Tor Books, ISBN 0-312-87693-9
Erstausgabe 1994
Titeldesign von Jane Adele Regina
New York 2001, $ 14.95, 250 Seiten
Wenn man die aktuellen Romane eines Autors schätzt und mit Genuß liest, kann es sehr interessant sein, auch seine frühen Werke kennenzulernen. Bei dem kanadischen Autor Robert J. Sawyer kann man dabei feststellen, daß sich die Romane, die VOR seinem NEBULA-prämierten Roman „The Terminal Experiment“ (dt. „Die dritte Simulation“, Goldmann) entstanden, von seinen späteren Texten unterscheiden. Denn obwohl „The Terminal Experiment“ bereits Sawyers sechster Science Fiction-Roman war, stellt er eine Art „Quantensprung“ in seinem Schaffen dar. Alle vorherigen Texte Sawyers wirken im Vergleich dazu unfertig – sie bieten zwar eine interessante Handlung, sind aber noch nicht „perfekt“. Besonders deutlich wird diese Tatsache bei der Lektüre von Sawyers „End of an Era“, dem direkten Vorläufer von „The Terminal Experiment“.
Zwei kanadische Archäologen sind ausgewählt worden, um eine ganz besondere Studienreise zu unternehmen – und zwar in die Vergangenheit! Denn durch die bahnbrechenden Arbeiten von Dr. Ching-Mei Huang wurde es möglich Zeitreisen zu unternehmen. Mehr als 65 Millionen Jahre in der Vergangenheit wollen Brandon Thackery und Miles Jordan das größte Geheimnis ihres Forschungsgebiets lösen: Warum starben die Dinosaurier damals wirklich aus? Waren ein Meteoriteneinschlag und eine darauf folgende Eiszeit daran schuld? Oder vielleicht die Umpolung des Erdmagnetfeldes?
Thackery und Jordan, deren Expedition in einer Zeit von kaum noch vorhandenen Forschungsetats eher spartanisch ausgerüstet ist, machen eine faszinierende Entdeckung bei ihrer Ankunft. Die Erdschwerkraft scheint viel geringer zu sein, als heute und auch der Mond scheint weiter weg zu sein. Doch das ist nicht die einzige Überraschung, die auf die beiden Archäologen wartet. Denn die Auflösung des großen Rätsels sieht anders aus, als von allen Beteiligten erwartet…
Dinosaurier und die Rätsel der Evolution scheinen Lieblingsthemen von Robert J. Sawyer zu sein. Fast jeder seiner Romane behandelt diese Punkte in der einen oder anderen Form, und seine SF-Trilogie „The Quintaglio Ascension“ befaßte sich sogar ausschließlich mit einer intelligenten Dinosaurier-Gesellschaft. Es verwundert also nicht, daß es in „End of an Era“ auch wieder irgendwie um Dinosaurier geht. Schade ist dabei jedoch, daß es ihm in diesem Fall nicht gelingt, eine wirklich spannende und intelligente Geschichte zu erzählen. Die Hauptgeschichte ist zu unglaubwürdig und offensichtlich angelegt, während im Gegensatz dazu die Interaktion der beiden Hauptcharaktere, deren Verhältnis dadurch geprägt ist, daß Thackerys Frau mittlerweile mit Miles Jordan zusammenlebt, verhältnismäßig gut funktioniert.
Trotzdem ist es faszinierend – besonders, wenn man die späteren Romane Sawyers kennt (vor allem seine beiden Meisterwerke „Starplex„, „Frameshift“) – festzustellen, wie die Balance zwischen Charakterbeschreibungen und Action hier noch mißlingt. Das Timing stimmt hier eben noch nicht immer, und die Sprache wirkt manchmal noch etwas unelegant.
Alles in allem, kann ich „End of an Era“ sicher nicht als Einstieg in die Welt des Robert J. Sawyer empfehlen. Und doch ist der Roman, gerade wegen seiner Unzulänglichkeiten, eine interessante Lektüre, weil er es dem aufmerksamen Leser ermöglicht, mitzuverfolgen, wie ein Autor lernt sein Talent einzusetzen.