake und seine Familie zu töten. Dies verlassen deshalb ihre angestammte Heimat, den Wald, und sjuchen Zuflucht bei den Inseln-Bewohnern, die von Tonowari und seiner schwangeren Frau Ronal angeführt werden…

Tuk in 20th Century Studios‘ AVATAR: THE WAY OF WATER. Photo courtesy of 20th Century Studios. © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Ja, mehr gibt es zur Handlung auch kaum zu sagen. James Cameron hat es mittlerweile perfektioniert, sich seine Liebe zu bunten Naturaufnahmen, beeindruckende 3D-Aufnahmen und die eine oder andere Actionszene nicht mehr durch eine komplexe Handlung stören zu lassen. Die Handlung ist für jeden verständlich, man kann problemlos auch mal während des Films auf Klo gehen – man verpasst nichts. Jedes Handlungselement wird rechtzeitig zuvor deutlich vorbereitet, es gibt keine Überraschungen. Jake Sully kämpft für seine Familie und seine Kinder sind wild und ungestüm. Und das kriegen wir immer und immer wieder gezeigt.

Der Film lebt allein von der Begeisterung für die Fantasywelt Pandora und die fremde Kultur des Naturvolkes Na’vi – und so passiert dann oft auch minutenlang… nichts. Es ist Terra-X mit Naturaufnahmen von einer fremden Welt auf der großen Leinwand. Eine Welt, die aber komplett aus dem Computer stammt und leider viel zu oft auch so aussieht. Manche Szenen sind mit einer erhöhten Bildrate von 48 Bildern pro Sekunde gedreht und werden auch so gezeigt – aber leider sieht das dann auch immer wieder wie eine Zwischenszene aus einem Computerspiel aus. Hier ist nichts echt, hier ist alles künstlich, aber wenigstens immer bunt.

(L-R): Neytiri and Jake Sully in 20th Century Studios‘ AVATAR: THE WAY OF WATER. Photo courtesy of 20th Century Studios. © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Wenn’s nach einer Stunde Film dann endlich ins Wasser geht, werden die Effekte wenigstens glaubwürdiger – aber da hier nun nicht mehr alles nur Gluckern und Plätschern soll, deckt hier die Filmmusik noch aufdringlicher alles zu. So wie auch die CGI die Schauspieler unsichtbar macht – und viele Actionszenen einfach kacke aussehen lässt. Christopher Nolan ließ für seinen zweiten Batman-Film sich einen echten LKW mitten in der Stadt überschlagen, James Cameron sprengte für Terminator 2 einst ein echtes Bürohaus. Hier ist alles aus dem Rechner – und das sieht man.

Beim Finale dieses Films bedient sich James Cameron dann auch ganz schamlos bei sich selbst – was bei Titanic funktioniert hat, geht auch hier, oder? Ansonten habe ich noch »Terminator«, »Abyss« und »Free Willy« als Inspiration erkannt. Aber nichts Neues.

Jake Sully (Sam Worthington) in 20th Century Studios‘ AVATAR: THE WAY OF WATER. Photo courtesy of 20th Century Studios. © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Trotzdem werdet ihr in anderen Kritiken lesen, wie sehr einen die fremde Welt gefangen nimmt, wie beeindruckend das alles aussieht und dass man den Film unbedingt im Kino sehen muss. Und natürlich wird man die Handlung loben, die doch eine so starke Message gegen die Naturzerstörung ist.

Ich sage mal so: Dies hier ist ein Film für Leute, die gerne von »Mutter Natur« reden, Wissenschaft und Forschung eher skeptisch gegenüberstehen, und gerne auch mal Geld für Bachblüten und Homöopathie ausgeben. Und gerne mal nach Alaska jetten würden, um dort dann beeindruckt noch ein paar der letzten Wale in freier Wildbahn zu sehen und sich dabei der Natur mal so richtig nahe fühlen zu können.