Filmkritik: »X-Men« (2000)

Der Homo Sapiens beginnt sich weiterzuentwickeln. Überall auf der Welt werden Menschen geboren die phantastische Fähigkeiten besitzen. Mißtrauen, Angst und offener Haß der normalen Menschen führen allerdings dazu, daß sich die Mutanten zurückziehen und verbergen. Die Schlacht um die Zukunft der Menschheit hat bereits begonnen und sie wird ausgetragen zwischen Prof. Xavier und Magneto… Deutschlandstart: 31. August 2000.

Der Film beginnt, etwas unerwartet, im Jahre 1944 in einem Ghetto in Polen. Ein Kind wird von deutschen Soldaten von seinen Eltern getrennt, die zusammen mit vielen anderen Menschen in ein Lager für Juden getrieben werden. Der Haß und die Angst die sich in diesem kleinen Jungen aufbauen, lösen etwas aus, befreien seine Fähigkeiten. Plötzlich beginnt sich das eiserne Lagertor zu verbiegen und knickt ein… Doch er hat keine Chance etwas am Schicksal seiner Eltern und all der anderen zu ändern.

Schnitt, wir befinden uns in einer nicht sehr weit entfernten Zukunft. Man sieht ein ganz normales Wohnhaus in Amerika. Der erste flüchtige Kuß zwischen zwei Teenagern… der jedoch unerwartete Folgen für den Jungen hat, der mit Zuckungen bewußtlos zusammenbricht. Wieder haben starke Gefühle bei einem Mutanten seine Fähigkeiten freigesetzt…

Überall auf der Erde werden immer wieder Mutanten geboren. Meist bleiben ihre Fähigkeiten der Außenwelt verborgen, doch die Angst der »Normalen« wächst. Gerüchte gehen um: von Menschen, die einfach durch Wände schreiten können, oder von anderen, die die Kunst der Telepathie beherrschen. Im Senat wird deshalb über eine Registrierungspflicht für Mutanten diskutiert, für die vor allem Senator Robert Kelly (Bruce Davison) eintritt.

Wovon Senator Kelly jedoch nichts weiß, ist die Tatsache, daß sich die Mutanten längst zu organisieren begonnen haben…

Prof. X und Magneto, (c) Fox
Prof. X und Magneto beim Plausch…

Während Professor Charles Francis Xavier (Patrick Stewart), kurz Professor X genannt, mit seinen »Uncanny X-Men« für eine friedliche Koexistenz von Menschen und Mutanten eintritt, hat sein ehemaliger Freund und Wegbegleiter Erik Magnus Lensherr (Ian McKellen), alias Magneto und Herr über alle Metalle, die Hoffnung auf Toleranz längst aufgegeben. Zu oft mußte er miterleben, wie Menschen verfolgt wurden, nur weil sie anders waren. Dies soll jetzt aufhören, und deshalb hat er eine kleine, aber mächtige Schar um sich gesammelt (The Brotherhood of Evil Mutants), die ihm dabei helfen sollen, den Mutanten zum Sieg über die Menschheit zu verhelfen!

Die X-MEN, (c) Fox
Die X-Men: Wolverine, Cyclops, Prof. X, Storm und Jean Grey
 Rogue, (c) Fox

 

Rogue (Anna Paquin)
 

Mitten zwischen die Fronten geraten die junge Rogue (Anna Paquin), die von daheim losgezogen ist, um in Kanada ihr Glück zu suchen und der seltsame Logan, alias Wolverine (Hugh Jackman), der vor 15 Jahren unfreiwllig das Opfer eines wissenschaftlichen Experiments wurde. Völlig unerwartet erfolgt ein Angriff durch den kraftvollen, aber nicht sehr hellen Sabretooth (Tyler Mane). Doch da treten die X-Men auf den Plan: Cyclops (James Marsden) und Storm (Halle Berry) greifen ein und retten Rogue und Wolverine. Prof. X glaubt, daß Magneto es auf Wolverine abgesehen hatte…

Eigentlich hatte man ja die Hoffnung auf eine wirklich gelungene Kinoumsetzung eines echten Superhelden-Comics längst aufgegeben. Superman war zu einem schmierigen Stahlmann verkommen, und Batman, der ja eigentlich kein echter Superheld ist, geriet nach einem furiosen Start von Tim Burton immer mehr zu einer bunten Farce.

X-MEN ist anders. X-MEN schildert eine Realität, in der Mutanten leben. X-MEN ist keine Komödie, sondern nimmt das Konzept und die Geschichte ernst. Und so ist ein Film entstanden, der zum ersten Mal die Idee der Existenz von Superhelden nicht lächerlich wirken läßt. Der Kampf zwischen den X-Men und Magneto ist bittere Realität!

X-MEN ist ein ungemein rasanter und dichter Film. Es wird keine Zeit darauf verschwendet die Figuren langatmig einzuführen. Alles passiert im Rahmen der Handlung, und wer nicht halbwegs aufpaßt, wird sich schnell wundern, warum denn nun plötzlich Blitze aus dem Himmel kommen und sich Dinge ohne Berührung durch die Luft bewegen. Dieser Verzicht auf lächerliche Einführungsszenen jedes Mutanten hat aber auch zur Folge, daß zu keinem Zeitpunkt Langweile aufkommt. Im Gegenteil: der Spannungsbogen baut sich kontinuierlich auf und mündet dann in einem furiosen Finale auf und in der Freiheitsstatue vor den Toren von New York.


   
     
X-MEN (2000)
Regie: Bryan Singer
Drehbuch: Tom DeSanto, David Hayter, u.a.
Schauspieler: Patrick Stewart, Ian McKellen, Hugh Jackman, Famke Janssen, James Marsden, Halle Berry, Anna Paquin, Tyler Mane, Ray Park, Rebecca Romijn-Stamos, Bruce Davison, uvm.
X-MEN
– die offizielle deutsche Website zum Film

 

MAGNETO
– Ian McKellens Seite zum Film!

INTERVIEW MIT BRYAN SINGER
– Christian Lukas sprach mit dem Regisseur von „X-MEN“

   
 

Der große Erfolg von X-MEN ist jedoch auch auf die perfekte Mischung von Trickeffekten, Stunts und den richtigten Schauspielern zurückzuführen. Hugh Jackman IST Wolverine, in jeder Sekunde verkörpert er wirklich Logan, den Außenseiter, dessen Krallen aus Admantium unzerstörbar sind und ihm jedesmal wieder unter Schmerzen den Handrücken aufschlitzen. Niemand könnte Magneto besser darstellen, als Sir Ian McKellen, der machtvoll durch die Luft schwebt und als Herr über den Magnetismus eine geradezu unbegrenzte Macht besitzt (Ian McKellen wird in der „Herr der Ringe“-Verfilmung als Gandalf zu sehen sein). Und auch Patrick Stewart und Anna Paquin sind Idealbesetzungen.

Den Zuschauer erwarten in X-MEN ausgeklügelte Kampfszenen (besonders die Schlacht zwischen Mystique und Wolverine ist sehenswert!), aber auch so gut gemachte Special Efects, daß man sie nicht immer als solche erkennt. So wirken Wolverines Krallen 100% echt, so als ob man sie Hugh Jackman tatsächlich implantiert hätte. Dazu kommen noch Bauten, die von ihrer Art an so manchen Bond-Film erinnern (wenn ein ganzer Rasen zur Seite rückt, um einen Flugzeughangar zu öffnen).

Einige Hardcore-Comicfans werden sich sicher darüber aufregen, daß man sich nicht ganz an die Marvel X-Men Gesamtgeschichte gehalten hat. So tragen die 1966 von Stan Lee und Jack Kirby ins Leben gerufenen Superhelden, schwarze Lederklamotten statt gelben Strampelanzügen (zu deren Lächerlichkeit Cyclops im Film kurz eine zynische Anmerkung macht), und auch die Vorgeschichte manches Comiccharakters wurde leicht verändert. Dem Film hat dies jedoch nicht geschadet. Denn so ist es möglich auch einem unbedarften Publikum eine relativ verständliche Geschichte zu präsentieren, die sich besonders auf die Mutanten Magneto, Wolverine und Rogue konzentriert.

Storm, (c) Fox
Storm im Einsatz

Bereits jetzt scheint es sicher, daß es eine Fortsetzung zu X-MEN geben wird. Genug Ansatzpunkte dafür gibt es: so ist die Vergangenheit von Wolverine immer noch ungeklärt, und auch Magneto hat seinen Kampf noch nicht aufgegeben! Wie Patrick Stewart außerdem mittlerweile in einem Interview bestätigte, haben viele Schauspieler bereits einen Vertrag für einen zweiten Film unterschrieben.

X-MEN – das ist ein Film, den man sich als SF-Fan nicht entgehen lassen sollte. Und für jeden Comic-Fan ist der Besuch sowieso eine Pflichtveranstaltung!

© Florian Breitsameter (Text), FOX (Bildmaterial)

Wolverine, (c) Fox

Und hier noch ein Zitat:
Wolverine zu Prof. X: »And what do they call you? Wheels?«